Mit der erfolgreichen kurz- und mittelfristigen Absicherung des Unternehmens ist die Liquidität für das Erste gesichert: jetzt beginnt die Arbeit der Stabilisierung. Während diese gewonnene Liquiditätstransparenz selbstverständlich in Phase 2 fortgeführt wird und die Prognosen in regelmäßigen Abständen wiederholt werden sollten, hat der Controller hauptsächlich zwei Aufgaben in dieser Phase: Zum einen sollte die Zahlungsfähigkeit sichergestellt und zum anderen sollten erste Kostensenkungs- bzw. Einsparprogramme initiiert werden. Neben der Prüfung von staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten ist es ratsam, mit den Hausbanken möglicherweise neue Kreditlinien auszuhandeln oder andere schnelle Finanzierungsformen zu nutzen. Für konkrete Beispiele von Maßnahmen zur Kosten- und Effizienzsteigerung wollen wir an dieser Stelle auf das Kap. 4.3 verweisen; dort finden sich abteilungsspezifische Maßnahmen und Vorschläge. Der Controller ist für die Planung, Initiierung sowie Steuerung dieser Sparprogramme verantwortlich. Das bedeutet auch, dass er unerwartete negative Entwicklungen – durch die Programme – schnell revidieren kann. Die Konsequenzen aus den Maßnahmen sind zu quantifizieren und sollten Bestandteil der regelmäßig Reportings und Forecasts sein. Eine leitende Prämisse kann hierbei sein den Break-even für möglichst viele Produkte und Services durch Kostensenkung erheblich zu reduzieren. Letztlich sollte der Controller Möglichkeiten eines rentabilitätsorientierten Portfoliomanagements evaluieren: das bedeutet, dass sich alle Produkte, Prozesse, Investitionen und auch Landesgesellschaften harten finanziellen Kriterien-Checks unterziehen müssen. Hier kann es sich anbieten, geeignete Kriterien für die Portfolioauswahl im Vorfeld festzulegen und sich dabei an vergangenheitsorientierten Durchschnitts- bzw. Normalwerten zu orientieren.

Für viele Unternehmen ist gerade in der Phase der Stabilisierung das Thema Homeoffice vor dem Hintergrund der Hygiene- und Sicherheitsvorschriften kaum noch zu umgehen. Laut einer McKinsey-Studie (USA) (s. Abb. 12) hat die Vollzeitbeschäftigung im Homeoffice in allen Industrien stark zugenommen. Es ist anzunehmen, dass die Entwicklung im deutschen Markt ähnlich aussieht. Ein Vorteil der "gezwungenen" Homeoffice-Umstellung führt zumindest in vielen Bereichen dazu, dass die Digitalisierung von Prozessen schneller vorangetrieben werden kann. Agile Arbeitsmethoden und Homeoffice müssen sich nicht gegenseitig behindern, sondern können sich mit richtiger Vorbereitung und Durchführung ergänzen. Banken und Finanzdienstleister sind derweil im Fernvertrieb und haben Serviceteams etabliert, Kunden werden digital angesprochen. Auch wenn digitale Bestelloptionen in Supermärkten bereits vor der Corona-Krise verfügbar waren, werden sie jetzt umso mehr genutzt. Nach dem abrupten Aussetzen des Unterrichts an den Schulen und Universitäten gibt es nun zahlreiche Methoden, angefangen bei digitalen Klassenzimmern bis hin zur Online-Vorlesung. Diese Beispiele sollen verdeutlichen, dass die Digitalisierung in der Krise einen festen Bestandteil der Stabilisierung von Unternehmen darstellt. Hier zeigt sich ganz deutlich: Wer jetzt immer noch den Sprung in die nahezu gesamte Digitalisierung des Unternehmens verpasst, wird sowohl bei Unternehmensstabilisierung als auch -weiterentwicklung starke Nachteile haben.

Abb. 12: Anteile der Mitarbeiter, die aus der Ferne Vollzeit arbeiten (in Prozent)[1]

Trotz Homeoffice-Umstellungen wird die Phase 2 für viele Unternehmen gravierend und in Einzelfällen existenzgefährdend werden. Die Umsätze und die Auftragseingänge werden extrem zurückgehen. In Corona-Zeiten kann dies in vielen Industrien Rückgänge von bis zu 50 % oder mehr des bisherigen "Normal"-Monatsumsatzes ausmachen. Auf das Jahr 2020 hochaggregiert, sind massive Rückgänge der Umsätze bei "Nicht-Krisen-Gewinnern" (wie z. B. der Automobilindustrie oder der B2B-Logistikbranche) unschwer zu erahnen. Sechs Monate im Jahr 2020 mit 40 % weniger Umsatz als geplant macht auf das Jahr bezogen 20 % weniger Umsatz im Vergleich zum Plan. Damit ist bereits der geplante operative Gewinn extrem gefährdet oder eliminiert und die Liquiditätsposition wenigstens angegriffen. Hinzu kommt für viele Unternehmen noch die Notwendigkeit Akquisitionen oder Tochtergesellschaften neu zu bewerten, was die Gewinne zusätzlich negativ beeinflussen wird. Existenzbedrohend werden Krisen schätzungsweise erst bei 40 % Umsatzrückgang im Vergleich zu einem vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

[1] In Anlehnung an McKinsey & Company, 2020a.

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