Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der finanzielle Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die für die umsatzsteuerliche Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung einer Organgesellschaft ist bei einer mittelbaren Beteiligung gegeben, wenn die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft (Muttergesellschaft) gehalten wird, so daß in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte verfügen und damit der Organträger mittelbar seinen Willen auch in der Organgesellschaft durchsetzen kann..
  2. Eine finanzielle Eingliederung kann auch durch Zusammenrechnung einer unmittelbaren und einer über die (oder einen) Gesellschafter vermittelten mittelbaren Beteiligung begründet werden.
  3. In diesem Fall liegt eine finanzielle Eingliederung nur vor, wenn der Mehrheitsgesellschafter des Organträgers über ausschlaggebende Anteile an der Organgesellschaft verfügt, damit er seinen Willen auch in der Organgesellschaft durchsetzen kann.
 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.11.2001; Aktenzeichen V R 50/00)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zwischen der Klägerin als Organträger und den Firmen P und S als Organgesellschaften im Streitjahr eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand.

Die Klägerin ist eine GmbH und Co. KG, an der im Streitjahr als Kommanditisten E mit einem Kapitalanteil von 1.600.000,-- DM (80 %) und K mit einem Kapitalanteil von 400.000,-- DM (20 %) beteiligt waren. Die Komplementärin, die PS, war kapitalmäßig nicht beteiligt.

Nach § 15 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin vom 14.12.1993 (Bl. 8 ff. Sonderband) werden Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der Stimmen gefaßt, wobei je 1.000,-- DM Kommanditanteil eine Stimme gewähren, für einige Beschlüsse ist eine Mehrheit von 75 % der Stimmen erforderlich.

Die Geschäftsführung bei der Klägerin oblag der Komplementärin, vertreten durch ihre Geschäftsführer E und K (bis 18.April 1996) bzw. E und X (ab 18.April 1996).

Die Kapitalanteile der P und der S hielten im Streitjahr zu je 300.000,-- DM (60 %) die Klägerin, zu je 100.000,-- DM (20 %) der Minderheitsgesellschafter der Klägerin K und zu weiteren je 100.000,-- DM (20 %) ein an der Klägerin nicht beteiligter H.

Nach § 9 der insoweit inhaltsgleichen Gesellschaftsverträge der P vom 14.12.1993 (Bl. 15 ff. der FG-Akte) und der S vom 14.12.1993 (Bl. 126 ff. der FG-Akte) werden Beschlüsse in beiden Gesellschaften grundsätzlich mit einer Mehrheit von mindestens 65 % der Stimmen gefaßt, wobei je 1.000,-- DM übernommene Stammeinlage eine Stimme gewähren, für einige Beschlüsse ist eine Mehrheit von 75 % der Stimmen erforderlich.

Die Klägerin verpachtete ihr bewegliches und unbewegliches Anlagevermögen an die P und die S. Geschäftsführer der P waren K und H, Geschäftsführer der S war ein X.Für Januar 1996 reichte die Klägerin beim Beklagten (Finanzamt -FA-) eine Umsatzsteuervoranmeldung ein, die steuerpflichtige Umsätze von ...,-- DM und Vorsteuern in Höhe von ...,-- DM enthielt; diese Beträge beinhalteten auch die Besteuerungsgrundlagen der P und der S.

Nachdem die P am 2.1.1996 einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen gestellt hatte und nach Anordnung der Sequestration am 15.1.1996 das Konkursverfahren eröffnet worden war, erließ das FA am 25.09.1996 einen geänderten Bescheid über die Umsatzsteuervorauszahlung für Januar 1996, mit dem es im Rahmen der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen einen Vorsteuerberichtigungsanspruch in Höhe von ...,-- DM berücksichtigte und die Vorauszahlung auf ...,-- DM erhöhte.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Einspruch eingelegt und geltend gemacht, die Schätzung des Vorsteuerberichtigungsbetrages sei zu hoch, die Vorsteuerberichtigung sei aufgrund des Konkurses gegenüber der P festzusetzen und außerdem bestehe zwischen der Klägerin und der P aufgrund der vorliegenden Beteiligungsverhältnisse keine für die Annahme einer Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung.

Mit Einspruchsentscheidung vom 28.04.1997 hat das FA die Umsatzsteuervorauszahlung aufgrund vom Konkursverwalter mitgeteilten tatsächlichen im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestehenden offenen Lieferantenverbindlichkeiten auf ...,-- DM herabgesetzt und den Einspruch im übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat das FA ausgeführt, die unmittelbare Beteiligung der Klägerin reiche zusammen mit der von ihrem Kommanditisten R im Sonderbetriebsvermögen gehaltenen Beteiligung aus, um ihren Willen in der P durchsetzen zu können.

Mit ihrer Klage bestreitet die Klägerin weiterhin das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen ihr und der P und der S. Sie macht geltend, aufgrund der Tatsache, daß sie unmittelbar nur zu 60 % an der P und der S beteiligt sei, eine Beschlußfassung bei dieser aber eine Mehrheit von 65 % der Stimmen erfordere, sei es ihr nicht möglich,...

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