Seit Einführung der USt-IdNr. für Warenbezüge im umsatzsteuerlichen Binnenmarkt tauchen in der Praxis vor allem folgende Fehler auf:

1. Einseitiges Abstellen auf die ausländische USt-IdNr. des Abnehmers ohne Berücksichtigung der Zuordnung einer grenzüberschreitenden Warenbewegung zum eigenen Umsatz. Achtung: EDV-gestützte Fakturierungssysteme prüfen teilweise nur das Vorhandensein einer fremden USt-IdNr. in der Kundenstammdatei und erzeugen auf diese Weise eine Rechnung über eine steuerfreie Lieferung. Kann dem Umsatz keine oder nur eine inländische Warenbewegung zugeordnet werden, geht der Unternehmer ein hohes steuerliches Risiko ein.

 
Praxis-Beispiel

Einseitiges Abstellen auf die ausländische USt-IdNr.

Die deutsche Firma DE1 erhält von der französischen Firma FR den Auftrag, auf ihre Rechnung Waren an deren Kunden DE2 in München auszuliefern. FR tritt unter der fran­zösischen USt-IdNr. auf.

Die Steuerbefreiung kann wegen Fehlens des Tatbestands einer grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Warenbewegung nicht in Anspruch genommen werden. DE1 hat FR deutsche USt in Rechnung zu stellen. FR kann wegen des Vorliegens einer steuerpflichtigen Inlandslieferung den Vorsteuerabzug nur im normalen Veranlagungsverfahren beim zuständigen deutschen Finanzamt geltend machen (Verrechnung mit eigener Steuerschuld).

2. Ausschließliche Prüfung der innergemeinschaftlichen Warenbewegung ohne Berücksichtigung des Vorhandenseins einer ausländischen USt-IdNr. beim unmittelbaren Abnehmer.

 
Praxis-Beispiel

Ausschließliche Prüfung der innergemeinschaftlichen Warenbewegung

Der Kölner Unternehmer DE erhält von einer in der Schweiz ansässigen Firma CH (ohne USt-IdNr.) den Auftrag, Waren an deren österreichischen Kunden AT zu versenden, der im Besitz einer österreichischen USt-IdNr. ist.

Trotz der möglichen Zuordnung einer innergemeinschaftlichen Warenbewegung zum Umsatz von DE muss wegen des Fehlens der USt-IdNr. eines anderen EU-Mitgliedstaats bei CH (Vertragspartner) die deutsche Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden. Das Vorhandensein einer ausländischen USt-IdNr. beim unmittelbaren Abnehmer (CH) ist seit dem 1.1.2020 materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal der Steuerbefreiung. CH muss sich in Österreich umsatzsteuerlich registrieren, dann kann DE den Umsatz erst als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung abrechnen.[1]

3. Obwohl der unmittelbare Abnehmer im EU-Ausland mit einer USt-IdNr. registriert ist, kann dem Umsatz keine Warenbewegung über eine innergemeinschaftliche Grenze zugeordnet werden. Der Gegenstand gelangt im Auftrag des Abnehmers in das Drittlandsgebiet.

 
Praxis-Beispiel

Keine Warenbewegung ins Gemeinschaftsgebiet

Unternehmer DE erhält den Auftrag, auf Rechnung seines österreichischen Vertragspartners eine Ware nach Russland zum Abnehmer RF zu versenden. Der österreichische Kunde AT verwendet die ihm erteilte österreichische USt-IdNr.

Dem Umsatz des Unternehmers DE an den österreichischen Kunden AT ist eine Waren­bewegung in das Drittlandsgebiet zuzuordnen. Dementsprechend ist die verwandte USt-IdNr. des Abnehmers unerheblich. Es handelt sich um eine steuerfreie Ausfuhrlieferung.[2]

[1] Vgl. zu diesem Sachverhalt aber nach Auslegung der Rechtslage bis 31.12.2019 EuGH, Urteil v. 27.9.2012, C-587/10 (VSTR), BFH/NV 2012 S. 1919.

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