8.1 Elementarschadenversicherung

Dieser grobe Überblick zeigt, dass für den Ernstfall die Hoffnungen auf Ersatz-, Entschädigungs- und Ausgleichsansprüche nicht zu hoch geschraubt werden dürfen. Im Hinblick auf die eher durchwachsenen Aussichten auf Wiedergutmachung durch die öffentliche Hand sollte auch in diesem Bereich verstärkt auf private Vorsorge gesetzt werden.

 
Praxis-Tipp

Elementarschadenversicherung

Neben der Möglichkeit besonderer baulicher Maßnahmen zum Schutz seines Eigentums sollte der Grundbesitzer seinen Versicherungsschutz überprüfen. Im Rahmen der Wohngebäudeversicherung könnte eine sog. Elementarschadenversicherung[1] zukünftig für ruhigeren Schlaf sorgen. Nahezu alle Gebäude in Deutschland sind gegen Überschwemmungen versicherbar. Freilich richten sich die Prämien für die Abdeckung des Risikos nach der jeweiligen Gefährdungsstufe.[2]

Zonierungssystem für Überschwemmungsrisiko

Grundsätzlich richten sich die Versicherer bei Hochwasserschadensversicherungen nach dem "Zonierungssystem für Überschwemmungsrisiko und Einschätzung von Umweltrisiken" (kurz ZÜRS) des Branchenverbands GDV. Dieses unterscheidet 4 Zonen. Nur 1,5 % oder 335.000 Adressen in Deutschland liegen dabei in den Zonen 3 und 4, in denen sich Hochwasser einmal in 10 bis 100 Jahren oder mindestens einmal in 10 Jahren ereignen. Der GDV erweitert aktuell die ZÜRS-Zonen um 3 Starkregen-Gefährdungsklassen, die Gebäude nach Kuppen-, Mittelhang- oder Tal- und Bachlage unterscheiden.[3]

Auf politischer Ebene wird sogar die Einführung einer Pflichtversicherung erwogen.

[1] Dazu ausführlich Elementarschadenversicherung.
[2] Dazu Mertes, VW (Versicherungswirtschaft) S1/2014, S. 32.
[3] FAZ v. 30.7.2021.

8.2 Versicherungsbedingungen

Kommt es zu einem "Rückstauschaden", der durch die normale Wohngebäudeversicherung nicht abgedeckt ist, stellt sich mitunter die Frage, ob im Rahmen der Anbahnung des Versicherungsvertrags das Versicherungsunternehmen seine aus § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG folgende Beratungspflicht verletzt hat.[1]

Die Gerichte sind bei der Annahme einer Überschwemmung im Sinne der Elementarschadenversicherung allerdings nicht besonders großzügig.

 
Praxis-Beispiel

Verneinung einer "Überschwemmung"

Läuft Regenwasser über eine schräge Abfahrt in eine im Keller gelegene Garage und von dort aus in angrenzende Räume, so handelt es sich nicht um eine solche Überschwemmung.[2]

Gleiches gilt für das Aufstauen von Niederschlagswasser in einem Lichtschacht infolge dessen unzureichender Entwässerung.[3]

Überhaupt gilt: Von einer Überschwemmung eines Geländes kann nicht ausgegangen werden, wenn Wassermassen in ein Gebäude hineinfließen.[4]

In jedem Fall ist genauer Vortrag erforderlich, wo und auf welche Weise sich auf der Geländeoberfläche erhebliche Wassermengen angesammelt haben. Es genügt nicht, dass Wasser ohne eine solche Ansammlung außerhalb des Grundstücks in ein Gebäude hineingeflossen ist.[5] Im Übrigen kann auch bei einer Zusatzversicherung gegen Elementarschäden der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer bei Gebäudeschäden infolge Starkregens nur erwarten, dass bestimmte in den Bedingungen definierte Risiken – wie Rückstau und Überschwemmung – gedeckt sind.[6]

Der in einer Versicherung für Überschwemmungsschäden enthaltene Ausschluss für Schäden durch Sturmflut greift nicht ein, wenn die Schäden nicht unmittelbar durch eine Sturmflut verursacht wurden, sondern sich lediglich als mittelbare Auswirkung darstellen.[7]

[1] OLG Nürnberg, Beschluss v. 3.2.2021, 8 U 3271/20, juris.
[3] OLG Karlsruhe, Urteil v. 20.9.2011, 12 U 92/11, NJW-RR 2012 S. 34; zur Kausalität zwischen der in einer Wohngebäudeversicherung versicherten Gefahr "Überschwemmung des Grundstücks" und dem dabei eingetretenen Gebäudeschaden vgl. BGH, Urteil v. 20.4.2005, IV ZR 252/03, NZM 2005 S. 798.
[4] OLG Koblenz, Beschluss v. 15.12.2017, 10 U 811/16, NJOZ 2018 S. 1891; eingehend Böhm/Spielmann, ZfSch 2018, S. 244.
[6] KG Berlin, Beschluss v. 18.5.2018, 6 U 162/17, juris (betreffend die Überlastung des Balkonentwässerungssystems).
[7] BGH, Urteil v. 26.2.2020, IV ZR 235/19, NJW 2020, 1743 (hier: 16 km entfernt von der Küstenlinie kommt es zu einer Überschwemmung durch zurückgestautes Flusswasser).

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