2.12.1 Grundzüge des Kassenstaatsprinzips

Nach Art. 19 Abs. 2 OECD-MA können Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder dieser Gebietskörperschaft geleisteten Dienste gezahlt werden, grundsätzlich nur in diesem Staat besteuert werden (Kassenstaatsprinzip).

Voraussetzung hierfür ist, dass die frühere Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit des Staates oder einer seiner Gebietskörperschaften ausgeführt wurde, es sich nicht z. B. um eine Tätigkeit im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art (i. S. von § 4 KStG) handelte.

Die Ruhegehälter müssen auf Grund einer unselbstständigen Arbeit im öffentlichen Dienst gezahlt werden. Art. 19 Abs. 2 Buchst. a OECD-MA beinhaltet eine Bezugnahme auf Art. 19 Abs. 1 OECD-MA. Dies bedeutet, dass die frühere Tätigkeit unter Art. 19 Abs. 1 OECD-MA fallen muss, d. h. regelmäßig eine hoheitliche Tätigkeit erfolgte.

2.12.2 Verhältnis zu anderen Vorschriften

Das Kassenstaatsprinzip des 19 Abs. 2 OECD-MA ist vorrangig zu Art. 18 OECD-MA.

2.12.3 Persönlicher Anwendungsbereich

Der öffentliche Dienst umfasst i. d. R. gleichermaßen Beamte, Richter, Soldaten, Angestellte und Arbeiter.

Abgeordnete erzielen keine Vergütungen i. S. des Art. 19 Abs. 1 OECD-MA, da sie keine unselbstständige Tätigkeit ausüben.

2.12.4 Rechtsfolgen

Das Besteuerungsrecht steht gemäß den Regelungen im Musterabkommen ausschließlich dem Kassenstaat zu. Der Ansässigkeitsstaat hat in der Regel kein Besteuerungsrecht. Die Einkünfte werden dann im Ansässigkeitsstaat von der Steuer freigestellt, jedoch regelmäßig im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt.

2.12.5 Sonderregelung für Ortskräfte

Art. 19 enthält häufig Sonderregelungen vor sogenannte Ortskräfte, d. h. nicht im originären konsularischen Dienst tätige Beschäftigte von Botschaften, Konsulaten etc. Hierbei gilt:

Hat der Empfänger der Ruhegehaltszahlungen die Staatsangehörigkeit des Ansässigkeitsstaates, steht abweichend von Art. 19 Abs. 2 Buchst. a OECD-MA nur dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für diese Bezüge zu (vgl. Art. 19 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA).

2.12.6 Rückausnahmen bei früherer Tätigkeit in einem Betrieb gewerblicher Art

Das Kassenstaatsprinzip greift nicht, wenn die aktive Tätigkeit in einem Betrieb gewerblicher Art des Staates erfolgte. Die Besteuerung erfolgt dann nach Art. 19 Abs. 3 OECD-MA regelmäßig nach Art. 18 OECD-MA.

Die Frage, wann eine gewerbliche oder hoheitliche Tätigkeit vorliegt, ist häufig umstritten bzw. in den deutschen DBA unterschiedlich geregelt. Viele Staaten, wie z. B. die Schweiz und Frankreich, sehen – abweichend von der üblichen deutschen Auffassung (Anlehnung an § 4 KStG) – in Einrichtungen der Daseinsvorsorge (Energieversorgung, öffentlicher Nahverkehr etc.) noch hoheitliche Tätigkeiten. Auf den Länderteil wird verweisen.

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