Leitsatz

Befördert oder versendet bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft mit drei Beteiligten (A, B und C) und zwei Lieferungen (A an B sowie B an C) der letzte Abnehmer (C) den Gegenstand der Lieferung, ist die Beförderung oder Versendung der ersten Lieferung (A an B) zuzuordnen, es sei denn, der erste Abnehmer (B) hat dem letzten Abnehmer (C) die Befugnis, über den Gegenstand der Lieferung wie ein Eigentümer zu verfügen, bereits im Inland übertragen (Fortführung des BFH, Urteil vom 28.5.2013, XI R 11/09, BFHE 242, 84, BFH/NV 2013, 1524).

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1, Abs. 6 Sätze 5 und 6, Abs. 7 Satz 2, § 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 UStG, § 17a UStDV, Art. 2 Abs. 1, Art. 14, Art. 32 Unterabs. 1, Art. 131, Art. 138 Abs. 1, Art. 139 MwStSystRL

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt als Vertragshändlerin ein Autohaus mit Werkstatt und Fahrzeughandel. Im Jahr 2007 (Streitjahr) veräußerte sie insgesamt 20 neue Pkw an die B mit Sitz in X im Vereinigten Königreich (UK).

Die Klägerin rechnete die Bestellungen jeweils einschließlich Transportkosten und einer Gebühr für die Kfz-Briefe gegenüber der B ohne Umsatzsteuer ab.

B veräußerte die Pkw an die C mit Sitz in Y, UK, unter Ausweis britischer Mehrwertsteuer weiter.

Die Pkw wurden im Streitjahr sukzessive von einer Spedition bei der Klägerin abgeholt und in das UK transportiert. Empfängerin der Lieferungen war ausweislich der insoweit erstellten CMR-Frachtbriefe und der jeweiligen "certificates of shipment" jeweils die C. Diese hatte die Spedition mit dem Transport der Pkw beauftragt und den Transport auch bezahlt.

Die Klägerin behandelte die Lieferungen der Pkw als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Dem folgte das FA nicht.

Das FG gab der Klage statt. Es stehe nicht fest, dass die Klägerin Kenntnis vom Weiterverkauf der Pkw gehabt habe (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4.12.2012, 6 K 2104/10, Haufe-Index 5100957, EFG 2013, 1711).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war begründet. Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Entgegen der Auffassung des FG seien die streitbefangenen Pkw-Lieferungen nicht allein deshalb nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, weil die Klägerin im Jahr 2007 noch keine Kenntnis von der Veräußerung der Pkw durch die B an die C hatte. Im Rahmen der Prüfung des § 6a Abs. 1 UStG seien nicht die subjektiven Kenntnisse der Klägerin, sondern die objektiven Umstände maßgeblich.

Der BFH stellte klar, dass auch dann, wenn der zweite Erwerber (C) eine Spedition mit der Abholung von Waren beim Unternehmer (A) beauftragt, eine Steuerbefreiung der Lieferung des A an B möglich ist, wenn C die Verfügungsmacht an den Waren erst erhalten hat, nachdem diese das Inland verlassen haben. Dies sei bei einer Beförderung durch eine von C beauftragte Spedition zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.

Im Streitfall fehlte die Prüfung, ob zwischen der B und der C die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über die Pkw zu verfügen, stattgefunden hat, bevor die innergemeinschaftliche Warenbewegung erfolgte.

Diese Prüfung muss das FG im zweiten Rechtsgang nachholen.

 

Hinweis

Siehe die Praxis-Hinweise zu dem vorstehend abgedruckten Urteil XI R 15/14.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.2.2015 – XI R 30/13

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge