Rz. 94

Neben den angeführten Herstellungskosten kennt das Steuerrecht mit § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Spezialvorschrift, die Aufwendungen unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls typisierend als Herstellungskosten eines Gebäudes qualifiziert, das entgeltlich erworben worden ist; die sogenannten anschaffungsnahen Herstellungskosten. Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes rechnen demnach auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, wenn diese innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden. Die Aufwendungen müssen dazu aber ohne die darin enthaltene Umsatzsteuer 15 % der ursprünglichen Anschaffungskosten des Gebäudes – als Erheblichkeitsgrenze – übersteigen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG). Nicht hierzu zählen ausweislich des Gesetzeswortlautes die Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB und Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG). Die Vorschrift will ihrem Zweck nach eine Gleichstellung von Steuerpflichtigen erreichen, die ein betriebsbereites Gebäude erworben haben und denjenigen, die für einen verbilligten Kaufpreis ein nicht funktionsbereites Gebäude erworben haben.[1]

 

Rz. 95

Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift werden hierdurch nur Herstellungskosten geregelt. Die Vorschrift kommt daher nicht zur Anwendung, soweit es sich dem Grunde nach um Anschaffungskosten handelt, weil das angeschaffte Gebäude bei seinem Erwerb noch nicht betriebsbereit war. Soweit das Gebäude nach seinem Erwerb betriebsbereit ist, können anfallende Aufwendungen nur noch als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen qualifiziert werden.

Aufwendungen, die jedoch als Erweiterungen im Sinne von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB anzusehen sind, fallen nicht unter die Norm, da diese dem Grunde nach bereits Herstellungskosten sind; es handelt sich hierbei lediglich um eine Klarstellung des Gesetzgebers.[2] Diese Ansicht wird durch die Verwendung des Wortes "auch" bestätigt, die angibt, dass Aufwendungen im Sinne der Vorschrift auch – neben den allgemeinen Regelungen – zu Herstellungskosten führen können. Jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten sind dem Grunde nach Erhaltungsaufwendungen und scheiden demnach ebenfalls aus. Gleichwohl ist nicht jeder Aufwand, der nicht die Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt, als Erhaltungsaufwand anzusehen, da die allgemeinen Regelungen darüber hinaus weiterhin greifen.[3] Damit handelt es sich bei § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht um eine Einschränkung für die Behandlung der Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen als Herstellungskosten, sondern um eine diesbezügliche Erweiterung.[4]

 

Rz. 96

Nach Ausscheiden der Erweiterungsaufwendungen und der Erhaltungsaufwendungen verbleiben lediglich für die Abgrenzung der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen diejenigen, die Mängel oder Schäden am bestehenden Gebäude oder dessen Einrichtungen beseitigen oder das Gebäude in einen zeitgemäßen Zustand versetzen.[5] Dazu zählen auch die sogenannten Schönheitsreparaturen, die gerade nicht eben jährlich anfallen. Es ist dabei nicht mehr relevant, dass die Schönheitsreparaturen in einem engen räumlichen, zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit einer einheitlichen Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahme stehen.[6] Erstattungen von Seiten Dritter an den Steuerpflichtigen sind dabei grundsätzlich nicht als Aufwand im Sinne der Vorschrift zu bewerten.[7] Zwar ist grundsätzlich jeglicher so identifizierter Aufwand zu berücksichtigen. Der BFH lässt es jedoch dem Zweck der Vorschrift nach gelten, wenn Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden anfallen, die erwiesenermaßen nach Anschaffung durch einen Dritten, z. B. den Mieter, schuldhaft verursacht worden sind;[8] nicht aber für solche Schäden, die durch einen vertragsgemäßen Gebrauch im Zeitablauf entstehen.[9] Die Entdeckung von bei Erwerb bereits bestehenden verdeckten Mängeln bzw. deren Beseitigung stellt gleichwohl anschaffungsnahe Herstellungskosten dar.[10]

 

Rz. 97

 
Praxis-Beispiel

Schönheitsreparaturen: Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper, der Innen- und Außentüren sowie der Fenster. Erhaltungsaufwendungen: Regelmäßige Wartungsarbeiten für Heizungen und Aufzüge, Beseitigen von Rohrverstopfungen und -verkalkungen, Ablesekosten.

 

Rz. 98

Die taggenau zu berechnende 3-Jahresgrenze stellt eine vom Gesetzgeber bewusst gewählte starre und typisierende Grenze dar.[11] Es kommt nicht darauf an, ob die Baumaßnahmen bereits innerhalb des 3-Jahreszeitraums beendet, abgerechnet oder beglichen worden sind.[12] Soweit es sich um Aufwendungen handelt, die außerhalb des 3-Jahreszeitraums anfallen, ist eine Differenzierung zwischen Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand nach den allgemeinen Regelungen vorzunehmen.[13]

 

Rz. 99

Strittig ist, ob im Rahmen der Vorschrift eine objekt- oder wirtschaftsgutbezogene Sichtweise einzunehmen ist. Die Bezugsgr...

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