Für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung, aber auch einer Ausfuhrlieferung, ist unabdingbare Vorraussetzung, dass dem eigenen Umsatz die Warenbewegung über die Grenze zugeordnet werden kann. Entsprechend ist bei sog. Reihengeschäften zunächste die warenbewegte Lieferung zu bestimmen.

Die Zuordnung der Warenbewegung (über die Grenze) zum eigenen Umsatz bestimmt sich nach den Kriterien für eine Versendungs- oder Beförderungslieferung gem. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG: "Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet …", kann dem Umsatz eine Warenbewegung zugeordnet werden. Nach dieser Definition muss der Liefergegenstand bei einer Versendungs- oder Beförderungslieferung (Warenbewegung) vom Lieferanten, von dessen unmittelbarem Abnehmer oder einem von den Vertragspartnern beauftrag­ten Dritten (z. B. Lagerhalter oder Lohnveredeler) versendet oder befördert worden sein. Die Beförderung oder Versendung muss im Inland beginnen und im Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats enden. Es kommt demnach auf das physische Verlassen des Inlands und die physische Ankunft des Liefergegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet an.

 
Praxis-Tipp

Prüfung der Zuordnung zur warenbewegten Lieferung

Vor jeder Entscheidung über die Berechtigung zur Fakturierung einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung oder Ausfuhrlieferung ist zu prüfen, ob dem eigenen Umsatz die Warenbewegung zugeordnet werden kann.

Dies ist der Fall, wenn der Lieferant, dessen unmittelbarer Abnehmer oder ein von diesen beiden beauftragter (nicht am Liefergeschäft beteiligter) Dritter den Transportauftrag er­teilen oder den Transport mit eigenen Fahrzeugen ausführen. Dabei muss der Liefergegenstand vom Inland an einen konkreten Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet gelangt sein.

Eine sog. gebrochene Beförderung oder Versendung (Lieferer und Abnehmer bzw. deren Beauftragte transportieren den Gegenstand) ist für die Annahme einer durchgehenden Warenbewegung unschädlich, wenn der Abnehmer zu Beginn des Transports feststeht und der Transport ohne nennenswerte Unterbrechnung erfolgt.[1]

Beispiel:

Der Kölner Unternehmer DE erhält von seinem in Lyon (Frankreich) ansässigen Vertragspartner FR den Auftrag, die bestellte Ware in Freiburg (Deutschland) bereitzustellen, wo sie von einem von FR beauftragten Spediteur übernommen und nach Frankreich transportiert wird. Der Vortransport bis Freiburg ist unschädlich, wenn die Ware ohne größere Unterbrechungen anschließend von dem feststehenden Abnehmer nach Frankreich versendet wird.

Insbesondere in den Fällen der Abholung durch selbstständige Beauftragte des Abnehmers soll nach Ansicht der Finanzverwaltung die Abholberechtigung durch geeignete Unterlagen, wie Auftragsschein mit Abholnummer, Abholschein oder Lieferschein, nachgewiesen werden.[2]

 
Wichtig

Konsignationslagerregelung

Im Rahmen der "Quick Fixes" hat die Konsignationslagerregelung nach § 6b UStG Anfang 2020 Einzug in das nationale Recht gehalten. Grundsätzlich gelten Lieferungen innerhalb der EU, bei denen die Ware im Bestimmungsland vor der Lieferung an den Endabnehmer zwischengelagert wird, als originäre Lieferung innerhalb des Bestimmungslandes. Diese grenzüberschreitenden Lieferungen sind dann keine innergemeinschaftlichen Lieferungen, sondern stellen zunächst bei der Bestückung des Lagers ein steuerfreies innergemeinschaftliches Verbringen dar und würden den leistenden Unternehmer zur umsatzsteuerlichen Registrierung innerhalb des Bestimmungslandes verpflichten.

Unter den Voraussetzungen des § 6b UStG kann eine direkte innergemeinschaftliche Lieferung zum Zeitpunkt der Lagerentnahme angenommen werden, sodass der administrative Aufwand hinsichtlich einer Registrierung im Mitgliedsstaat obsolet wird.

Die Zweifelsfragen, die hinsichtlich der rechtlichen Handhabung aufgekommen sind, hat das BMF versucht mit dem Schreiben vom 10.12.2021 zu klären, wobei die festgelegten Grundsätze rückwirkende Anwendung auf alle Umsätze über Konsignationslager finden, bei denen der Transport nach dem 31.12.2019 begonnen hat.[3]

Insbesondere wurde dabei die BFH-Rechtsprechung berücksichtigt, unter welchen Voraussetzungen bei zwischenzeitlicher Lagerung eine direkte innergemeinschaftliche Lieferung an den Abnehmer angenommen werden kann.[4] Das ist der Fall, wenn der spätere Erwerber bereits bei Transportbeginn feststeht, weil er z.B.. den Liefergegenstand verbindlich bestellt oder bereits bezahlt hat.[5]

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