Leitsatz

1. Ob der innergemeinschaftliche Erwerb verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch den Abnehmer im Bestimmungsmitgliedstaat den Vorschriften über die Umsatzbesteuerung unterliegt, ist grundsätzlich nach Unionsrecht zu beurteilen.

2. Eine Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch einen im Inland ansässigen Unternehmer an einen in einem Drittland ansässigen Unternehmer, der keine USt-IdNr. verwendet, kann als innerge­meinschaftliche Lieferung steuerfrei sein, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese USt-IdNr. nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 UStG, § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, §§ 26ff. SchaumwZwStG a.F., Art. 16 Abs. 1 Teil B Buchst. e, Abs. 1a, Art. 28a Abs. 1 Buchst. a und c, Art. 28b Teil A Abs. 1, Art. 28c Teil A Buchst. a und c, Teil E der 6. EG-RL, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Buchst. b 92/12/EWG-RL, Art. 7 92/83/EWG-RL, Art. 5 92/84/EWG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt in Deutschland einen Groß- und Einzelhandel mit hochwertigen Weinen.

In ihrer USt-Erklärung behandelte die Klägerin u.a. Zahlungen auf sieben Rechnungen über Weinlieferungen an den F-Fonds, Großbritannien, als Anzahlungen auf steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den Rechnungen wird jeweils auf die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen hingewiesen; ferner ist dort die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) der C genannt, die in Großbritannien ein Verbrauchsteuerlager unterhielt und bei der der F-Fonds über ein Verbrauchsteuerlagerkonto verfügte.

Das FA sah die Weinlieferungen als steuerpflichtig an, weil Abnehmer der Weine der F-Fonds gewesen und eine gültige USt‐IdNr. des F-Fonds nicht (buchmäßig) nachgewiesen sei.

Der Einspruch der Klägerin und ihre anschließende Klage blieben erfolglos (FG München, Urteil vom 18.12.2012, 2 K 2283/10, Haufe-Index 3618866, EFG 2013, 649).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin war begründet; sie führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

Das FG war zu Unrecht davon ausgegangen, dass – was nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG die Steuerfreiheit ausschließt – der innergemeinschaftliche Erwerb der Weine beim F-Fonds in Großbritannien nicht den Vorschriften über die Umsatzbesteuerung unterliegt. Diese Frage beurteilt sich nach Unionsrecht und – entgegen der Auffassung des FG – nicht nach dem nationalen Recht Großbritanniens.

Allerdings könnte der Gewährung der Steuerbefreiung – trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG – entgegenstehen, dass die Klägerin eine USt-IdNr. des F-Fonds als Abnehmer der Weine – entgegen § 17c UStDV – nicht aufgezeichnet hat. Dazu sind indes weitere Feststellungen zu treffen, deren Gegenstand sich aus dem 2. Leitsatz der Entscheidung ergibt.

 

Hinweis

Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG), wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG), wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a UStG) und wenn der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.1.2015 – XI R 5/13

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