Rz. 132

Eine Beurkundung im Ausland ist unproblematisch möglich vor deutschen Konsularbeamten im Rahmen ihrer Amtsbefugnisse (§ 10 KonsularG). Von dieser Möglichkeit wird freilich nur selten Gebrauch gemacht.

 

Rz. 133

Nach herkömmlicher Auffassung[1] ist eine Beurkundung durch einen ausländischen Notar dann – allerdings auch nur dann – möglich, wenn die Beurkundung die Formerfordernisse einer deutschen Urkunde erfüllt (also insbesondere verlesen wird) und der Notar nach seiner Vorbildung und Stellung in der Rechtspflege mit einem deutschen Notar vergleichbar ist. Denn Art. 11 EGBGB, der alternativ die am Ort des Rechtsgeschäftes geltenden Formvorschriften genügen lässt, ist nach heute allgemeiner Meinung auf Rechtsgeschäfte, die den Status von Gesellschaften betreffen (insbesondere Gründung, Kapitalveränderungen, Satzungsänderungen) nicht anwendbar.[2] Vergleichbarkeit wurde herkömmlich von deutschen Gerichten bejaht für Österreich sowie einzelne Schweizer Kantone (Basel, Zürich, Bern, Luzern und Zug).[3] Bejaht wird die Vergleichbarkeit außerdem für das sogenannte Lateinische Notariat, also auch für die romanischen Länder.[4] Zu verneinen ist sie für die angloamerikanischen notaries, weil deren Tätigkeitsbereich sich auf – aus deutscher Sicht – beglaubigende Tätigkeiten beschränkt.

 

Rz. 134

Die herkömmliche, Auslandsbeurkundungen unter bestimmten Voraussetzungen zulassende Ansicht wurde zwischenzeitlich kritischer gesehen.[5] Zunehmend wurde die materielle Richtigkeitskontrolle als Funktion der Beurkundung gesehen, die – anders als die Belehrung durch den Notar (§ 17 BeurkG) – nicht verzichtbar sei.[6] Rückenwind bekamen die Kritiker durch das MoMiG.[7] Unter- und obergerichtliche Entscheidungen ergaben zunächst kein einheitliches Bild.[8] Mittlerweile scheint durch je zwei Entscheidungen des Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs eine gewisse Entspannung einzutreten. Für die GmbH-Gründung vor einem Berner bzw. Basler Notar stellte das Kammergericht fest, dass das Registergericht das Eintragungsverfahren nicht beanstanden kann, wenn die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben worden ist.[9] Ohnehin empfiehlt sich zur Sicherstellung der Gleichwertigkeit generell bei Beurkundungen in der Schweiz, auf die Verlesung der gesamten Urkunde nebst Anlagen durch den Notar zu bestehen (auch wenn dies nach Schweizer Recht nicht erforderlich ist). Der BGH hat entschieden, dass Hauptversammlungen von SEs/AGs – bei entsprechender Satzungsregelung – im Ausland abgehalten und dann von einem dortigen Notar auch nach § 36 BeurkG beurkundet werden können, wenn das Beurkundungsverfahren als gleichwertig anzusehen ist.[10] Mit Blick auf die Gründung ist allerdings einschränkend anzumerken, dass diese Willenserklärungen enthält und somit nach § 1 BeurkG zu beurkunden ist; mit einer Beurkundung nach § 1 BeurkG gehen weitergehende Prüfungs- und Belehrungspflichten des Notars einher als bei einer Beurkundung von nach §§ 36ff. BeurkG, wie sie bei der Gründung erforderlich ist. Weiter hat der BGH auch bei einer in Basel beurkundeten Übertragung von Geschäftsanteilen an einer GmbH die ausreichende Vergleichbarkeit und damit die Wirksamkeit angenommen, und zwar ausdrücklich auch für die Zeit seit Inkrafttreten des MoMiG.[11] Damit ist den Kritikern von Auslandsbeurkundungen der Wind aus den Segeln genommen, die mit Blick auf das MoMiG (insbesondere die vom Notar zu erstellende Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 2 GmbHG) eine Gleichwertigkeit generell ablehnen. Wenn auch die Anteilsübertragung hinsichtlich der Eingriffstiefe in die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen mit der Gründung nicht ganz vergleichbar ist, zeigt eine Zusammenschau beider neuerer BGH-Urteile, dass die grundsätzliche Skepsis gegenüber Auslandsbeurkundungen unangebracht ist. Dennoch empfiehlt sich bei geplanter Auslandsbeurkundung weiterhin eine vorherige Abstimmung mit dem zuständigen Registerrichter oder Rechtspfleger.

 

Rz. 135

Das in der Praxis häufige Problem der schweren Verfügbarkeit aller für die Beurkundung benötigten Personen beim Notar lässt sich am leichtesten durch Vollmachten lösen (dazu sogleich).

[1] Zum Meinungsstand mit zahlreichen Nachweisen: Heinze, in MüKo-GmbHG, § 2 Rn. 44 ff.; ausdrücklich sollte dies durch das Gesetz zum Int. Privatrecht der Gesellschaften geregelt werden (Art. 11 Abs. 6 EGBGB-E).
[2] RegBegr. zu Art. 11 EGBGB, BT-Drucks. 10/504 S. 49; OLG Hamm, Beschluss v. 1.2.1974, 15 Wx 6/74, NJW 1974 S. 1057 f.; LG Augsburg, Beschluss v. 4.6.1996, 2 HK T 2093/96, NJW-RR 1997 S. 420 f.; Heinze, in MüKo-GmbHG, § 2 Rn 44d; Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 2 Rn. 9; Jaeger, in Beck-OK-GmbHG, § 2 Rn. 12.
[3] Vgl. insb. BGH, Urteil v. 16.2.1981, II ZB 8/80, BGHZ 80 S. 76, 80 = DB 1981 S. 983; BayObLG, Urteil v. 18.10.1977, BReg 3 Z 68/76, BayObLGZ 1977 S. 244; LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 28.8.1991, 4 HK T 489/91, NJW 1992 S. 633; weitere Nachweise bei Fastrich, in Baumbach/Hue...

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