§ 4 Abs. 1 Sätze 3 und 4 EStG kennt folgende Tatbestände:

  1. Ausschluss des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts. Dies ist gegeben bei der (geänderten) Zuordnung eines Wirtschaftsguts zu einer Betriebsstätte in einem Freistellungsstaat;
  2. Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts. Dies liegt vor bei der (geänderten) Zuordnung eines Wirtschaftsguts zu einer Betriebsstätte in einem Anrechnungsstaat.

Hierbei ergeben sich neben dem Grundfall folgende Einzel- und Problemfälle:

  • Fallgruppe 1: Änderung der Zuordnung eines Wirtschaftsguts von der inländischen Betriebsstätte zu einer Betriebsstätte in einem Nicht-DBA-Staat (Anrechnung nach § 34c EStG)

     
    Praxis-Beispiel

    Überführung Wirtschaftsgut in Nicht-DBA-Staat

    Eine gebrauchte Maschine mit stillen Reserven wird in eine Fabrik (Betriebsstätte) in Brasilien überführt und dort weitergenutzt. Mit Brasilien besteht kein DBA, d. h. aufgrund des Welteinkommensprinzips in §§ 1, 2 EStG bleibt die Maschine weiterhin in der deutschen Handels- und Steuerbilanz aktiviert. Allerdings würde eine evtl. brasilianische Steuer auf einen Veräußerungsgewinn der Maschine nach § 34c EStG angerechnet.

    Hier stellt sich die Frage, ob die vom nationalen Gesetzgeber unilateral vorgesehene (freiwillige) Steueranrechnung zu einer Beschränkung des Besteuerungsrechts führt, da dies nicht vom Steuerpflichtigen verursacht wird. M. E. ist der Tatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG gegeben, da keine "Entnahmehandlung" gefordert wird, sondern nur geprüft wird, ob eine Beschränkung vorliegt. Ein Einführungsschreiben der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten.

  • Fallgruppe 2: Änderung der Zuordnung eines Wirtschaftsguts von der inländischen Betriebsstätte zu einer Betriebsstätte in einem DBA-Staat mit Anrechnungs- oder Freistellungsmethode

    Aufgrund der in den DBA für gewerbliche Einkünfte regelmäßig zu gewährenden Steuerfreistellung für Unternehmenseinkünfte handelt es sich um den in der Praxis häufigsten Fall.

     
    Praxis-Beispiel

    Überführung Wirtschaftsgut in DBA-Staat

    Die gebrauchte Maschine wird nach Portugal (nach DBA: Anrechnungsmethode) oder alternativ nach Frankreich (Steuerfreistellungsmethode im DBA) überführt.

    Da eine Steuerfreistellungsverpflichtung zur vollständigen Beschränkung, eine Steueranrechnung zur partiellen Beschränkung eines potentiellen deutschen Steueranspruchs führt, sind die Voraussetzungen der Steuerentstrickung regelmäßig erfüllt. Es stellt sich aber die Frage, ob dies auch gilt, wenn z. B. infolge eines Aktivitätsvorbehalts oder keiner aktuellen Besteuerung ein Anrechnungs- oder Freistellungspotential nicht besteht.

     
    Praxis-Beispiel

    Aktivitätsvorbehalt

    Aufgrund des Tätigkeitskatalogs im DBA (Aktivitätsvorbehalt) fällt das Wirtschaftsgut in den sog. passiven Bereich, d. h. das Besteuerungsrecht fällt auf Deutschland zurück.

     
    Praxis-Beispiel

    Keine "aktuelle" Besteuerung

    Im anderen Staat entstehen durch die Gründung der Fabrik hohe Anlaufverluste. Es ist absehbar, dass es deshalb innerhalb einer denkbaren Veräußerungszeitspanne (Restnutzungsdauer) zu keiner potentiell anzurechnenden ausländischen Steuer kommt.

    In beiden Fallkonstellationen ist aus der Gesetzes-Begründung der Bundesregierung zum SEStEG abzuleiten, dass eine potenzielle Einschränkung genügt, um eine Steuerentstrickung vorzunehmen. Es erscheint fraglich, ob bei einer rein wörtlichen Auslegung diese Aufdeckung der stillen Reserven zu erfolgen hat.

  • Fallgruppe 3: Zuordnung zu einer ausländischen Betriebsstätte, wobei eine Rückfallklausel nach DBA oder national (§ 50d Abs. 9 EStG, § 20 Abs. 2 AStG) anwendbar ist

    Es stellt sich die Frage, ob eine Steuerentstrickung auch dann erfolgt, wenn im Rahmen der Betriebsstättenbesteuerung das Besteuerungsrecht auf Deutschland zurückfällt.

     
    Praxis-Beispiel

    Rückfallklausel bei Betriebsstättenbesteuerung

    Der Staat der Betriebsstätte gewährt als Anreiz für Investitionen (nur) ausländischen Unternehmen eine 10-jährige Steuerbefreiung. Aufgrund der Regelung in § 50d Abs. 9 2. Alternative EStG 2007 muss Deutschland den Gewinn nicht freistellen.

    Vergleichbar der vorgenannten Gruppe kann auch hier nicht auf das tatsächliche ausländische Steuerpotential abgestellt werden, sondern auch hier wird die Entstrickung bejaht.

  • Fallgruppe 4: Zuordnung eines Wirtschaftsguts von einer ausländischen Betriebsstätte mit Anrechnungsmethode zu einer anderen ausländischen Betriebsstätte mit Freistellungsmethode

    Es stellt sich auch die Frage, ob es bei reinen "Auslandsfällen" zu einer Steuerentstrickung kommt.

     
    Praxis-Beispiel

    Steuerentstrickung bei reinen Auslandsfällen

    Das deutsche Unternehmen A hat ursprünglich Betriebsstätten in Portugal und Spanien. Infolge der Schließung der Niederlassung in Portugal wird eine gebrauchte Maschine aus Portugal in die spanische Niederlassung überführt. Die Maschine wird bislang in der deutschen Steuerbilanz erfasst, da Portugal ein sog. Anrechnungsstaat ist; die Produktionsmaschine hat stille Reserven v...

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