Rz. 339

Äußerst kritisch wird es, wenn in einer Zwei-Personen-GmbH ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftern vorliegt und diese den jeweils anderen aus der Gesellschaft drängen wollen. In diesem Fall ist es möglich, zu versuchen, sich gegenseitig die Geschäftsanteile zu entziehen.[1]

 

Rz. 340

Erforderlich ist auch in diesem Fall ein förmlicher Gesellschafterbeschluss.[2] Der jeweils Betroffene ist hierbei entsprechend § 47 Abs. 4 Satz 2 GmbHG vom Stimmrecht ausgeschlossen, denn der Betroffene würde in solchen Konstellationen stets zum Richter in eigener Sache.

Des Weiteren müssen die jeweiligen Anträge der beiden Gesellschafter gemeinsam behandelt[3] und die Beschlussfassungen über die Einziehungen zusammengefasst[4] werden. Letztlich liegen zwei sich widersprechende Beschlüsse vor, sodass es im Weiteren einer gerichtlichen Klärung bedarf. Eine Umsetzung der Beschlüsse ist nicht möglich, da ansonsten kein Gesellschafter in der GmbH verbliebe.

 

Zwingend Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage

Es muss somit zunächst Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erhoben werden, um die Nichtigkeit des jeweils anderen Beschlusses zu bewirken bzw. festzustellen. Klagegegner ist in diesen Fällen nach allgemeinen Grundsätzen zwar die Gesellschaft vertreten durch ihren Geschäftsführer, da dies in den genannten Fällen aber nur selten sinnvoll ist, wird bei der Zwei-Personen-GmbH einhellig anerkannt, dass die Klage direkt gegen den Mitgesellschafter erhoben werden kann, welchem hierdurch wiederum die Möglichkeit eröffnet wird, Widerklage zu erheben.[5]

 

Rz. 341

Im gerichtlichen Verfahren bedarf es dann einer umfassenden Abwägung der konkreten Umstände, die insbesondere zu beachten hat, ob auch bei dem anderen Gesellschafter entsprechende Verursachungsbeiträge vorliegen.[6] Üblicherweise ist dies bei einem Zerwürfnis in einer Zwei-Personen-Gesellschaft gegeben, es muss somit evaluiert werden, ob einem der beiden Gesellschafter ein überwiegender Vorwurf zu machen ist, sodass eine Einziehung seines Geschäftsanteils gerechtfertigt ist.[7] Kann ein solches Überwiegen nicht festgestellt werden, so ist eine Einziehung nicht möglich, es kommt nur eine Auflösung der Gesellschaft in Betracht.

 

Rz. 342

Ist das Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftern derart tiefgreifend, dass eine Fortführung der Tätigkeiten nicht möglich ist, so besteht die Möglichkeit, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verfügung zu erwirken, in der einem der beiden Gesellschafter vorläufig die Ausübung seiner Gesellschafterrechte untersagt wird.[8]

[1] Eine Mindermeinung möchte die Gesellschafter in diesen Fällen auf die Ausschlussklage verweisen, z. B. Wolf, ZGR 1998, S. 92, 104. Hierzu führt Strohn, in MüKo-GmbHG, § 34 Rn. 94 aber richtigerweise aus, dass dieses Verständnis dann auch auf solche Situationen ausgedehnt werden müsse, in denen mehrere Gesellschafter in zwei Lagern vorhanden seien. Dies wäre zu weitgehend.
[3] OLG München, Urteil v. 8.10.1993, 23 U 3365/93, GmbHR 1994 S. 251, 252; Fastrich, in Baumbach/Hueck § 34 Rn. 14.
[4] Strohn, in MüKo-GmbHG, § 34 Rn. 94.
[5] Strohn, in MüKo-GmbHG, § 34 Rn. 95.
[7] OLG Stuttgart, Urteil v. 19.12.2012, 14 U 10/12, GmbHR 2013 S. 414, 417; Zur Ausschließung eines Gesellschafters: BGH, Urteil v. 10.6.1991, II ZR 234/89, GmbHR 1991 S. 362, 363 m. w. N.
[8] Strohn, in MüKo-GmbHG, § 34 Rn. 96.

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