rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnsitz von Kindern im Inland, die ihre Ausbildung im Ausland absolvieren.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 247,239, Bundessteuerblatt II 2015,655; BFHE 250,381, Bundessteuerblatt II 2016, 1022), die die Beibehaltung des Wohnsitzes von Kindern bei den Eltern im Inland annimmt, wenn sich diese zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, vorausgesetzt sie verbringen mehr als 50 % ihrer ausbildungsfreien Zeit im Inland, ist auf minderjährige Schulkinder, die bereits zu Beginn ihrer Schulpflicht bei bis zum Erreichen des Abiturs in das Heimatland der Eltern gehen und dort bei den Großeltern aufwachsen, nicht anwendbar.

 

Normenkette

AO § 8; EStG § 63 Abs. 1 S. 3

 

Streitjahr(e)

2015

 

Tatbestand

Mit Bescheid der Familienkasse vom 07.05.2015 wurde der Kindergeldantrag des Klägers für die Kinder x (geb.), y (geb. ) und z (geb.) abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Kindergeld nicht gewährt werden könne, weil die Kinder keinen Wohnsitz im Inland bzw. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hätten.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 19.05.2015 Einspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kinder sich zu schulischen Zwecken in der Türkei aufhalten würden, jedoch sich in der schulfreien Zeit, insbesondere in den Sommer- und Herbstferien für ca. 5 Monate in Deutschland aufhalten würden. Aus diesem Grunde sei weiterhin von einem Wohnsitz der Kinder im Inland auszugehen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger mit am 21.04.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten Klage.

Zur Begründung wird im Wesentlichen das vorgerichtliche Vorbringen wiederholt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 07.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 für seine Kinder x (geb.), y (geb.) und z (geb.) ab September 2014 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass trotz des Nachweises des Aufenthaltes der Kinder in den ausbildungsfreien Zeiten im Inland, weiterhin nicht von einem Wohnsitz im Inland auszugehen sei. Im Streitfall handele es sich nicht um eine vorübergehende Ausbildung im Ausland, vielmehr befänden sich die Kinder während ihrer gesamten Ausbildungszeit in der Türkei. Aus diesem Grunde greife die neuere Rechtsprechung des BFH nicht und es sei weiterhin davon auszugehen, dass die Kinder keinen Wohnsitz im Inland hätten.

Mit Beschluss vom 09.02.1017 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -). Die Beklagte hat zu Recht die Kindergeldfestsetzung für die Kinder x,y und z abgelehnt. Zwar hat der Kläger mit Wohnsitz im Inland, Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG . Die am und geborenen Kinder x, y und z gehören aber nicht zu den Kindern, die nach § 63 EStG zu berücksichtigen sind. Denn nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG werden die Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.

Zum einen zählt die Türkei nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten, zum anderen hatten die Kinder x, y und z im Streitzeitraum weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

Die Frage, ob eine natürliche Person im Inland einen Wohnsitz hat, beurteilt sich nach § 8 Abgabenordnung - AO -. Danach kommt es darauf an, ob die betreffende Person im Inland eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Der Begriff des Wohnsitzes im Sinne von § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass die betreffende Person tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch in größeren Zeitabständen, aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume, etwa zu Erholungszwecken, reicht nicht aus. Anders als das bürgerliche Recht, das die Begründung und die Aufgabe des Wohnsitzes als rechtsgeschäftliche Willenserklärungen ausgestaltet hat (§§ 7, 8 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), knüpft § 8 AO nur an die tatsächlichen Verhältnisse an. Einen Wohnsitz im Sinne von § 8 AO hat jemand also dann, wenn die...

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