Das IIRC definiert Integriertes Denken als aktive Reflexion der Beziehungen zwischen den verschiedenen operativen und funktionalen Einheiten einer Organisation und den Vermögensarten, die die Organisation verwendet oder auf die sie Einfluss nimmt. Integriertes Denken führt zu einer übergreifenden Entscheidungsfindung und zu Maßnahmen, die eine nachhaltige Wertschöpfung kurz-, mittel- und langfristig realisieren sollen. Dabei werden die Wirkungen auf alle beteiligten Stakeholder in die konzeptionellen Ansätze eingebunden.

Das Integrated Reporting Council of South Africa schlägt in einer Studie zum Integrated Thinking Folgendes vor:[1]"Der Begriff ‘Integrated Thinking’ wurde vom IIRC geprägt. Es war offensichtlich geworden, dass Organisationen keine glaubwürdigen integrierten Berichte bereitstellen konnten, wenn Bedingungen und Prozesse innerhalb der Organisation nicht zur effektiven Erstellung dieses Berichts beitrugen. Diese Bedingungen wurden als ‘Integrated Thinking’ beschrieben."

Gemäß des <IR>-Framework berücksichtigt Integrated Thinking die Konnektivität und Interdependenzen zwischen einer Reihe von Faktoren, die sich auf die Fähigkeit eines Unternehmens auswirken, im Laufe der Zeit Wert zu schaffen, einschließlich:

  1. den Vermögensarten, die die Organisation verwendet oder beeinflusst (also steuert), und den kritischen Abhängigkeiten, einschließlich Kompromissen, zwischen ihnen;
  2. der Fähigkeit der Organisation, auf die legitimen Bedürfnisse und Interessen der wichtigsten Interessengruppen zu reagieren;
  3. der Art, wie die Organisation ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie gestaltet, um auf ihr externes Umfeld und die Risiken und Chancen zu reagieren, mit denen sie konfrontiert ist
  4. der Aktivitäten der Organisation, Leistung (finanzielle und andere) und Ergebnisse in Bezug auf die Vermögensarten – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.[2]

Dabei ist Integrated Reporting nur die Spitze des Eisbergs: Der sichtbare Teil dessen, was unter der Oberfläche geschieht. Was unter der Oberfläche passiert, ist Integrated Thinking.[3]

Organisationen, die authentische integrierte Berichte erstellen möchten, geben an, dass die Umsetzung ihrer Bedingungen ein längeres und intensiveres Unterfangen ist, eine Reise sozusagen – eine Reise nicht alleine, sondern zusammen mit den Stakeholdern. Es dauert einige Jahre, bis ein Bericht von hoher Qualität präsentiert werden kann. Es scheint daher, dass ein hohes Maß an Integrated Thinking in einer Organisation auch eine Zeitreise ist. Einige Organisationen scheinen bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht zu haben, während sich andere noch an verschiedenen Meilensteinen entlang dieses Weges befinden.[4]

In Deutschland sind u. a. der Flughafen München und SAP Vorreiter in der Erstellung von Integrated Reports. Auch diese Unternehmen berichten, dass die Umstellung des "Mindset" und aller Datenquellen und Entscheidungsstrukturen eine längere Reise war. Nach dieser Umstellung stellen die Unternehmen fest, dass die cross-funktionale Zusammenarbeit im Unternehmen zum Wohle aller deutlich besser wurde:

Integriertes Denken ist der Schlüssel zu nachhaltigem Handeln und integrierter Berichterstattung. Integriertes Reporting fördert eine enge Zusammenarbeit zwischen Kollegen verschiedener Abteilungen. Relevante Themen werden gemeinsam behandelt. Gemeinsam mit seinen Stakeholdern wertet der Flughafen München wesentliche Themen aus, um die Ergebnisse in den jährlichen strategischen Planungsprozess einzubeziehen. So stellen wir sicher, dass unsere Unternehmensstrategie auf nachhaltige Wertschöpfung ausgerichtet ist.[5]

Das Integrated Thinking hat vielfältige Auswirkungen auf die Unternehmenssteuerung:

  • Führungskräfte, Controller und Qualitätsmanager schaffen schrittweise eine Verbesserung der Entscheidungsqualität durch Berücksichtigung aller relevanten Einflussfaktoren.
  • Durch die Fragen nach dem Gradmesser für Erfolg erkennen wir besser, welches die relevanten Steuerungsgrößen sind.
  • Die Zielsetzung erfolgt im Ausgleich aller Stakeholder-Interessen und bezogen auf den gemeinsam definierten Erfolg.
  • Entscheidungen zielen nicht mehr auf eine Silo- bzw. Teilsystem-Optimierung zu Lasten der Gesamtleistung.
  • Wir können besser entscheiden, ob und wie wir inzentiveren. "Attraktoren" spalten nicht mehr die am Erfolg Beteiligten, sondern integrieren die Menschen in Teams.
  • Controller und Qualitätsmanager verschaffen sich und berücksichtigen andere/zusätzliche Datenquellen für die Entscheidungsvorbereitung.
  • Die Verantwortlichen können multiple Effekte der Entscheidungen verfolgen und ggf. die Entscheidungen revidieren.[6]

Diese Art der Unternehmenssteuerung findet als ein zentrales Element Eingang in das weiterentwickelte Führungs- und Managementsystem. Darüber hinaus verbindet integratives Denken die sechs Vermögensarten und deren Kombination zu arbeitendem Kapital mit den Dimensionen nachhaltigen Wirtschaftens (s. Abb. 8).

Abb. 8: Dimensionen der Nachhaltigkeit

Insgesamt ergibt sich eine hohe Komplexität in den We...

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