Rz. 100

Die Neubewertungsmethode kommt nur bei solchen immateriellen Vermögenswerten zur Anwendung, deren beizulegender Wert auf Basis eines aktiven Marktes ermittelt werden kann. Diese als Objektivierungskriterium gedachte Anwendungsvoraussetzung schränkt die Anwendung der Neubewertungsmethode im Gegensatz zu den Bewertungsvorschriften bei Sachanlagen, für die gemäß IAS 16.31 ff. die Neubewertungsmethode unbegrenzt erlaubt ist, erheblich ein,[1] da nach IFRS 13.A der aktive Markt ein Markt ist, "auf dem Geschäftsvorfälle mit dem Vermögenswert […] mit ausreichender Häufigkeit und Volumen auftreten, so dass fortwährend Preisinformationen zur Verfügung stehen". Angesichts dessen folgert IAS 38.78, dass ein aktiver Markt für immaterielle Vermögenswerte normalerweise nicht existiert, da Vermögenswerte wie Markennamen, Drucktitel bei Zeitungen, Musik- und Filmverlagsrechte, Patente oder Warenzeichen einzigartig sind und daher Transaktionen relativ selten stattfinden, weshalb in diesen Fällen die Anwendung der Neubewertungsmethode scheitert. Typische Anwendungsbereiche sind in diesem Kontext insbesondere Taxi- und Fischereilizenzen oder Produktionsquoten.

Aufgrund der Abhängigkeit der Anwendung der Neubewertungsmethode von bestimmten Voraussetzungen bestehen Bestimmungen über die Vorgehensweise bei einer Änderung der Sachverhaltsbedingungen. Hört ein aktiver Markt zu existieren auf, so stellt der letzte Buchwert des Vermögenswerts im Rahmen der Neubewertung, abzüglich der später kumulierten Abschreibungen und der später kumulierten außerplanmäßigen Wertminderungen, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dar (IAS 38.82). Entsteht ein aktiver Markt erst später, kann das bilanzierende Unternehmen ab dem folgenden Abschlussstichtag für die Neubewertungsmethode optieren (IAS 38.84).

 

Rz. 101

Wird die Neubewertungsmethode auf einen immateriellen Vermögenswert angewendet, so ist gemäß IAS 38.72 die gesamte Gruppe, zu der dieser Vermögenswert gehört, neu zu bewerten, es sei denn, es existiert kein aktiver Markt für diese anderen Vermögenswerte dieser Gruppe. Eine Gruppe bilden nach IAS 38.73 gleichartige und hinsichtlich ihres Verwendungszwecks ähnliche Vermögenswerte. Existiert kein aktiver Markt für einen immateriellen Vermögenswert dieser Gruppe, so ist dieser Vermögenswert nach IAS 38.81 mit den fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten zu bewerten.[2] Der anzusetzende Wert entspricht dem beizulegenden Zeitwert des immateriellen Vermögenswerts am Tag der Neubewertung, abzüglich der kumulierten planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen der folgenden Perioden (IAS 38.75). Der beizulegende Zeitwert wird aus dem aktiven Markt abgeleitet und entspricht regelmäßig dem veröffentlichten Marktpreis.[3] Werterhöhungen werden erfolgsneutral in einer Neubewertungsrücklage im Eigenkapital erfasst.[4] Sind allerdings in früheren Perioden Wertminderungen erfolgswirksam erfasst worden, wird die Wertsteigerung bis zu der Gesamthöhe der Wertminderungen erfolgswirksam bilanziert. Besteht ein Neubewertungsüberschuss aufgrund vorhergehender Wertsteigerungen, mindern künftige Wertminderungen zunächst erfolgsneutral den Neubewertungsüberschuss bis zu seiner Auflösung. Erst dann werden weitere Wertminderungen erfolgswirksam erfasst.

[1] Vgl. Achleitner/Behr/Schäfer, Internationale Rechnungslegung, 4. Aufl. 2009, S. 106.
[2] Vgl. Pellens/Fülbier/Gassen/Sellhorn, Internationale Rechnungslegung, 10. Aufl. 2017, S. 405.
[3] Vgl. Baetge/von Keitz, in Baetge u. a., Rechnungslegung nach IFRS, Kommentar auf der Grundlage des deutschen Bilanzrechts, IAS 38 Rz. 115, Stand: Juni 2020; Fasselt/Radde, Immaterielle Vermögensgegenstände, in Böcking u. a., Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, Stichwort B 211 Rz. 412, Stand: März 2020.
[4] Vgl. hierzu ausführlich Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 15. Aufl. 2019, S. 300.

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