Abgrenzungsfragen stellen sich zu folgenden "anderen" Entstrickungs- und Gewinnabgrenzungsregelungen:

  1. Verhältnis zu § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG?

    Verhältnis zur "Normalentnahme", die u. U. auch einen grenzüberschreitenden Fall betreffen kann?

     
    Praxis-Beispiel

    Grenzüberschreitende Regelungen vorrangig

    Die inländische Personengesellschaft A-KG liefert Waren ohne Gewinnaufschlag an die personenidentische B-LP, USA. Bei Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG würde sich zwar eine Entnahme ergeben, diese wäre allerdings mit dem Teilwert = Wiederbeschaffungskosten = ohne Gewinnaufschlag anzusetzen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die grenzüberschreitende Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG vorrangig, und damit ist der Fremdpreis (mit Gewinnaufschlag anzusetzen).

  2. Verhältnis zu § 6 Abs. 5 EStG?

    Das Buchwertübertragungsprivileg des § 6 Abs. 5 EStG fordert als Tatbestand die Steuerverhaftung. Diese Formulierung dürfte identisch auszulegen sein.

  3. Verhältnis zu § 16 EStG?

    Die Verlagerung eines Betriebs/Teilbetriebs ist für die VZ 2006-2009 ein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG (nicht mehr § 16 EStG). Mit dem JStG 2010 wurde hingegen in § 16 Abs. 3a EStG ein gesonderter Entstrickungstatbestand eingeführt: Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich. Die Nähe zur Grundnorm ergibt sich aus der Anordnung, dass § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG entsprechend gilt. Anlass für die gesetzliche Regelung war die Entscheidung des BFH[1] (abweichend von seiner jahrzehntelangen Rechtsprechung), dass die Verlegung des Betriebs in das Ausland nicht zur Annahme einer (fiktiven) Betriebsaufgabe führt. Die Aufgabe der Rechtsprechung zur "Theorie der finalen Betriebsaufgabe" steht im Zusammenhang mit dem Urteil vom 17.7.2008[2], nach dem die Überführung (Entnahme) von Einzelwirtschaftsgütern aus dem inländischen Betrieb des Steuerpflichtigen in die ausländische Betriebsstätte im Zeitpunkt der Überführung (Entnahme) nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führt, wenn der Gewinn der ausländischen Betriebsstätte aufgrund eines DBA nicht der inländischen Besteuerung unterliegt. Die Finanzverwaltung hat ausdrücklich mit Schreiben vom 18.11.2011 darauf verwiesen, dass diese Rechtsprechung durch die gesetzlichen Regelungen des SEStEG bzw. JStG 2010 überholt sind.[3] Ungeachtet dessen wurde § 16 Abs. 3a EStG durch das JStG 2010 mit Rückwirkung auf alle offenen Fälle (§ 52 Abs. 34 S. 5 EStG) zur Beseitigung der steuerrechtlichen Folgen der Aufgabe der Theorie der Finalität des Entnahmebegriffs in der vorgenannten Rechtsprechung des BFH eingeführt. Die Regelung enthält die Fiktion einer Betriebsaufgabe für den Fall, dass das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter eines Betriebs oder Teilbetriebs – tatsächlich oder über die entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 1 S. 4 EStG fiktiv – ausgeschlossen oder beschränkt wird.

    Die Anordnung der weitreichenden Rückwirkung auf alle offenen Fälle dürfte verfassungsrechtlich bedenklich sein. Verfahren sind hierzu aber nicht bekannt.

  4. Abgrenzung zum UmwStG bzw. Umwandlung im Ausland? (Hinweise)

    Die Abgrenzungsproblematik soll an dieser Stelle nur kurz anhand folgendem Beispiel angesprochen werden:

     
    Praxis-Beispiel

    Abgrenzungsproblematik "Umwandlung im Ausland"

    Die inländische A-GmbH wird mit Gesellschafterbeschluss vom 28.2.08 rückwirkend zum 31.12.07 auf die französische Schwestergesellschaft B-SARL, Paris verschmolzen. Die A-GmbH hat neben einer Fabrikationsstätte, die weiterhin in Deutschland besteht, umfangreiches Finanzanlage- und Umlaufvermögen, das künftig aus Paris verwaltet werden soll. Zu diesem Zweck zieht das Personal der Finanzabteilung zum 1.7.08 nach Paris um.

    Wie ist der Vorgang steuerlich zu bewerten, insbesondere erfolgt eine Entstrickung nach dem UmwStG 2006 zum 31.12.06 oder erst nach § 12 KStG zum 1.7.08?

    Die Unterscheidung hat nicht nur Bedeutung für die steuerliche Zuordnung 06 oder 07, sondern insbesondere für die Anwendung des § 4g EStG, der in UmwStG-Fällen nicht anwendbar ist.

    Lösungsansatz:

    Durch die rückwirkende Umwandlung entsteht zum 31.12.06/1.1.07 ein französischer Rechtsträger, die B-SARL, mit einer inländischen Betriebsstätte. Zum Umwandlungsstichtag kann das Finanzvermögen nach den Grundsätzen der Betriebsstättengewinnermittlung noch einem inländischen Steuersubjekt, der Betriebsstätte, zugeordnet werden. Damit ist kein deutsches Besteuerungsrecht eingeschränkt, eine Realisierung kann daher erst zum Zeitpunkt der geänderten steuerlichen Zuordnung (durch Personalversetzung) im Jahr 07 erfolgen. Der Umwandlungssteuererlass 2011[4] legt in Rz. 2.15 die Maßgeblichkeit der tatsächlichen Verhältnisse ausdrücklich fest.

  5. Verhältnis zur SE-VO?

    Die Regelung findet keine Anwendung bei Übertragung/Zuordnung einer Societas Europaea (SE)[5]. Es gilt das Surrogatpri...

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