Aufgrund der unternehmens- und branchenspezifischen Herausforderungen kann es keine allgemeingültige Forecast-Landschaft geben, die universell einsetzbar ist.[1] In der Praxis hat sich jedoch ein Best-Practice-Vorgehensmodell zur Schaffung einer integrierten Forecast-Landschaft bewährt.

Das Vorgehensmodell besteht aus 4 Schritten:

  1. inhaltlich-funktionale Integration mittels Treibermodellen,
  2. Modellierung eines End-to-End-Prozesses "Plan-to-Steer",
  3. Aufbau einer digitalen Plattform und
  4. Bereitstellung von Predictive-Analytics-Methoden.

Dieses Modell wurde auch im vorliegenden Beispiel für die Integration von Finanz-Forecast und operativen Forecast angewendet (s. Abb. 3). In den nachfolgenden Abschnitten werden die jeweiligen Schritte und deren Umsetzung bei dem Pharmaunternehmen im Detail beschrieben.

Abb. 3: Die 4 Schritte zur Implementierung des integrierten Finanz-Forecasts

[1] Vgl. Wagner et al., 2010.

5.1 Inhaltlich-funktionale Integration herstellen

Im ersten Schritt wird mithilfe eines Treibermodells ein einheitliches Verständnis über die (Absatz-)Märkte und Geschäftsmodelle eines Unternehmens über alle Fachbereiche hinweg geschaffen. Die Systematik des Treibermodells stellt dabei das Fundament der Planungslogik dar, die in den nachfolgenden Schritten des Vorgehensmodells in Prozesse und IT-Systeme umgesetzt wird.

Zum Aufbau von Treibermodellen werden zunächst die wesentlichen Einflussgrößen auf die Ergebnisrechnung und andere relevante TOP-KPIs, z. B. aus Bilanz und Cashflow-Rechnung, systematisch bestimmt. Anschließend werden die identifizierten "Treiber" im Sinne einer Ursache-Wirkungskette als System von Einflussfaktoren abgebildet.[1] Die einzelnen Zusammenhänge, die mithilfe der Treiber dargestellt werden, können dabei durchaus unterschiedlich sein. So folgen bspw. die Planung von Umsatzerlösen und die Planung von Kosten einer Servicefunktion sehr unterschiedlichen Logiken. Der Begriff "Treibermodell" muss daher als System spezifischer Modelle verstanden werden, mit deren Hilfe die TOP-KPIs dargestellt werden. Dabei fungiert ein Kern-Treibermodell als integrierendes Modell, das den Ansatzpunkt für diverse operative Modelle bildet.

In dem Praxisbeispiel gestaltete das Kern-Projektteam des Integrationsprojekts gemeinsam mit dem Finanzbereich ein solches integrierendes Treibermodell, das insbesondere eine sachgerechte Befüllung des Ergebnisschemas sicherstellt (s. Abb. 4). Gemeinsam mit den Fachbereichen wurden dann spezifische operative Modelle für Vertrieb, Produktion, Logistik, Marketing und Servicefunktionen ausgearbeitet. Die intensive Einbeziehung der Fachbereiche gewährleistete dabei die fachliche Richtigkeit des neuen Planungsansatzes und war gleichzeitig Voraussetzung für dessen Akzeptanz in der Organisation.

Abb. 4: Funktionale Integration mittels Treibermodellen

[1] Vgl. Kappes/Schentler, 2015.

5.2 "Plan-to-Steer" als End-to-End-Prozess gestalten

Wurde ein einheitliches Verständnis über das Geschäftsmodellgeschaffen, wird ein integrierter End-to-End-Prozess mit zentraler Verantwortlichkeit über die einzelnen operativen und finanziellen Planungsprozesse eingeführt. "Plan-to-Steer" wird so zum "Superprozess", der die einzelnen spezifischen Planungsprozesse orchestriert.[1]

Auch das Pharmaunternehmen führte einen integrierten (monatlichen) Forecast-Prozess mit zentraler Verantwortlichkeit ein (s. Abb. 5). Dieser beginnt mit einem Produktportfolio-Review, in der das globale Produktmanagement Veränderungen an der Produktpalette definiert und kommuniziert. Anschließend erstellen die lokalen Vertriebsgesellschaften einen detaillierten Anforderungsplan, in dem die Absatzmengen der kommenden 36 Monate geplant werden. Auf Basis der Plan-Absatzmengen werden Produktions-Forecast (Supply Forecast) und Finanz-Forecast erstellt.

Da die Herstellkosten im Finanz-Forecast auf Basis eines Standardkosten-Ansatzes ermittelt werden, kann der Finanz-Forecast weitgehend parallel mit dem Produktions-Forecast stattfinden. Erwartete Varianzen in der Produktion werden nachgelagert in den Finanz-Forecast übernommen.

In einer integrierten Abstimmung wird die Planung der Absatzmengen im Vertrieb mit den Produktionsmengen in der Supply Chain abgestimmt. Hier definieren und analysieren Vertrieb, Produktion und Controlling auch gemeinsam finanzielle Implikationen der geplanten Mengen sowie Chancen und Risiken. Die erstellten Forecasts sind nach der integrierten Abstimmung harmonisiert und können somit für die operative Steuerung sowie die Top-Management-Steuerung genutzt werden.

Abb. 5: Der integrierte Forecast-Prozess

[1] Vgl. Moon, 2013, S. 6 ff.

5.3 Integrierte Planungsplattform aufbauen

Nachdem Planungsinhalte und Prozesse integriert sind, müssen die IT-seitigen Voraussetzungen für integriertes Forecasting geschaffen werden. Dabei erhebt ein integrierter Planungsansatz nicht den Anspruch, die einzelnen operativen Planungslösungen zu ersetzen. Diese sind auf die spezifischen Anforderungen der operativen Einheiten maßgeschneidert und sollen auch in Zukunft zum Einsatz kommen. Allerdings müssen Daten, die relevant für die Folgeprozesse sind, über einheitliche Schnittstellen zugängl...

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