3.1 Technik der Anrechnung

Im Rahmen der Abgeltungssteuer ist die Anrechnung ausländischer Quellensteuer sowohl auf Ebene des auszahlenden Finanzinstituts als auch hilfsweise im Rahmen der Veranlagung weiterhin möglich.[1] Bei ausländischen Wertpapieren im inländischen Depot wird der anrechenbare Teil der ausländischen Quellensteuer unmittelbar vom inländischen Kreditinstitut auf die Abgeltungssteuer angerechnet. Bei im Ausland erzielten Kapitalerträgen und Kursgewinnen (ausländisches Depot) kann die hierauf angefallene ausländische Quellensteuer erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung angerechnet werden. Die Anrechnung ausländischer Steuern auf Kapitalerträge erfolgt nach Maßgabe des § 32d Abs. 5 EStG. Durch eine entsprechende Änderung des § 32d Abs. 5 EStG im JStG 2009 wurde geregelt, dass § 34c EStG auf Kapitaleinkünfte keine Anwendung findet und damit auch die sog. "per-country-limitation", also die Prüfung der Anrechenbarkeit für jeden Quellenstaat getrennt, für die privaten Kapitaleinkünfte nicht gilt.

Wie im Anwendungsbereich des § 34c EStG sind Ermäßigungsansprüche nach den jeweiligen DBA zu beachten. Durch die Anrechnung der ausländischen Steuern kann sich die deutsche Einkommensteuer auf null reduzieren, eine Erstattung der ausländischen Steuer ist allerdings nicht möglich.[2] Die Grundsätze des § 32d Abs. 5 EStG sind bereits – soweit möglich – auf Ebene der Kreditinstitute zu beachten.[3] Eine Anrechnung der ausländischen Quellensteuer auf die Abgeltungssteuer bereits durch das Kreditinstitut kommt insbesondere bei Dividenden ausländischer Aktiengesellschaften in Betracht. Für derartige ausländische Kapitalerträge wurde in § 43 Abs. 1 Nr. 6 EStG eine Kapitalertragsteuerpflicht für inländische Kreditinstitute geschaffen.

 
Praxis-Beispiel

Ausländische Kapitalertragsteuer

 
Ausländische Dividende 100
Steuerberechnung:  
Abgeltungssteuer (25 %) 25
./. anrechenbare ausl. Steuer - 15
zu zahlende Abgeltungssteuer 10
[2] Anhang 19 II EStH 2016, Rz. 204.

3.2 Geschäftsvorfallbezogene Betrachtung

Eine dem Grunde nach anzurechnende ausländische Steuer muss der Höhe nach nicht dem gesonderten Steuersatz von 25 % entsprechen. Eine Anrechnung über 25 % ist nicht möglich, so dass der Empfänger dieses ausländischen Kapitalertrags insoweit endgültig belastet bleibt.[1] Die Verrechnung eines derartigen Anrechnungsüberhangs mit der auf anderen Kapitalerträgen lastenden Abgeltungssteuer durch die Zahlstelle ist ebenso wenig möglich wie eine Erstattung ausländischer Quellensteuer.

 
Praxis-Beispiel

Anrechnung ausländischer Steuern

 
Geschäftsvorfall Ertrag Abgeltungssteuer anrechenbare ausl. Steuer
(1) Ausl. Div. Land 1 100 10 15
(2) Ausl. Div. Land 2 200 0 50
(3) Inl. Zinsertrag 300 75
Summe 600 85 65
 
Steuerverprobung:  
Erträge insgesamt 600
Abgeltungssteuer (25 %) 150
./. anrechenbare ausl. Steuer – 65
Zu zahlende Abgeltungssteuer 85
[1] Auschluss einer Verrechnung nach BMF, Anhang 19 II EStH , Rz. 204.

3.3 Keine Rettung eines Anrechnungsüberhangs durch Antrag nach § 34c Abs. 2 EStG

Wenn z. B. durch Verluste im betrieblichen Bereich die Anrechnung ausländischer Steuern ins Leere lief, war es bis 2008 (bzw. noch heute im Teileinkünfteverfahren) möglich, nach § 34c Abs. 2 EStG anstelle der Anrechnung den Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug für Steuern zu wählen (und damit eine Erhöhung des Verlustrück-/vortrags zu erreichen).

Ab 2009 ist ein Abzug der ausländischen Steuer analog zu § 34c Abs. 2 EStG nicht mehr möglich, da der Abzug von Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften grundsätzlich ausgeschlossen ist.[1]

[1] Vgl. Anhang 19 II EStH , Rz. 207.

3.4 Anrechnungsüberhänge

Wenn nach Verlustverrechnung und Anwendung des Freistellungsauftrags die Abgeltungssteuer geringer ist als die anrechenbare ausländische Quellensteuer, so kann der Anrechnungsüberhang vom Kreditinstitut gesondert bescheinigt werden, damit der Kunde diesen gegebenenfalls mit anderweitig geschuldeter Abgeltungssteuer im Rahmen der Veranlagung verrechnen kann.[1] Ein entsprechender Fall kann vorliegen, wenn neben der Anlage bei einer inländischen Zahlstelle (Bankdepot – mit Anrechnungsüberhang) z. B. Papiere in einem ausländischen Depot bestehen (mit "Anrechnungsvolumen"). Ist dies nicht möglich, verfällt die ausländische Steuer.

3.5 Ermittlung der anrechenbaren Steuern im Nicht-DBA-Fall

Bei Nicht-DBA-Staaten kann eine im Ausland festgesetzte, gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte Steuer nach Maßgabe des § 34c Abs. 1 und 2 EStG angerechnet bzw. abgezogen werden, wenn sie der deutschen Einkommensteuer entspricht.[1]

Es ist Folgendes zu beachten:

Da es vor allem in Nicht-DBA-Fällen fraglich ist, ob die abgezogene ausländische Quellensteuer eine der deutschen Einkommensteuer entsprechende Steuer darstellt, können die Kreditinstitute nicht von einer generellen Anrechenbarkeit von Quellensteuern (ausländischen Steuern) auf Kapitalerträge ausgehen. Die gesetzlichen Voraussetzungen, nach denen eine Anrechnung ausländischer Steuern vorgenommen werden kann, müssen im Einzelfall v...

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