Leitsatz

1. Eine Verkaufseinrichtung, die in einem fischverarbeitenden Betrieb sowohl dem Verkauf im Betrieb verarbeiteter Produkte als auch nicht wesentlich veränderter Handelsware an private Haushalte dient, ist investitionszulagenbegünstigt, wenn der Einsatz für den Verkauf der verarbeiteten Produkte überwiegt.

2. Von der Investitionszulage ausgeschlossener Einzelhandel im Fischerei- und Aquakultursektor ist die Beschaffung von Gütern durch Marktteilnehmer und deren Veräußerung ohne wesentliche Veränderung an private Haushalte.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1999

 

Sachverhalt

Eine überwiegend in der Fischverarbeitung tätige und damit als verarbeitender Betrieb grundsätzlich zulagenberechtigte Investorin schaffte ein Verkaufsmobil an, mit dem sie ihre Fischprodukte (Räucherfische usw.), aber auch unbearbeitete bzw. lediglich gewaschene und portionierte Ware an Endverbraucher absetzte.

Das FG nahm schädlichen Einzelhandel an, da es den gesamten Verkauf an Endverbraucher dem Einzelhandel zurechnete.

 

Entscheidung

Der BFH bejaht die Zulagenbegünstigung unter der Voraussetzung, dass das Verkaufsmobil nicht zu 50 % für den Verkauf von Erzeugnissen eingesetzt wird, die die Investorin nicht oder nicht wesentlich verändert bzw. lediglich der im Handel üblichen Manipulation unterzogen hat.

Die Sache musste an das FG zurückverwiesen werden, um den Umfang des dem Einzelhandel in diesem Sinn zuzurechnenden Vertriebs festzustellen.

 

Hinweis

Die Abgrenzung der zulagenbegünstigten Wirtschaftszweige richtet sich nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993 bzw. 2003. Bei einem Mischbetrieb, der mehrere nach der Klassifikation unterschiedlich einzuordnende Tätigkeiten ausübt, ist die Einordnung nach dem Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit, der sich nach den auf die einzelnen Tätigkeiten entfallenden Wertschöpfungsanteilen bestimmt, vorzunehmen (BFH, Urteil vom 23.3.2005, III R 20/00, BFH-PR 2005, 276).

Einem danach grundsätzlich begünstigten verarbeitenden Betrieb steht die Investitionszulage jedoch nur dann zu, soweit in den sensiblen Sektoren die Förderfähigkeit nicht ausgeschlossen ist. Die sensiblen Sektoren sind in Anlage 1 zu den InvZulG 1999 ff. (Fassung StBereinG 1999) aufgeführt.

Zu den sensiblen Sektoren gehört der Fischerei- und Aquakultursektor. Die Anlage 1 verweist in Nr. 6 auf Leitlinien der EU-Kommission. Diese verweisen auf eine EG-Verordnung, die ihrerseits auf einen Anhang III zu der EG-VO verweist. Nach diesem Anhang ist "zuschussfähig" der Erwerb von Anlagen und Einrichtungen für die Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen der Fischerei. Nicht begünstigt sind Investitionen für den Einzelhandel.

Das FG hat den von der Zulage ausgeschlossenen Einzelhandel dahin verstanden, dass die letzte Stufe der Vermarktung, d.h. die Abgabe der Ware an den Endverbraucher, aus dem Kreis der begünstigten Tätigkeiten ausgenommen ist. Danach läge Einzelhandel unabhängig davon vor, ob die vom Investor bezogene Ware in seinem verarbeitenden Betrieb produziert oder ob sie – ohne Be- oder Verarbeitung – lediglich "durchgehandelt" wird.

Der BFH zieht den Kreis des nicht begünstigten Einzelhandels enger. Nicht der gesamte Verkauf an den Endverbraucher gehört zum Einzelhandel, sondern nur, soweit es sich um Ware handelt, die vor der Veräußerung nicht wesentlich verändert, sondern lediglich der im Handel üblichen Behandlung (handelsübliche Manipulation) unterzogen wurde. Zur unschädlichen handelsüblichen Manipulation, die die wesentliche Beschaffenheit der Ware nicht beeinträchtigt, zählen z.B. Sortieren, Trennen, Zusammenstellen und Verpacken.

Nicht jeder Einsatz eines Wirtschaftsguts im Bereich des Einzelhandels ist jedoch schädlich, sondern nur dann, wenn der Einsatz im geförderten Bereich nicht überwiegt. Entscheidend ist somit, dass der Einsatz im geförderten Bereich die Grenze von 50 % übersteigt. Der Einsatz im ausgeschlossenen Bereich des Einzelhandels ist unschädlich, solange er 50 % nicht erreicht. Es gilt damit nicht die in anderen Zusammenhängen häufig angewandte Unwesentlichkeitsgrenze von 10 %.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.10.2006, III R 51/04

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