BMF, 17.12.2012, IV C 1 - S 1980-1/11/10004

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 8.9.2010, I R 90/09 (BStBl 2013 II S. 11)

Der BFH hat in seinem Urteil vom 8.9.2010, I R 90/09 (BStBl 2013 II S. 11) entschieden, dass die Anrechnung der – bei Veräußerung oder Rückgabe eines Anteils an einem ausländischen thesaurierenden Investmentvermögen – gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InvStG erhobenen Kapitalertragsteuer denselben Regelungen unterliegt wie die Anrechnung bei anderen Kapitalerträgen. Dementsprechend ist die Kapitalertragsteuer nur insoweit anzurechnen, als sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt. Im Fall des unentgeltlichen Erwerbs des Investmentanteils ist die Anrechnung der Kapitalertragsteuer beim veräußernden oder zurückgebenden Anleger auch insoweit möglich, als sie Einkünfte betrifft, die beim Rechtsvorgänger der Besteuerung unterlagen.

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung dieses BFH-Urteils Folgendes:

1

Die bei Veräußerung oder Rückgabe eines ausländischen Investmentanteils einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InvStG und die Zuschlagsteuern (die nachfolgenden Ausführungen zur Kapitalertragsteuer gelten gleichermaßen für die entsprechenden Zuschlagsteuern – Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer –) sind auf die festzusetzende Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums anzurechnen, in dem der ausländische Investmentanteil veräußert oder zurückgegeben wurde. Die Anrechnung setzt voraus, dass die während der Besitzzeit als zugeflossen geltenden, noch nicht einem deutschen Steuerabzug unterlegenen Erträge i.S. des § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InvStG bzw. – für Besitzzeiten vor dem 1.1.2004 Erträge i.S. der §§ 17 Absatz 1 Satz 1, 18 Absatz 1 Satz 1 AuslInvestmentG – (im Folgenden: „als zugeflossen geltende Erträge”) in einer Veranlagung des – den Investmentanteil veräußernden oder zurückgebenden – Anlegers erfasst worden sind. Zu den als zugeflossen geltenden Erträgen in diesem Sinne gehören auch die gemäß § 6 Satz 3 InvStG – bzw. für Besitzzeiten vor dem 1.1.2004 die gemäß § 18 Absatz 3 Satz 3 AuslInvestmentG – als zugeflossen geltenden Mehrbeträge sowie die im Falle der Besteuerung nach dem sog. Mindestwert anzusetzenden Auffüllungsbeträge im Sinne des § 6 Satz 1 2. Halbsatz InvStG bzw. – für Besitzzeiten vor dem 1.1.2004 – die Auffüllungsbeträge im Sinne des § 18 Absatz 3 Satz 1 2. Halbsatz AuslInvestmentG. Ist die Versteuerung der „als zugeflossen geltenden Erträge” in den Veranlagungen der Vorjahre nicht ersichtlich, ist der Steuerpflichtige zum Nachweis der Besteuerung verpflichtet. Lagen die gesamten Kapitalerträge einschließlich der als zugeflossen geltenden Erträge in einem, mehreren oder allen vorangegangenen Kalenderjahren des Besitzzeitraums unter dem jeweils geltenden Sparer-Pauschbetrag bzw. – für Kalenderjahre vor dem 1.1.2009 – unter der Summe von Sparer-Freibetrag und Werbungskosten-Pauschbetrag oder verfügte der Steuerpflichtige über eine Nichtveranlagungsbescheinigung im Sinne des § 44a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EStG für das jeweilige Kalenderjahr, gelten die als zugeflossen geltenden Erträge auch bei Nichtangabe durch den Steuerpflichtigen in der Steuererklärung als bei der Veranlagung erfasst (§ 36 Absatz 2 Nummer 2 EStG).

2

Wurden die als zugeflossen geltenden Erträge nicht einer Veranlagung des Anlegers im Besitzzeitraum zu Grunde gelegt, gilt Folgendes:

  • Sind die für die betreffenden Veranlagungszeiträume festgesetzten Steuern noch nicht festsetzungsverjährt, sind die Steuerbescheide zu ändern, wenn und soweit dies verfahrensrechtlich zulässig ist, z.B. nach § 164 AO (wenn die Steuerfestsetzung noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht) oder nach § 173 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO. Die auf die nachträglich erfassten als zugeflossen geltenden Erträge entfallende Kapitalertragsteuer ist unabhängig von der zeitlichen Zuordnung der als zugeflossen geltenden Erträge im Veranlagungszeitraum der Veräußerung bzw. der Rückgabe des Investmentanteils anzurechnen.
  • Ist hinsichtlich der betreffenden Veranlagungszeiträume bereits Festsetzungsverjährung eingetreten und eine Änderung der Steuerfestsetzung deshalb nicht mehr zulässig (§ 169 Absatz 1 AO), ist auch eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer ausgeschlossen.

3

Wird die steuerliche Erfassung der als zugeflossen geltenden Kapitalerträge in einer Veranlagung des Steuerpflichtigen oder des Rechtsvorgängers rückgängig gemacht, ist die Anrechnungsverfügung gemäß § 131 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 AO entsprechend anzupassen.

4

Sofern der Steuerpflichtige die Investmentanteile unentgeltlich erworben hat, ist bei der Anrechnung sowohl auf die eigene Besitzzeit als auch auf die des Rechtsvorgängers abzustellen. Es ist demnach auch insoweit anzurechnen, als die als zugeflossen geltenden Erträge in einer Veranlagung des Rechtsvorgängers – ggf. nach einer Änderung der Steuerfestsetzungen – erfasst wurden. Die Kapitalertragsteuer...

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