Rz. 37

Insbesondere Defekte von Einzelteilen oder die Anpassung an den fortgeschrittenen technischen Standard können Ursachen dafür sein, dass Teile einer EDV-Anlage ausgetauscht werden oder eine EDV-Anlage um bestimmte Komponenten, z. B. eine zweite Festplatte oder ein zusätzliches Laufwerk, erweitert wird. Im Zusammenhang mit einer solchen Aufrüstung von Hardware stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Aufwendungen für die Austauschteile als Aufwand sofort abzugsfähig sind oder ob diese zu nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten führen. Hierbei ist zudem zu klären, ob sich die Nutzungsdauer der EDV-Anlage damit verlängert.

 

Rz. 38

Ob Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand[1] vorliegt, ist nach den allgemeinen Kriterien zu beurteilen.[2] Dementsprechend ist Erhaltungsaufwand anzunehmen, wenn bereits vorhandene Teile lediglich erneuert werden. Hingegen ist von aktivierungsfähigem Herstellungsaufwand auszugehen, wenn der Austausch zu einer Erweiterung oder einer wesentlichen, über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden Verbesserung der EDV-Anlage führt. Dass die vorhandene EDV-Anlage durch eine Aufrüstung derart ihr Wesen ändert, dass ein neuer Vermögensgegenstand vorliegt, sollte dagegen angesichts der besonderen Verhältnisse bei EDV-Anlagen selten vorkommen. Unter wirtschaftlichen Aspekten wird die Ersatzbeschaffung eines neuen Rechners regelmäßig einer – zu einem neuen Vermögensgegenstand führenden – Umrüstung vorzuziehen sein.

 

Rz. 39

Der Austausch defekter Komponenten gegen solche mit gleicher technischer Leistung dürfte unstrittig zu Erhaltungsaufwand führen. Allerdings wird dieser Fall nur selten anzutreffen sein, etwa wenn ein defektes internes Laufwerk ausgetauscht wird. Wenn hingegen bspw. ein Arbeitsspeicher oder eine Festplatte durch eine neue Komponente ersetzt wird, geht damit – allein aufgrund des technischen Fortschritts – schon fast zwangsläufig eine Verbesserung des Rechners in Form einer Speichererweiterung einher. Diese bedeutet jedoch keine die Einstufung als Herstellungsaufwand rechtfertigende Erweiterung i. S. e. Substanzmehrung, denn diese ist stets mit Blick auf den Vermögensgegenstand als Ganzes und nicht in Bezug auf einzelne Teile erforderlich.[3]

 

Rz. 40

Herstellungsaufwand kann jedoch dann vorliegen, wenn durch den Austausch eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Zustand eintritt. Der ursprüngliche Zustand ist derjenige zum Zeitpunkt des Erwerbs der EDV-Anlage[4] oder ggf. zum Zeitpunkt der letzten (wesentlichen) Verbesserung. Eine Verbesserung ist dann als wesentlich anzusehen, wenn sie über die zeitgemäße Erneuerung hinaus zu einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts des Vermögensgegenstands im Ganzen führt, was danach zu beurteilen ist, ob ein höheres Nutzungspotenzial geschaffen wird.[5] Zu Herstellungsaufwand kann daher im Hinblick auf Hardware nur ein Bündel von Maßnahmen führen, etwa der gleichzeitige Austausch von Festplatte, Arbeitsspeicher und Grafikkarte durch verbesserte Komponenten; erst dann steigt der "Gebrauchswert" im Ganzen.

 

Rz. 41

Denkbar ist auch der Einbau von Komponenten in einen Rechner, die bei dessen Anschaffung noch nicht vorhanden waren. Die Kosten für den Einbau eines Zusatzgeräts in ein bereits vorhandenes Computergehäuse mit der Folge einer Kapazitätserhöhung des Hauptspeichers und der Möglichkeit, spezielle Platteneinrichtungen an das System anzuschließen, hat der BFH als nachträgliche Herstellungskosten beurteilt.[6] Gleiches muss auch dann gelten, wenn ein Rechner z. B. erstmals mit einem internen Sicherungslaufwerk oder einer zweiten Festplatte ausgestattet wird.

 

Rz. 42

Sowohl im Fall des Austauschs gegen eine Komponente mit höherem Nutzungspotenzial (Rz. 40) als auch im Fall des nachträglichen Einbaus zusätzlicher Komponenten (Rz. 41) erhöht sich der Restbuchwert der in Rede stehenden EDV-Anlage um die nachträglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.

 
Praxis-Beispiel

Zu Beginn des Jahres 01 wurde ein Personalcomputer für 3.000 EUR erworben und seither linear abgeschrieben. Im Januar 02 werden eine größere SSD-Festplatte für insgesamt 500 EUR in den Rechner eingebaut. Bei unveränderter Nutzungsdauer (insgesamt 3 Jahre) ergibt sich folgender Abschreibungsverlauf:

 
  EUR
Anschaffungskosten 01 3.000
– Abschreibung 01 – 1.000
Restbuchwert 31.12.01 2.000
+ nachträgliche Anschaffungskosten 02 + 500
– Abschreibung 02 – 1.250
Restbuchwert 31.12.02 1.250
– Abschreibung 03 – 1.249
Erinnerungswert 31.12.03 1
 

Rz. 43

vorläufig frei

[2] Vgl. Beater, DStR 1990, S. 201 ff.
[3] Vgl. Schubert/Hutzler, in Grottel/Justenhoven/Schubert/Störk, Beck'scher Bilanz-Kommentar, 2022, § 255 HGB Rz. 324.
[5] Vgl. Schubert/Hutzler, in Grottel/Justenhoven/Schubert/Störk, Beck'scher Bilanz-Kommentar, 2022, § 255 HGB Rz. 330.
[6] Vgl. BFH, Urteil v. 20.3.1981, III R 89/79.

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