Rz. 410

Bei einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag kann die Gesellschafterversammlung einer deutschen GmbH grundsätzlich auch im Ausland stattfinden,[1] jedenfalls dann, wenn der vorgesehene Ort im Ausland ohne übermäßigen zeitlichen oder finanziellen Aufwand erreichbar ist. Danach bestehen keine Bedenken, gut erreichbare Städte wie Zürich oder Amsterdam für Gesellschaften mit internationaler Ausrichtung und internationalem Gesellschafterkreis oder einem Sitz in einer benachbarten (deutschen) Grenzregion als Ort der Gesellschafterversammlung zuzulassen.[2]

 

Rz. 411

Bei notariell zu beurkundenden Beschlüssen insb. bei Änderungen des Gesellschaftsvertrages stellt sich die Lage etwas schwieriger dar: Die Beurkundung durch einen deutschen Notar im Ausland kommt ebenso wenig wie eine Beurkundung durch einen ausländischen Notar in Deutschland in Betracht, weil die hoheitlich verliehene Amtsbefugnis an den deutschen Grenzen endet.[3] Das Beurkundungserfordernis kann auch nicht durch Ortsform (oder gar Formlosigkeit nach Ortsrecht) überwunden werden.[4] Theoretisch denkbar und rechtlich unproblematisch ist die Beurkundung im Ausland durch einen (deutschen) Berufskonsularbeamten gem. §§ 10ff., 19 Abs. 1 KonsularG, der die Befähigung zum Richteramt nach § 5 DRiG hat. Da die Konsularbeamten – anders als die inländischen Notare – keine elektronischen Urkunden erstellen, hat die Gesellschaft die vom Konsularbeamten in Papierform beglaubigte Handelsregisteranmeldung entweder selbst oder über einen deutschen Notar und auf dem dafür ausschließlich vorgesehenen elektronischen Weg beim Handelsregister einzureichen. In der Praxis sind die zuständigen Stellen im Ausland und das Auswärtige Amt bei der Beurkundung von Gesellschafterbeschlüssen allerdings außerordentlich zurückhaltend.[5]

 

Rz. 412

Eine Beurkundung durch einen ausländischen Notar ist ausreichend, wenn die Niederschrift gleichwertig ist.[6] Die Gleichwertigkeit muss sich beziehen

  • in persönlicher Hinsicht auf Ausbildung und Position des Notars und
  • in verfahrensrechtlicher Hinsicht auf den konkreten Beurkundungsvorgang.[7]
 

Rz. 413

Als tragende Grundsätze des deutschen Beurkundungsrechts werden vor allem die vollständige Verlesung und die Prüfungs- und Belehrungspflichten insb. in Bezug auf die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung, das Vorliegen von Stimmverboten und die Beschlussfeststellung diskutiert.[8] Vergewissert sich ein Notar, dass die Belehrung bereits zuvor durch einen Anwalt erteilt wurde und die Parteien ausreichend rechtskundig sind, ist für ihn eine weitere Belehrung entbehrlich.[9] Vor diesem Hintergrund werden von einem ausländischen Notar auch keine fundierten Kenntnisse im deutschen (Gesellschafts-)Recht verlangt.[10]

 

Rz. 414

Die Beurkundung durch einen Notar in Österreich wurde im Falle eines Verschmelzungsvertrages von Genossenschaften für zulässig gehalten.[11] Für die Schweiz muss für jeden Kanton separat das im Zeitpunkt der Beurkundung geltende Notariatsgesetz auf seine Gleichwertigkeit geprüft werden.[12] Gerichtlich akzeptiert wurde die Gleichwertigkeit für Zürich-Altstadt[13] bei einer GmbH-Satzungsänderung und für den Kanton Basel-Stadt[14] bei der Beurkundung von Anteilsabtretungen – allerdings vor Inkrafttreten der GmbH-Reform in Deutschland (2008) und in der Schweiz (ebenfalls 2008). Bei der Beurkundung von GmbH-Anteilsverkäufen durch Schweizer Notare besteht noch immer Rechtsunsicherheit. Zwar hat der BGH inzwischen die Einreichung einer Gesellschafterliste durch einen Basler Notar für zulässig gehalten (Urteil v. 17.12.2013, II ZB 6/13), aber offengelassen, ob er auch die Beurkundung von Anteilsübertragungen in Basel-Stadt akzeptieren würde.

 

Rz. 415

Bei Gesellschaftsgründungen und Satzungsänderungen wird die Gleichwertigkeit der Beurkundung kritischer gesehen als bei Anteilsübertragungen: In diesen Fällen hat der Notar umfassende Aufklärungspflichten, die ein ausländischer Notar – mangels entsprechender Ausbildung im deutschen Recht – kaum erfüllen kann. Allerdings werden bei Gesellschaftsgründungen und Satzungsänderungen Formmängel bei der Beurkundung durch die Eintragung im Handelsregister geheilt. Soweit Registergerichte (wie etwa derzeit in Freiburg i. Br.) Beurkundungen von Schweizer Notaren akzeptieren und die Vorgänge eintragen, können Gründungen und Satzungsänderungen in der Schweiz beurkundet und dann elektronisch bei dem Registergericht eingereicht werden. In jedem Fall empfiehlt sich daher, zuvor beim zuständigen Handelsregister anzufragen, ob die ausländische Beurkundung akzeptiert wird oder nicht.

 

Rz. 416

Eine Gleichwertigkeit des Notariats in Italien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Spanien ist zwar naheliegend, aber höchstrichterlich ungeklärt.[15] Als offensichtlich nicht gleichwertig gelten nach aufgrund der gleichen Notariatstradition einhelliger Auffassung Beurkundungen durch einen "notary public" der Vereinigten Staaten.[16]

 

Ausländischer Notar akzeptiert?!

Ist eine Gesellschafterversammlung im Auslan...

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