3.1 Allgemeine Grundsätze

Auch hier ist die Rechtsform unerheblich, unter der die Tätigkeit ausgeübt wird. Jedoch muss die zu beurteilende Tätigkeit auf jeden Fall heilberuflich sein (medizinische Betreuung von Personen im Wege des Diagnostizierens und Behandelns von Krankheiten oder anderer Gesundheitsstörungen).[1]

Zusätzlich setzt der für die Befreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG maßgebliche Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL eine entsprechende Qualifikation des Behandelnden voraus. Die Art des Befähigungsnachweises überlässt die MwStSystRL allerdings den Mitgliedstaaten. In Deutschland gibt es hierzu die folgenden Grundregeln.

3.1.1 Vergleichbarkeit mit den Katalogberufen des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG

Ein Heilberuf ist steuerfrei, wenn

  • er einem der in § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG genannten Katalogberufe (Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme usw.) ähnlich ist und
  • das typische Bild des Katalogberufs mit seinen wesentlichen Merkmalen mit dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufs vergleichbar ist.

Dies macht vergleichbare berufsrechtliche Regelungen[1] über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung erforderlich.[2] Ein vergleichbarer Abschluss eines anderen EU-Mitgliedstaats kann ausreichend sein, wenn ein deutscher Abschluss fehlt.[3]

Das Kriterium der Vergleichbarkeit hat jedoch den Nachteil, dass neue medizinische Berufe erst dann in den Genuss der Umsatzsteuerbefreiung kommen, wenn der Gesetzgeber sie als Katalogberuf anerkennt oder ihnen durch entsprechende berufsrechtliche Regelungen die Ähnlichkeit mit einem der Katalogberufe verleiht. Insoweit gibt es auch Ungleichbehandlungen, da manche Bundesländer im Alleingang berufsrechtliche Regelungen erlassen.

 
Praxis-Tipp

Steuerfreiheit auch ohne Kostenerstattung durch Sozialversicherungsträger

Ist im Einzelfall die Vergleichbarkeit gegeben, ist eine heilberufliche Tätigkeit steuerfrei (unabhängig von der Kostenerstattung durch die Sozialversicherungsträger[4]).

3.1.2 Zulassung nach § 124 Abs. 2 SGB V, Aufnahme in den Leistungskatalog des § 92 SGB V

Sinn der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 UStG ist die Entlastung der Krankenkassen bzw. Sozialversicherungsträger.[1] Deshalb kann die o. g. Vergleichbarkeit mit einem Katalogberuf als "Befähigungsnachweis" nicht allein ausschlaggebend sein.

 
Praxis-Tipp

Krankenkassenzulassung als Indiz für das Vorliegen einer heilberuflich ähnlichen Tätigkeit

Fehlt es an einer berufsrechtlichen Regelung, ist daher ausreichendes Indiz für die Befähigung zu einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit[2] die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe gem. § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen.[3] In diesem Fall ist die Steuerfreiheit auch gegeben, wenn keine berufsrechtliche Regelung besteht. Ausreichend ist bereits, wenn die zu beurteilenden Leistungen "ihrer Art nach" i. d. R. von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden. Damit können auch Privatpatienten steuerfrei behandelt werden, wenn die Sozialversicherungsträger eine entsprechende Leistung für ein Mitglied bezahlen würden. Dann dürfte es letztlich unerheblich sein, ob die konkrete Leistung von den Sozialversicherungsträgern tatsächlich bezahlt wird.

 
Praxis-Tipp

Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog als Voraussetzung für die Steuerfreiheit

Die Steuerbefreiung muss – trotz fehlender Zulassung – gewährt werden, wenn die Leistungen der betreffenden Art in den durch die Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien gem. § 92 SGB V konkretisierten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse aufgenommen worden sind. Fehlt auch dies, reicht es nach Auffassung des BFH für die Steuerfreiheit nicht aus, dass die betreffenden Leistungen in mehreren Fällen von Krankenkassen finanziert worden sind.[4] Andernfalls wäre es für den Unternehmer bei Erbringung der Leistung ungewiss, ob sie in diesem Besteuerungszeitraum abweichend vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen tatsächlich erstattet werden.

Eine steuerfreie ähnliche heilberufliche Tätigkeit liegt aufgrund erfolgter berufsrechtlicher Regelung vor[5] – wenn dem jeweiligen Unternehmer die entsprechende Erlaubnis erteilt wurde:

  • Dental-Hygieniker, soweit sie im Auftrag eines Zahnarztes tätig sind[6];
  • Diätassistenten (Diätassistentengesetz – DiätAssG –);
  • Ergotherapeuten, denen die zur Ausübung ihres Berufes erforderliche Erlaubnis erteilt ist (Ergotherapeutengesetz – ErgThG –);
  • Krankenschwestern, Gesundheits- und Krankenpflegern, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger (KrankenpflegegesetzKrPflG –) sowie Altenpfleger, denen die Erlaubnis nach § 1 Nr. 1 Altenpflegegesetz (-AltpflG -) erteilt ist oder nach § 29 AltpflG als erteilt gilt.[7]Nicht steuerfrei sind sozialpflegerische Leistungen (z. B. Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung) – hier greift evtl. die Befreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b bzw. Nr. 16 UStG sowie Gutachten im Auftrag...

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