Bei diesen Verfahren wird für den Wertansatz gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens unterstellt, dass die zuerst oder zuletzt beschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zuerst oder zuletzt verbraucht oder veräußert worden sind. Nach § 256 Satz 1 HGB sind handelsrechtlich folgende Verfahren zulässig, sofern sie mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in Einklang stehen:

  • Lifo-Verfahren (last in – first out): Hier gelten die zuletzt beschafften Gegenstände als zuerst verbraucht.
  • Fifo-Verfahren (first in – first out): Hier gelten die zuerst beschafften Gegenstände als zuerst verbraucht.

Steuerbilanziell ist dagegen nur das Lifo-Verfahren zulässig.[1] Es kann auf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, fertige und unfertige Erzeugnisse sowie Waren angewendet werden;[2] das Fifo-Verfahren kann nur im Rahmen des § 23 EStG bei der Veräußerung von Fremdwährungsbeträgen bzw. in den Fällen des § 20 Abs. 4 Satz 7 EStG (Veräußerung von Wertpapieren aus Girosammelverwahrung) eingesetzt werden. Das Lifo-Verfahren kann steuerbilanziell auch dann angewendet werden, wenn handelsrechtlich für die betreffenden Wirtschaftsgüter ein anderes Verfahren eingesetzt wird; dann sind diese Wirtschaftsgüter jedoch steuerrechtlich in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.[3]

Dabei wird gefordert, dass die unterstellte Verbrauchsfolge bei den betroffenen Wirtschaftsgütern nicht völlig unvereinbar mit dem betrieblichen Geschehen ist; daher ist das Verfahren nicht auf leicht verderbliche Rohstoffe anwendbar. Außerdem scheidet die Anwendung bei Gebrauchtwagen sowie generell bei Vorräten mit hohen Anschaffungskosten, die eindeutig zugeordnet werden können, aus.[4]

Gleichartigkeit i. S. d. Lifo-Verfahrens liegt vor bei Vorräten gleicher Warengattung oder gleicher Funktion. Annähernde Preisgleichheit wird zwar nicht gefordert, erhebliche Preisunterschiede können jedoch gegen die Gleichartigkeit sprechen.[5] Bei erheblichen Preisdifferenzen kann es daher sinnvoll sein, einzelne Gruppen von Wirtschaftsgütern zu bilden, die dann jeweils auch dieses Kriterium erfüllen. Das Bewertungswahlrecht kann dann für die einzelnen Gruppen unterschiedlich ausgeübt werden.[6]

 
Praxis-Tipp

Stille Reserven mittels Lifo-Verfahren

Der Einsatz des Lifo-Verfahrens ist vor allem bei Vorräten mit steigenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten sinnvoll. Da die zuletzt beschafften und damit teuren Vorräte als zuerst verwendet gelten, werden im Laufe der Zeit stille Reserven aufgebaut.

 
Praxis-Beispiel

Praxis-Beispiel: Anwendung des Lifo-Verfahrens

Die folgende Tabelle zeigt die Anschaffungskosten eines Rohstoffs im Laufe eines Jahres. Am Jahresende sind noch 700 Stück im Bestand:

 
  Menge (Stück) Gesamtwert (EUR) AK (EUR/Stück)
Anfangsbestand 200 1.000 5,00
Zugang 1 400 2.080 5,20
Zugang 2 150 825 5,50
Zugang 3 900 5.400 6,00
Zugang 4 950 5.890 6,20
Zugang 5 500 3.250 6,50
Bestand 700 3.630  

Der Wert des Endbestands von 3.630 EUR ergibt sich aus der Fiktion seiner Zusammensetzung. Es wird unterstellt, dass er aus dem Anfangsbestand und den ersten beiden Anschaffungsvorgängen im Jahr resultiert. Das bedeutet, dass sich der Endbestand von 700 Stück aus 200 Stück Anfangsbestand (1.000 EUR), 400 Stück des ersten Zugangs (2.080 EUR) und 100 Stück des zweiten Zugangs (550 EUR) zusammensetzt. Tatsächlich hätten die Anschaffungskosten für 700 Stück am Jahresende aber 4.550 EUR (700 Stück * 6,50 EUR/Stück) betragen.

Der sich nach dem Lifo-Verfahren ergebende Wertansatz kann steuerlich sogar noch unterschritten werden, wenn die Preise für die Vorratsposition dauerhaft gesunken sind. In diesem Fall ist eine Teilwertabschreibung zulässig. Erholt sich der Preis dagegen wieder, kann eine Wertaufholung bis zu den ursprünglichen Anschaffungskosten geboten sein.

Soll das Lifo-Verfahren erstmals angewendet werden, ist dazu keine Zustimmung des Finanzamts erforderlich, wohl aber dann, wenn vom Lifo-Verfahren in einem späteren Jahr zu einer anderen Bewertungsmethode übergegangen werden soll.[7] Bei erstmaliger Anwendung des Lifo-Verfahrens gilt der betreffende Vorratsbestand steuerlich mit seinem Bilanzansatz am Schluss des Vorjahrs als erster Zugang des Geschäftsjahrs, sofern der Ansatz mit der Bewertung nach § 6 EStG in Einklang steht.

Angewendet wird das Lifo-Verfahren z. B.

  • in der Textilindustrie auf Wolle und Fasern,
  • in der Weinwirtschaft auf Weinbestände einzelner Qualitätsstufen;
  • auf Tabakvorräte in der Zigarettenindustrie.

Dagegen wird die Anwendung auf verderbliche Waren mit einer Haltbarkeit von nicht mehr als 1 Jahr abgelehnt.[8]

Soll vom Lifo-Verfahren zu einer anderen Methode übergegangen werden, prüft das Finanzamt, ob dieser Wechsel willkürlich ist oder dem Stetigkeitsgebot widerspricht. Um eine Doppelbewertung der Vorräte – zunächst nach dem neuen Verfahren, nach Verweigerung der Zustimmung nach dem Lifo-Verfahren – zu vermeiden, sollte der Wechsel beim Finanzamt frühzeitig beantragt bzw. eine verbindliche Auskunft eingeholt werden.

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