Indien verfügt über eine enorme Ressource an jungen(!), gebildeten, arbeitsamen, vielseitigen und ambitionierten Arbeitskräften. Indien den zweitgrößten Fundus an Wissenschaftlern und Ingenieuren der Welt. Allerdings kennen diese gut ausgebildeten Arbeitskräfte ihren Wert und sind nicht zimperlich, wenn es darum geht, ihren eigenen Vorteil wahrzunehmen. Anders ausgedrückt: Die Illoyalität indischer Arbeitnehmer und die daraus resultierende hohe Fluktuation sind für deutsche Unternehmen zumindest gewöhnungsbedürftig. Personalcontrolling gewinnt hier einen neuen, anderen und höheren Stellenwert als bspw. in Deutschland.

"Gewöhnungsbedürftig" für Europäer ist aber auch das Senioritätsprinzip, heißt, kein indischer Mitarbeiter wird seinem Vorgesetzten offen oder verdeckt widersprechen oder kritisieren. Controlling-Berichte sind auch unter diesem Gesichtspunkt zu lesen.

Wer Indien rein als Billiglohnland sieht, dessen Investitionstätigkeit ist in anderen (asiatischen) Ländern besser aufgehoben. Denn Indien ist kein Billiglohnland im "klassischen" Sinn. Ein vermeintlich geringes Lohnniveau ist schon lange kein Grund mehr sich in Indien niederzulassen, denn in anderen asiatischen Ländern sind die Personalkosten deutlich niedriger.

Natürlich sind die Unterschiede der Produktionskosten im Vergleich zu (west-)europäischen Standorten groß. Während bspw. ein Software-Ingenieur in Deutschland durchschnittlich zwischen 54.000 und 70 000 EUR pro Jahr verdient, sind es in Indien laut einem Bericht von "Glassdoor.de" durchschnittlich 800.000 indische Rupien, also ca. 9.600 EUR, Spitzenverdiener gehen mit rund 1.500.000 indischen Rupien (ca. 18.000 EUR) nach Hause.

Die Gehaltsstufen variieren – wie in Deutschland auch – nach Berufserfahrung und Hierarchiestufe. Die Gehälter der hochqualifizierten Arbeitskräfte mit mehrjähriger Berufserfahrung aber haben in manchen Branchen bereits ein beachtliches Niveau erreicht. Da sie knapp sind und sie um die Knappheit wissen, müssen teilweise sogar Löhne bezahlt werden, die über dem europäischen Niveau liegen. Leitende Angestellte geben sich nicht mit dem Grundgehalt zufrieden, sondern verlangen Zulagen (Allowances), die oft die Hälfte des Gesamtgehalts ausmachen.

Neben den zwei Amtssprachen Hindi und Englisch sind in der indischen Verfassung 21 weitere Sprachen mit teils eigenen Schriften anerkannt, die auf regionaler Ebene teils als Amtssprachen dienen. Darüber hinaus werden über 1.000 Minderheitssprachen und Dialekte gesprochen. Obwohl Hindi eine Amtssprache ist, gibt es sehr viele auch gebildete Inder, die kein Hindi sprechen und sich deshalb mit Hindi-sprechenden Indern auf Englisch verständigen.

Alles in allem ist es für ausländische Investoren sehr schwierig, das zu erwartende Lohnniveau in der eigenen Firma zuverlässig zu bestimmen und die innerindischen kulturellen und religiösen Unterschiede und Befindlichkeiten zu kennen. Im Personalcontrolling sowie im HR (Human Ressource Management sowohl was die Mitarbeitergewinnung als auch die Mitarbeiterbindung anbelangt) dürfte es deshalb empfehlenswert sein, den Rat ortsansässiger Beratungsfirmen einzuholen.

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