Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.10.1994; Aktenzeichen VII R 96/93)

 

Tenor

Der Bescheid vom 12. Dezember 1989 wegen Rückforderung von Mineralölsteuervergütung und die Einspruchsentscheidung vom 29. April 1991 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Der Gerichtsbescheid ist wegen der dem Hauptzollamt auferlegten Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Verwendung von Erdgas bei der Herstellung technischer Ruße gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 Mineralölsteuergesetz (MinöStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Dezember 1988 steuerlich begünstigt ist.

Die Klägerin stellt im sogenannten Furnace-Prozeß, der auch als Furnaceruß-Verfahren bezeichnet wird (Steuer-Akte Heft II Seite 11), technische Ruße mit verschiedenen Spezifikationswerten her.

Mit Schreiben vom 27. April 1989 (Steuerakte Heft I, Seite 1) wandte sich die Klägerin an die beklagte Verwaltungsbehörde und teilte mit, daß sie zum ermäßigten Steuersatz Erdgas von den Stadtwerken … bezöge, das von ihr – neben anderen Rohstoffen – in ihrem Produktionsbetrieb zu technischen Rußen verarbeitet würde. Man gehe davon aus, daß diese Verwendung des Erdgases zu gewerblichen Zwecken nicht der Mineralölsteuer unterliege, so daß regelmäßig die Erstattung der gezahlten Steuer in Anspruch genommen werden solle. Als Anlage zu diesem Schreiben legte die Klägerin eine Beschreibung des Arbeitsverfahrens ihrer Rußherstellungsanlage vor. Danach soll die Erzeugung von Ruß nach dem Ölreaktorprozeß durch Verbrennen schwerer Öle unter Luftmangel vonstatten gehen.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1989 (Verwaltungsakten Heft I Blatt 24) legte die Klägerin eine Ergänzung zu ihrer Betriebserklärung vor. Danach werden Industrieruße, wie sie im Werk der Klägerin hergestellt werden, in einem Spaltprozeß nach dem Furnaceruß-Verfahren gewonnen.

Die Klägerin beschrieb dieses Verfahren in ihrer Stellungnahme an das Bundesministerium der Finanzen vom 27. März 1990 (Verwaltungsakten Heft II Seite 8 f.) näher, indem sie dort folgendes ausführt:

„Bei dem Furnaceruß-Verfahren kommen hochsiedende aromatische Erdöl- und Steinkohleteer-Fraktionen sowie Erdgas als Rohstoffe bei Luftunterschuß zur Verrußung. Entsprechend der stark unterstöchiometrisch eingebrachten Luftmenge wird von dem Rußöl und dem Erdgas nur ein sehr kleiner Teil zur Prozeßwärme umgesetzt. Bei Variation der eingesetzten Erdgasmenge ändern sich in gewissem Umfang auch die Rußausbeute und der Rußdurchsatz.”

Nach einer Veröffentlichung der Herren Fischer, Collin und Stadelhofer in dem April-Heft 1991 der Zeitschrift „Erdöl, Erdgas, Kohle” (Finanzgerichts(FG)-Akte Blatt 49 f.) wird die Gewinnung von Ruß aus aromatischen Kohlenwasserstoffen als eine Gasphasenreaktion beschrieben. Dabei sei heute das technisch wichtigste Verfahren der sogenannte Furnace-Prozeß, bei dem aromatenreiche Fraktionen bestimmter Herkunft eingesetzt würden. Dabei diene als Charakteristikum für die Qualität des Rußrohstoffes in erster Linie der BMCI, mit dem die wesentlichen Eigenschaften des Rohstoffes zusammengefaßt und bewertet werden. Je höher dieser Index des eingesetzten Materials ist, desto höher ist auch die Rußausbeute. Bei dem bereits genannten Furnace-Verfahren werde das vorerhitzte Öl in den Reaktor eingedüst, wo es bei 1.200 bis 1.800 Grad Celsius pyrolysiert wird. Die Reaktionstemperatur werde erzeugt durch Verbrennung eines zusätzlichen Energieträgers wie Erdgas mit einem Überschuß von Luft – Sauerstoff.

Im Januar-Heft 1991 der vorstehend genannten Zeitschrift ist ein Artikel von Herrn Kleinschmit zu dem Thema „Technische Ruße – Herstellung und Anwendung” enthalten (FG-Akte Blatt 57 f.). Auch von ihm wird das Furnaceruß-Verfahren als heute absolut dominierendes Rußherstellungsverfahren bezeichnet. Es handele sich dabei um einen vollkontinuierlichen Prozeß, der in geschlossenen Anlagen durchgeführt wird und daher auch sehr umweltfreundlich sei. Gegenüber den älteren Verfahren zeichne sich dieses Verfahren dadurch aus, daß die Rußeigenschaften gezielt variiert werden können. Außerdem zeige dieses Verfahren eine deutlich bessere Wirtschaftlichkeit. Kernstück einer Furnaceruß-Anlage sei der Rußreaktor, der dem Verfahren seinen Namen gab (Furnace = Ofen). Das dem Verfahren zugrundeliegende Prinzip bestehe darin, daß der Rußrohstoff (Rußöl) innerhalb eines geschlossenen Strömungsreaktors in eine Zone hoher Energiedichte, die man durch Verbrennen eines Energieträgers (meist Erdgas) erzeugt, eingebracht und dort pyrolysiert werde. Die in den Reaktor eingegebene Luftmenge sei größer als zur Verbrennung des Brenngases erforderlich, in bezug auf die vollständige Verbrennung des Rußrohstoffes aber unterstöchiometrisch und so dosiert, daß durch Pyrolyse der eingegebenen Kohlenwasserstoffe bei Temperatur...

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