Zusammenfassung

 
Überblick

Die umsatzsteuerliche Behandlung von innergemeinschaftlichen Reihengeschäften und innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften führt in der Praxis regelmäßig zu Herausforderungen. Aufgrund einer Änderung der MWSt-Systemrichtlinie zum 1.1.2020 wurden die innergemeinschaftlichen Reihengeschäfte auch im deutschen UStG neu geregelt.Danach gibt es seit 1.1.2020 eine einheitliche Zuordnung der warenbewegten steuerfreien Lieferung für alle EU-Mitgliedstaaten. Der folgende Beitrag soll einen kleinen Überblick über die aktuelle Rechtslage bieten und die Besteuerungsgrundsätze anhand praktischer Beispiele erläutern. Der Beitrag konzentriert sich auf die innergemeinschaftlichen Reihengeschäfte, bei denen Beginn und Ende der Beförderung/Versendung des Gegenstands der Lieferung zwischen in zwei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten liegen. Die Reihengeschäfte mit Beginn oder Ende der Beförderung im Drittland werden im Folgenden nicht näher betrachtet. Der Beitrag beschäftigt sich auch mit dem BMF-Schreiben vom 25.4.2023 (BMF, 25.4.2023, III C 2 – S7116 – a/19/10001 :003), dass die ab 1.1.2020 geltenden Regelungen konkretisiert.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung
 
Gesetze Vorschriften Entscheidungen

§§ 3 Abs. 6, 6a und 7, 3d, 4 Nr. 1 b), 6a, 14a, 25b UStG,

Art. 36a und 141 Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 (MWSt-System-RL) in der jeweils aktuellen Fassung

Umsatzsteueranwendungserlass – UStAE

Abschn. 3.14 und 25b.1 UStAE

BMF, Schreiben v. 7.12.2015, III C2 – S7116-a/13/10001

BMF, Schreiben v. 25.4.2023, III C 2 – S7116 – a/19/10001 :003

EuGH, Urteil v. 6.4.2006, Rs. C-245/04 "EMAG Handel Eder OHG"

EuGH, Urteil v. 16.12.2010, Rs. C-430/09 "Euro Tyre Holding BV"

EuGH, Urteil v. 27.9.2012, Rs. C-587/10 "VStR"

EuGH, Urteil v. 26.7.2017, Rs. C-386/16 "Toridas"

EuGH, Urteil vom 19.4.2018, Rs. C-580/16 "Hans Bühler KG"

BFH, Urteil v. 11.8.2011, V R 3/10

BFH, Urteil v. 28.5.2013, XI R 11/09

BFH, Urteil v. 25.2.2015, XI R 30/13

BFH, Urteil v. 25.2.2015, XI R 15/14

FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 11.8.2015, 3K1637/13

Die genannte Rechtsprechung ist ab 2020 nur noch eingeschränkt anwendbar, da die Besteuerung der innergemeinschaftlichen Reihengeschäfte in der MWSt-Systemrichtlinie ab 1.1.2020 EU-weit komplett neu geregelt wurde.

1 Wann ein Reihengeschäft vorliegt

Ein Reihengeschäft liegt vor, wenn

  • mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte abschließen und
  • der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer gelangt.

Da beim Reihengeschäft mehrere Lieferungen ausgeführt werden, sind mindestens 3 Personen beteiligt.

 
Achtung

Reihengeschäfte auch bei nichtunternehmerischen Abnehmern

Der Abnehmer im Reihengeschäft muss nicht immer ein Unternehmer sein, d. h. ein Reihengeschäft liegt auch vor, wenn zwei Unternehmer und ein Nichtunternehmer ein Liefergeschäft abschließen und der Gegenstand unmittelbar vom ersten Unternehmer zum Nichtunternehmer (Abnehmer) gelangt. Die Anwendung der Vereinfachungsregelung des § 25b UStG für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte ist in diesem Fall allerdings nicht möglich.

Es können jedoch auch mehr als 3 Personen beteiligt sein, die über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen. Im Folgenden werden nur die Reihengeschäfte betrachtet, die mit einer innergemeinschaftlichen Warenbewegung verbunden sind. Reihengeschäfte mit Warenbewegungen aus dem oder in das Drittland sollen hier nicht betrachtet werden.

1.1 Die Finanzverwaltung erläutert die gesetzlichen Voraussetzungen des unmittelbaren Gelangens an den letzten Abnehmer

Die gesetzliche Voraussetzung des unmittelbaren Gelangens des Liefergegenstands vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer wird im BMF-Schreiben vom 7.12.2015[1] näher definiert. Dieses BMF-Schreiben ist zwar noch zur alten, bis zum 31.12.2019 geltenden Rechtslage, ergangen. Da das unmittelbare Gelangen an den letzten Abnehmer jedoch auch heute Voraussetzung für das Reihengeschäft ist, hält die deutsche Finanzverwaltung in dem BMF Schreiben vom 25.4.2023 an den geäußerten Grundsätzen weiterhin fest.

An der Beförderung oder Versendung des Liefergegenstands können entweder nur der Lieferer oder nur der Abnehmer bzw. in deren jeweiligen Auftrag ein Dritter beteiligt sein. Möglich ist aber auch, dass beide, also der Lieferer und auch einer der Abnehmer im Reihengeschäft in den Transport des Liefergegenstands eingebunden sind, weil sie z. B. übereingekommen sind, sich unabhängig von der Frage, wer Kosten und Gefahr trägt, den Transport des Liefergegenstands an den Bestimmungsort zu teilen (sog. gebrochene Beförderung oder Versendung).

[1] BMF, Schreiben v. 7.12.2015, III C2 – S7116-a/13/1000.

1.2 Was bei der gebrochenen Beförderung gilt

Nach Auffassung der Finanzverwaltung fehlt es bei einer gebrochenen Beförderung oder Versendung an der für das Reihengeschäft erforderlichen Unmittelbarkeit der Warenbewegung.[1] Der Vorgang spaltet sich damit in mehrere hintereinander geschaltete und getrennt zu beurteilende Einzellieferungen auf.

 
Praxis-Beispiel

Mehrere hintereinander geschaltete Einzellieferungen

Der deutsche Unternehmer D liefert Waren an den belgischen Abnehmer B, der diese wiederum an sein...

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