Rz. 92

Die Vorschriften der Insolvenzordnung regeln neben der internen, insolvenzrechtlichen Rechnungslegung auch die externe, handels- und steuerrechtliche Rechnungslegung. § 155 Abs. 1 Satz 1 InsO erklärt die handels- und steuerrechtlichen Pflichten des Schuldners zur Buchführung und zur Rechnungslegung für anwendbar.[1] Zudem bestimmt § 155 Abs. 1 Satz 2 InsO, dass der Insolvenzverwalter diese Pflichten anstelle des Schuldners wahrzunehmen hat.[2]

[1] Grds. sind keine Erleichterungen vorgesehen, IDW, RH HFA 1.012 "Externe (handelsrechtliche) Rechnungslegung im Insolvenzverfahren", Rz. 37.
[2] So auch die ständige Rechtsprechung, BGH Urt. v. 29.05.1979, VI ZR 104/78, NJW 1979, 2212.

3.1 Handelsrechtliche Rechnungslegung

 

Rz. 93

Nach § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein neues Geschäftsjahr. Entsprechend § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO bewirkt die Beendigung des Insolvenzverfahrens dann das Ende des Geschäftsjahres.[1] Aufgrund dieser Regelung in § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO ergeben sich regelmäßig Rumpfgeschäftsjahre.[2] Die Rumpfgeschäftsjahre sind mit einer Schlussbilanz abzuschließen.[3] Das ergibt sich für das letzte werbende Geschäftsjahr bereits aus § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO sowie der allgemeinen Regelung des § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB. Der mit dem Eröffnungsbeschluss angeordnete Beginn eines neuen Geschäftsjahres macht dann die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz erforderlich.[4] Für das Geschäftsjahr der Beendigung des Insolvenzverfahrens folgt die Pflicht zur Aufstellung einer Schlussbilanz für AG und GmbH aus der entsprechenden Anwendung der § 270 Abs. 1 AktG, § 71 Abs. 1 GmbHG und für die übrigen Rechtsformen aus § 242 Abs. 1 HGB.[5] Damit lässt sich die Darstellung der handelsrechtlichen Rechnungslegung auch hier nach bestimmten Zeitabschnitten gliedern.

[1] Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, Begründung zu § 174 RegE, 1994, S. 512.
[2] Ausführlich hierzu "Wirtschaftsjahr/Geschäftsjahr".
[3] Pink, ZIP 1997, S. 180.
[4] IDW, RH HFA 1.012 "Externe (handelsrechtliche) Rechnungslegung im Insolvenzverfahren", Rz. 15; Uhlenbruck, Das neue Insolvenzrecht, Begründung zu § 174 RegE, 1994, S. 511 f.
[5] Sinz, in Uhlenbruck, InsO, 2019, § 155 Rz. 12.

3.1.1 Schlussbilanz für das letzte Geschäftsjahr vor Verfahrenseröffnung

 

Rz. 94

Die Schlussbilanz der werbenden Gesellschaft erfasst das Rumpfgeschäftsjahr zwischen Beginn des letzten Geschäftsjahres und dem Tag vor dem Eröffnungsbeschluss. Als abschließende Rechnungslegung der werbenden Gesellschaft für den verkürzten Zeitraum zwischen dem Schluss des letzten regulären Geschäftsjahrs und dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ist auf den Tag vor Insolvenzeröffnung eine (Rumpfgeschäftsjahrs-)Schlussbilanz des werbenden Unternehmens aufzustellen, die um eine GuV sowie für Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264a Abs. 1 HGB ggf. um einen Anhang und einen Lagebericht zu ergänzen ist. Die Pflicht zur Aufstellung der handelsrechtlichen Schlussbilanz ergibt sich aus den allgemeinen Rechnungslegungsgrundsätzen der §§ 238, 242 Abs. 1 Satz 1 HGB. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verpflichten den Insolvenzverwalter zur lückenlosen Rechnungslegung und Dokumentation sämtlicher Geschäftsvorfälle in der letzten Rechnungsperiode vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dazu gehört auch die Ermittlung des Gewinns bzw. Verlustes der letzten Rechnungsperiode. Für diese Bilanz gelten im Grundsatz die Ansatzvorschriften des HGB.[1]

 

Rz. 95

Bilanzstichtag ist der Tag unmittelbar vor der Verfahrenseröffnung. Die Bewertung des Vermögens erfolgt zu Liquidationswerten, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldnerunternehmens eingestellt wurde, anderenfalls zu Fortführungswerten.[2] Über die Einstellung oder Fortführung des Geschäftsbetriebes entscheidet endgültig die Gläubigerversammlung im Berichtstermin.[3] Die abschließende Rechnungslegung der werbenden Gesellschaft ist grundsätzlich nach den allgemeinen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften des HGB aufzustellen. Allerdings ist der Insolvenztatbestand bei Ausweis-, Ansatz- und Bewertungsfragen zu berücksichtigen. Zur Frage, wann ein Abweichen von der Going-Concern-Prämisse geboten ist und welche Folgen sich daraus ergeben, verweist der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer auf IDW PS 270. Im Falle des Wegfalls der Fortführungsannahme richten sich die Bilanzierung und Bewertung nach IDW RS HFA 17 ("Auswirkungen einer Abkehr von der Going-Concern-Prämisse auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss"). Die Going-Concern-Prämisse kann nur dann weiterhin zugrunde gelegt werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist. Grundlage für die Beurteilung ist das vom Insolvenzverwalter verfolgte Unternehmenskon­zept.[4]

 

Rz. 96

Neben der Schlussbilanz ist eine Gewinn- und Verlustrechnung[5] zu erstellen. Bei Kapitalgesellschaften ist ferner ein Anhang[6] und nach Maßgabe der §§ 264 Abs. 1 Satz 3, 267 HGB auch ein Lagebericht[7] erforderlich.

 

Rz. 97

Des Weiteren sind die handelsrechtlichen Prüfun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge