vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 2/17)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für eine Hormonbehandlung und eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

Unterzieht sich eine Steuerpflichtige, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt und die krankheitsbedingt weder auf natürlichem Weg noch durch Insemination empfangen kann einer Sterilitätsbehandlung im Form einer In vitro Fertilisation im Rahmen einer heterologen Insemination (Fremdsamenspende) so sind die Aufwendungen, soweit sie sich auf die krankheitsbedingte Empfängnisunfähigkeit beziehen (Hormonbehandlung) als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig; nicht abzugsfähig sind hingegen die Aufwendungen, die auf die anschließende Befruchtung der eigenen Eizelle entfallen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.10.2017; Aktenzeichen VI R 2/17)

BFH (Urteil vom 05.10.2017; Aktenzeichen VI R 2/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Aufwendungen für eine Hormonbehandlung und künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des EinkommensteuergesetzesEStG - berücksichtigt werden können.

Die Klägerin lebt seit … in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie hat keine Kinder. Die Klägerin leidet an … (…). Da sie weder auf natürlichem Weg noch durch Insemination empfangen kann, unterzog sie sich im Streitjahr einer Sterilitätsbehandlung in Form einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) im Rahmen einer heterologen Insemination (Fremdsamenspende). Dabei handelt es sich um eine medizinische Maßnahme, bei der die Eierstöcke hormonell stimuliert und anschließend eine IVF (Befruchtung einer eigenen Eizelle) durchgeführt wird. Die Behandlungen wurden in …(Deutschland) und in …(Deutschland) vorgenommen.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2008 machte sie Aufwendungen Höhe von xx.xxx € als außergewöhnliche Belastungen geltend, die fast vollständig auf die oben dargestellten medizinischen Maßnahmen entfielen.

Die im Einspruchsverfahren noch streitige Problematik der abzugsfähigen Kirchensteuern ist im gerichtlichen Verfahren nicht mehr streitig.

Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 16.09.2009 (Bl. 141 der Einkommensteuerakten) erkannte der Beklagte die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als außergewöhnlichen Belastungen nicht an, weil es sich um eine Fremdsamenspende gehandelt habe und damit die IVF nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnung erfolgt sei (BFH-Urteil vom 10.05.2007 III R 47/05 BStBl II 2007, 871). Der Beklagte berücksichtigte bei den außergewöhnlichen Belastungen lediglich xx € und ging von einer zumutbaren Eigenbelastung in Höhe von x.xxx € aus. Die zunächst zwischen den Beteiligten streitig gewesene Frage zur Berechnung der zumutbaren Belastung gemäß § 33 Abs. 3 EStG ist nicht mehr streitig (Schriftsatz der Klägerin im gerichtlichen Verfahren vom 19.08.2013, Bl. 83 der Gerichtsakten).

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 legte die Klägerin mit Schriftsatz ihres damaligen Bevollmächtigten Einspruch ein (Bl. 145 der Einkommensteuerakten). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH - (Urteil vom 10.05.2007 III R 47/05) seien Aufwendungen einer nicht verheirateten Frau für Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung durch so genannte IVF als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn die Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnung vorgenommen würden. Die Klägerin lebe in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Die Rechtsprechung des BFH habe unverheiratete Frauen betroffen. Erst recht müsse die Rechtsprechung auf Frauen zutreffen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebten. Der Kinderwunsch könne nur durch eine künstliche Befruchtung erfüllt werden. Diese Zwangslage sei nach der Rechtsprechung des BFH ausreichend, um den Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu gewähren. Eine IVF sei - trotz der damit verbundenen Risiken - aufgrund des Krankheitsbildes der Klägerin die einzige Möglichkeit gewesen, diesen Kinderwunsch zu erfüllen. Die Behandlung stehe auch im Einklang mit der Muster-Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion. Zwar bestimme die Muster-Richtlinie bei einer heterologen Insemination, dass eine solche zurzeit bei Frauen ausgeschlossen sei, die in keiner Partnerschaft oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebten. Diese Bedingungen seien bei der Klägerin mit der Maßgabe erfüllt, dass sie nicht mit einem Mann, sondern mit einer Frau in einer festen Partnerschaft lebe. Soweit die Muster-Richtlinie bei einer solchen Beziehung eine IVF nicht zulasse, verstoße dies gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -; denn das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft entspreche zivilrechtlich völlig dem Rechtsinstitut der Ehe und biete dieselbe Stabilität wie eine Ehe. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht

– BVerfG - mit Urteil vom 28.02.2007 (1 B...

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