rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwendung einer ausländischen Stiftung als Einkünfte aus Kapitalvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine ausländische rechtsfähige Familienstiftung zählt zu den Vermögensmassen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 EStG.
  2. Leistungen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 EStG sind in Anlehnung an § 22 Nr. 3 EStG jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, also auch ein Vermögenstransfer durch einmalige oder wiederkehrende Geldhingabe, soweit solchen Leistungen keine Gegenleistung des Empfängers gegenübersteht.
  3. Vermögensübertragungen von Stiftungen an die hinter diesen Gesellschaften stehenden Personen (Destinatäre) sind wirtschaftlich gesehen mit Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften an Anteilseignern vergleichbar. Eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit liegt dann vor, wenn der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen kann.
  4. Bei einer Familienstiftung die, ist die Auskehr von Zuwendungen an alle der Familie zugehörigen Personen, die grundsätzlich Nutznießer der Erträge des Stiftungsvermögens sein sollen, als satzungsgemäße Zuwendung zu werten, die . nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu den zu versteuernden Einkünften aus Kapitalvermögen gehören. Dabei sind die Mitglieder der Familie al s “hinter der Stiftung stehende” Personen anzusehen.
 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 9, § 32d

 

Streitjahr(e)

2017

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zuwendung einer ausländischen Stiftung bei der Klägerin zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr 2017 maßgeblichen Fassung (EStG) zu rechnen ist.

Die Kläger wurden aufgrund ihrer Steuererklärung vom 30.05.2018 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid 2017 vom 20.08.2018 wurde aufgrund eines Einspruchs mit Bescheid vom 15.10.2018 zu Gunsten der Kläger abgeändert.

Am 08.07.2019 erließ der Beklagte einen auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gestützten geänderten Einkommensteuerbescheid 2017, mit dem der Beklagte für die Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. … € zusätzlich erfasste. Diese Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden gemäß § 32d Abs. 1 EStG mit … € besteuert. Erstmalig wurden auch Zinsen zur Einkommensteuer i.H.v. … € festgesetzt.

Dem Änderungsbescheid liegt der folgende Sachverhalt zu Grunde, von dem der Beklagte durch Übersendung eines Kurzberichts der Steuerfahndungs- und Strafsachenstelle beim Finanzamt A vom 04.06.2019 Kenntnis erhielt.

Am 06.02.1998 wurde nach D Recht die B mit Sitz in C errichtet (Gründungsurkunde vom 06.02.1998 Bl. 4 Sonderband; Statuten Bl. 5-8 Sonderband). Stifter waren E und F.

§ 4 der Statuten bestimmt als Zweck der Stiftung

“a) die Förderung, insbesondere in Hinblick auf ihre Erziehung und Ausbildung von Kinder und/oder Jugendlichen, insbesondere von Waisen und/oder von Kindern und/oder Jugendlichen, die keine Obsorge ihrer Eltern genießen bzw. einschlägig tätige gemeinnützige Institutionen und/oder

b) die wirtschaftliche Unterstützung und Förderung von Angehörigen bestimmter Familien.”

§ 7 der Statuten bestimmt zur Stiftungsbegünstigung unter

a) “Anlässlich der Errichtung der Stiftung haben die Stifter und in der Folge der Stiftungsrat die Befugnis, die Begünstigten, die Voraussetzung für eine solche Begünstigung sowie deren Inhalt zu bestimmen und diese wiederum zu entziehen und zwar nach freiem Ermessen.” sowie unter

b) “Den Begünstigten steht kein Rechtsanspruch auf Auflösung der Stiftung, auf einzelne Stücke der Stiftungsvermögen oder dessen Teilung oder auf Ausrichtung von Erträgen und Vermögensteile der Stiftung, somit insbesondere auch kein Klagerecht gegenüber der Stiftung zu.”

Die Stifter bestellten als Mitglieder des Stiftungsrats neben dem Stifter F 3 weitere Familienmitglieder, nämlich G, die Mutter der Klägerin, H und I, sowie zwei Nichtfamilienangehörige (vergleiche Bestellung in der Gründungsurkunde vom 06.02.1998, Bl. 4 Sonderband).

Die Stifterin E verstarb am 05.03.1999, der Stifter F am 16.05.2015. Wegen der Verwandtschaftsverhältnisse der Familie im Einzelnen wird auf die Übersicht (Bl. 9 Sonderband) Bezug genommen.

Die Familienstiftung unterhält bzw. unterhielt ein Wertpapierdepot sowie verschiedene Währungskonten bei der Bank. Am 21.12.2017 wurden von dem Kto. …7 der Familienstiftung an die Urenkel und Urenkelinnen der Stifterin E jeweils … € überwiesen (Bl. 10 Sonderband). Die Klägerin ist eine Urenkelin der Stifterin.

Die Kläger haben diese Zuwendung mit einer Schenkungsanzeige vom 01.01.2018 dem Finanzamt angezeigt.

Mit dem geänderten Einkommensteuerbescheid 2017 vom 08.07.2019 setzte der Beklagte den Bericht vom Finanzamt A um. Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid legten die Kläger am 04.08.2019 Einspruch ein (Bl. 15 Sonderband). Zur Begründung machten sie geltend, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht vorlägen und dass das zuständige Finanz...

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