Übt der Influencer seine Tätigkeit als Einzelunternehmer oder im Rahmen einer Personengesellschaft (bspw. zusammen mit weiteren Influencern) aus und gibt er seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auf gilt Folgendes: Es kann entweder in Bezug auf Einzelwirtschaftsgüter zur Entstrickung des Betriebsvermögens nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG oder zur fiktiven Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3a EStG und damit zur Aufdeckung von stillen Reserven kommen.[1] Unter entsprechender Anwendung des § 4g EStG n. F. bzw § 36 Abs. 5 EStG n. F. ist auch für Fälle des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG auf Antrag eine ratierliche Zahlung der auf die aufgedeckten stillen Reserven entfallenden Steuer über 5 Jahre ohne Verzinsung jedoch regelmäßig gegen Sicherheitsleistung möglich.

 
Praxis-Beispiel

Entstrickung von Einzelwirtschaftsgütern

Beispiel: Erick Abel ist Influencer und spezialisiert auf Zweirad-Motorsport. Seine Tätigkeit übt er als Einzelunternehmer aus. Diese ist vollumfänglich als gewerblich zu qualifizieren. Er ist aufgrund seines Wohnsitzes in der Eifel (Deutschland) mit seinem Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig. Die der Tätigkeit zugehörige Betriebsstätte befindet sich an seinem Wohnsitz. Dort verfügt er über semi-professionell eingerichtete Aufnahmeräume. In seinen Video-Blogs berichtet er insbesondere über neue Motorradtypen, Motorradtechnik, Zubehör, Anbau- und Tuningteile und testet diese auf einer nahegelegenen Rennstrecke.

Da die in der Eifel gelegene Rennstrecke über die Wintermonate nur eingeschränkt nutzbar ist und sein Geschäftsmodell bzw. seine Zielgruppe nach permanent erzeugtem Content verlangt, beschließt er Räumlichkeiten an einer in Südeuropa gelegenen Rennstrecke anzumieten. Dort richtet er ebenfalls ein Produktionsstudio ein. Die Räumlichkeiten verfügen über eine Möglichkeit kleinere Reparaturen vorzunehmen oder bestimmte Tuning-Teile zu montieren. Die Testprodukte lässt er von den Herstellern direkt dort anliefern. Die Annahme übernimmt ein Rentner, den Abel auf Stundenbasis angestellt hat. Insgesamt liegt sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht des ausländischen Staates eine Betriebsstätte vor. Abel begründet weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland.

Überführt Abel nun Wirtschaftsgüter in die ausländische Betriebsstätte (bspw. Werkstattgeräte, Motorräder, Video- oder IT-Ausstattung), die dem Anlage- oder Umlaufvermögen zuzurechnen sind, kommt es zur Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz EStG (fiktive Entnahme) mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist. Auf den Differenzbetrag zum Buchwert (fiktiver Veräußerungsgewinn) im Zeitpunkt der Entnahme (aufgedeckte stille Reserven) kann er auf Antrag einen Ausgleichsposten nach § 4g EStG bilden. Dieser ist im Wirtschaftsjahr der Bildung sowie in den vier Folgejahren in 5 gleichen Teilen aufzulösen. Betragen die stillen Reserven bspw. 40.000 EUR und wird das Wirtschaftsgut im Oktober entnommen, sind vom zu bildenden Ausgleichsposten i. H. v. 40.000 EUR im Jahr der Bildung 8.000 EUR (= 40.000 x 1/5) gewinnerhöhend aufzulösen. Würde Abel den Antrag nicht stellen, hätte er anstatt 8.000 EUR den gesamten Betrag von 40.000 EUR im Jahr der Entnahme zu versteuern.[2]

Die Bildung eines Ausgleichspostens nach § 4g EStG ist auch bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG möglich.[3] Auch abkommensrechtlich ist der fiktive Veräußerungsgewinn dem abgebenden Staat bzw. Unternehmensteil zuzuordnen. Deutschland behält demnach regelmäßig auch bei Bestehen eines DBA das Besteuerungsrecht. Die Abschreibungen fallen nach Übertragung fortan der ausländischen Betriebsstätte zu.[4]

Die Entstrickung einzelner Wirtschaftsgüter bei einer Kapitalgesellschaft richtet sich nach § 12 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4g EStG.

Hat der Influencer zur Ausübung seiner Tätigkeit eine Kapitalgesellschaft (i. d. R. GmbH) gegründet und gibt dann seinen Wohnsitz in Deutschland auf, bspw. um auf unbestimmte Zeit um die Welt zu reisen, können daraus erhebliche steuerlichen Konsequenzen entstehen. Neben der bereits angesprochenen Wegzugsbesteuerung ist dabei insbesondere die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 2 AStG zu beachten. Diese greift immer dann durch, wenn mit dem Zuzugsstaat kein DBA besteht oder ein DBA besteht, das die Vorschriften der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nachvollzieht (bspw. DBA Deutschland/Schweiz). Besteht zwar ein DBA und enthält dies keine besonderen Bestimmungen, schlägt die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nicht durch. Die Regelungen des DBA sind vorrangig. Zudem enthält § 2 AStG keinen treaty override.[5]

Nach der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes und ohne gewöhnlichen Aufenthalt ist der Influencer, sofern er inländische Einkünfte nach § 49 EStG erzielt, mit diesen im Inland beschränkt steuerpflichtig. Ist der Influencer deutscher Staatsangehöriger und war er innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Wegzug mindestens 5 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig i. S. d. § 1 ...

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