Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.04.1995; Aktenzeichen VII R 12/95)

 

Tenor

Der Erlaß des beklagten Ministeriums vom 21.07.1994 wird aufgehoben.

Das Ministerium wird angewiesen, dem Kläger die Zulassung zur Steuerberaterprüfung nicht deshalb zu verweigern, weil er ein nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 Steuerberatergesetz erforderlichers Studium nicht abgeschlossen habe.

Die Kosten des Verfahrens trägt die beklagte Behörde.

Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger hat nach sechssemestrigem Studium am 30. September 1990 bei der Berufsakademie M. in der Fachrichtung öffentliche Wirtschaft die staatliche Prüfung für Diplombetriebswirte erfolgreich abgelegt. Gleichzeitig wurde ihm die staatliche Bezeichnung „Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie)-Diplombetriebswirt (BA)” verliehen. Hinsichtlich des Studieninhalts und der Prüfungsordnung wird auf die bei den Akten befindlichen Informationsschriften der Berufsakademie M.

  1. Erstinformation
  2. Prüfungordnung
  3. Fachrichtung öffentliche Wirtschaft

Bezug genommen. Mit Erlaß vom 10. April 1989 hatte der Minister für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg folgendes festgestellt:

„Die nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossene Ausbildung an einer Berufsakademie in Baden-Württemberg als „Diplom-Ingenieur/in (Berufsakademie)”, „Diplom-Betriebswirt/in (Berufsakademie)” und „Diplom-Sozialpädagoge/in (Berufsakademie)” steht den entsprechenden berufsbefähigenden Abschlüssen als „Diplom-Ingenieur/in (Fachhochschule)”, „Diplom-Betriebswirt/in (Fachhochschule)” und „Diplom-Sozialpädagog/in (Fachhochschule)” an einer staatlichen Fachhochschule in Baden-Württemberg gleich. Die Ausbildung an den Berufsakademien in Baden-Württemberg ist damit eine einer Fachhochschule in Baden-Württemberg im Sinne von Artikel 1 Abs. a Unterabsatz 2 der oben genannten EG-Richtlinie gleichwertige Ausbildung”.

Der Kläger beantragte beim beklagten Ministerium die Zulassung zur Steuerberaterprüfung. Diesen Antrag lehnte der Minister mit dem angefochtenen Erlaß vom 21. Juli 1994 ab. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe entgegen den Erfordernissen des § 36 Abs. 1 Nr. 2 kein Fachhochschulstudium abgeschlossen. Der Besuch der Berufsakademie M. und das dort erworbene Diplom sei kein Fachhochschulabschluß. Der entsprechende Gleichstellungserlaß des Kultusministers Baden-Württemberg gelte nur für den Bereich dieses Landes und binde den Hessischen Minister der Finanzen nicht. Im übrigen seien auch die Studieninhalte eines wirtschaftswissenschaftlichen Fachhochschulstudiums und des Studiums des Klägers bei der Berufsakademie M. verschieden und die Abschlüsse deshalb nicht vergleichbar.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger beruft sich auf den Gleichstellungserlaß des Kultusministeriums Baden-Württemberg und ist im übrigen der Ansicht, daß der Abschluß bei der Berufsakademie M. auch inhaltlich dem eines Fachhochschulabschlusses nicht nachstehe.

Der Kläger beantragt,

den Erlaß des beklagten Ministeriums vom 21. Juli 1994 aufzuheben und das Ministerium anzuweisen, ihm die Zulassung zur Steuerberaterprüfung nicht deshalb zu verweigern, weil er ein nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz erforderliche Studium nicht abgeschlossen habe.

Der Vertreter des beklagten Ministeriums beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Erlasses.

Das Gericht hat zu Vergleichszwecken die Studien- und Prüfungsordnung der Fachhochschule N. vom 28. Juni 1993 beigezogen (Blatt 35 bis 41 der Akten). Daneben hat dem Gericht 1 Band Verwaltungsakten des Beklagten vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das beklagte Ministerium geht zu Unrecht davon aus, daß der Kläger das in § 36 Abs. 1 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz geforderter Fachhochschulstudium nicht vorweisen kann. Diese Qualifikation hat der Kläger mit dem an der Berufsakademie M. in Baden-Württemberg erfolgreich abgelegten Diplom als Betriebswirt nachgewiesen. Die Berufsakademie M. ist zwar nicht als Fachhochschule organisiert, das dort erworbene Diplom steht aber dem Diplomabschluß an einer Fachhochschule gleich. Letzteres ergibt sich aus dem Erlaß des baden-württembergischen Ministers für Wissenschaft und Kunst vom 10. April 1989. Dort wird ausdrücklich festgestellt:

„Die nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossene Ausbildung an einer Berufsakademie in Baden-Württemberg als… „Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie)”… steht den entsprechenden berufsbefähigenden Abschlüssen als … „Diplom-Betriebswirt (Fachhochschule)”… an einer staatlichen Fachhochschule in Baden-Württemberg gleich. Die Ausbildung an den Berufsakademien in Baden-Württemberg ist damit eine einer Fachhochschule in Baden-Württemberg … gleichwertige Ausbildung”. Diese im Hinblick auf das Europäis...

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