vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VII R 46/10)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sperrfrist bei Wiederbestellung als Steuerberater

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Vorschrift des §§ 48 Abs. 1 Nr. 1 StBerG wonach die Wiederbestellung als Steuerberater nicht vor Ablauf von acht Jahren erfolgen kann, wenn auf die Bestellung nach Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens (§ 114 StBerG), verzichtet wurde, ist verfassungsgemäß.
  2. Der Umstand, dass für Fragen der Bestellung bzw. Wiederbestellung als Steuerberater nach § 48,40 StBerG die Steuerberaterkammer zuständig ist, stellt keinen Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG dar.
  3. Bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 48 Abs. 1 StBerG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Steuerberaterkammer, die vom Gericht gem. § 102 FGO nur im Hinblick auf das Vorliegen eines Ermessensfehlers hin überprüft werden kann.
  4. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung ist die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.
 

Normenkette

StBerG § 48 Abs. 1 Nr. 1, § 45 Abs. 1 Nr. 2; GG Art. 12 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.08.2011; Aktenzeichen VII R 46/10)

BVerfG (Beschluss vom 07.06.2011; Aktenzeichen 1 BvR 194/11)

 

Tatbestand

Der Kläger wurde im Jahr 197x als Steuerbevollmächtigter und im Jahr 197x als Steuerberater zugelassen. Im Jahr 198x wurde er als vereidigter Buchprüfer und anschließend als Wirtschaftsprüfer zugelassen. Eine Zulassung als Rechtsanwalt erfolgte im Jahre 200x.

Mit Anschuldigungsschriften der Staatsanwaltschaft am Oberlandesgericht A. vom 19.06.199x und 17.03.199x wurden berufsrechtliche Anschuldigungen gegen ihn erhoben. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens beim zuständigen Landgericht A am 11.08.200x verzichtete der Kläger am 14.08.200x auf seine Berufszulassung als Steuerberater. Mit Urteil vom 15.08.200x stellte das Landgericht daraufhin das Verfahren nach § 125 Abs. 3 Nr. 1 Steuerberatungsgesetz (StBerG) ein.

In den Gründen des Urteils heißt es:

„1. Gegen den (früheren) Steuerberater hat die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht A unter dem Datum vom 19.06.199x sowie vom 17.03.199x Anschuldigungen erhoben und dem (früheren) Steuerberater eine Vielzahl von berufsrechtlichen Verfehlungen vorgeworfen. Die Kammer hat die Anschuldigungen durch Beschluss vom 22.12.199x zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden sowie durch diesen Beschluss (Anschuldigung vom 17.03.199x) und durch den Beschluss vom 11.08.200x (Anschuldigung vom 19.06.199x) zur Hauptverhandlung zugelassen und jeweils das Hauptverfahren eröffnet.

Dem (früheren) Steuerberater wird im wesentlichen zur Last gelegt, gegen seine Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung verstoßen zu haben, indem er Auftraggeber nicht pflichtgemäß informiert, mit ihnen bedeutsame Verfahrenshandlungen in Besteuerungs- und Rechtsbehelfsverfahren nicht abgestimmt sowie gegen deren erklärten Willen solche Verfahrenshandlungen vorgenommen hat.

2. In dem Fall des (früheren) Steuerberaters kam die Ausschließung aus dem Beruf in Betracht.

a) Die ihm gemachten Vorwürfe sind schwerwiegend und zahlreich.

Er hat danach u. a. durch das Unterlassen rechtzeitiger Information seine Auftraggeber unvorhergesehenen Zahlungsverlangen von Vollziehungsbeamten in Vollstreckungsverfahren wegen Gerichtskosten in empfindlicher Höhe ausgesetzt.

Des Weiteren hat er danach ohne Abstimmung mit Auftraggebern im Hinblick auf das bestehende Kostenrisiko Einsprüche eingelegt, Klagen vor dem Hessischen Finanzgericht erhoben und weitere Rechtsbehelfe beim Finanzgericht und Bundesfinanzhof anhängig gemacht – zum Teil ohne vorher Rechtschutzzusagen eingeholt zu haben, obwohl ihm das Bestehen von Rechtsschutzversicherungen seiner Auftraggeber bekannt war, und zum Teil mit zu Lasten seiner Auftraggeber immer wieder geltend gemachten Rechtsschutzgesuchen, die die Finanzgerichte und Bundesfinanzhof bereits wiederholt als rechtsmissbräuchlich beurteilt hatten.

Außerdem wird dem (früheren) Steuerberater der Vorwurf gemacht, gegen den erklärten Willen von Auftraggebern nach Kündigung des Beratungsvertrags und Vollmachtentzugs gehandelt zu haben. Er hat danach trotz Auflösung des Beratungsverhältnisses, ohne Gegenansprüche zu haben, Handakten – auch nach zwischenzeitlich erfolgter Einschaltung von Rechtsanwälten und anderen Steuerberatern durch seine früheren Auftraggeber – nicht herausgegeben und vor allem weiter steuerberatende Tätigkeiten bis hin zur Einlegung von Revision beim Bundesfinanzhof entfaltet.

b) Die Ausschließung aus dem Beruf kam im Hinblick auf Gewicht und Vielzahl der Vorwürfe sowie im Hinblick auf seine die beruflichen Fehlleistungen begleitende innere Einstellung in Betracht.

Aufgrund der in der Hauptverhandlung verlesenen Schriftstücke steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der (frühere) Steuerberater sich in seinem Denken und Handeln vom Be...

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