Rz. 8

Unter dieser Gruppe von Eventualverbindlichkeiten ist das Wechselobligo, d. h. die Haftung aus der Begebung und Übertragung von Wechseln, aufzuführen. Gefordert ist der Ausweis des Gesamtobligos, d. h. alle Abschnitte von am Bilanzstichtag weitergegebenen und noch nicht fälligen Wechseln sind einzubeziehen, aus denen der Kaufmann oder die Gesellschaft als Aussteller(in) – § 9 Abs. 1 WG betr. Begebung von Wechseln – oder Indossant(in) – § 15 Abs. 1 WG betr. Übertragung von Wechseln – bei Nichteinlösung im Regresswege haftet.

 

Rz. 9

Haftungsrisiken aus der Begebung und Übertragung von Schecks (Scheckobligo) sind nicht anzugeben. Anzugeben sind aber im sog. Scheck-Wechselverfahren gegebene Wechsel; hier zahlt der Kunde mit Scheck, z. B. um Skontomöglichkeiten zu nutzen, und refinanziert sich durch auf ihn gezogenen Finanzwechsel des liefernden Unternehmens.

Besteht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen kein Obligo, entfällt die Angabepflicht. So z. B. Wechsel im eigenen Bestand, zum Inkasso weitergegebene Wechsel oder Wechsel mit einer "ohne Obligo"-Klausel.[1] Unter die Vermerkpflicht fallen auch nicht Mobilisierungs- und Kautionswechsel sowie Depotwechsel für eigene Verbindlichkeiten und Gefälligkeitsakzepte, da hier regelmäßig passivierungspflichtige Verbindlichkeiten vorliegen (Ausweis in der Bilanz unter Gliederungspunkt C 5, § 266 Abs. 3 HGB), denen die ausgestellten Wechsel zur Sicherheit dienen.

Wird allerdings zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung eine Inanspruchnahme aus dem Wechselobligo bekannt, so ist in Höhe der vermutlichen Zahlungsverpflichtung eine Rückstellung gemäß § 249 Abs. 1 HGB zu bilden. Damit entfällt dann eine Einbeziehung in das Obligo, da ein Vermerk nur dann verlangt wird, wenn eine Haftungsverpflichtung nicht passiviert wird.

Besteht ein Wechselobligo aus einer größeren Anzahl von Wechseln, kann nach Heininger darüber hinaus eine pauschale Rückstellung für mögliche Inanspruchnahmen zu bilden sein, wenn konkrete Regressansprüche nicht geltend gemacht worden sind. Der entsprechende Betrag ist bei der Ermittlung des in den Vermerk aufzunehmenden Postens in Abzug zu bringen. Beispiel von Heininger:

Der Gesamtbetrag der im Bilanzvermerk zu berücksichtigenden Wechsel beträgt zum Bilanzstichtag 800 TEUR. Aufgrund von Erfahrungen der Vergangenheit beträgt die durchschnittliche Inanspruchnahme für nicht im Einzelfall im Rahmen von Rückstellungen berücksichtigte Wechsel 4,0 %. Es wird eine pauschal ermittelte Rückstellung für drohende Wechselinanspruchnahme i. H. v. 32 TEUR gebildet sowie ein Bilanzvermerk i. H. v. 800 TEUR – 32 TEUR = 768 TEUR angegeben.[2]

 

Rz. 10

In die Bewertung des Obligos sind nicht nur der Nominalbetrag der Wechselsumme, sondern auch die Nebenkosten, wie Zinsen, Kosten des Protestes und andere Auslagen einzubeziehen.[3] Für den Ansatz der Vermerkposten ist es auch unerheblich, ob es sich um Akzeptanten oder sonstiger in der Kette vorrangig Verpflichteter von größerer oder geringerer Bonität handelt, entscheidend ist vielmehr, ob wechselrechtmäßig ein Obligo besteht.

Heininger weist daraufhin, dass "die Bonität der übrigen Verpflichteten allerdings eine erhebliche Bedeutung für die Frage hat, ob mit einer wechselrechtlichen Inanspruchnahme tatsächlich zu rechnen ist und dementsprechend anstelle eines Bilanzvermerks die Bilanzierung einer Rückstellung geboten ist". Beispiel von Heininger:

Unternehmer U hat von seinen Kunden K1 und K2 Wechsel über 500 TEUR (K1) und 300 TEUR (K2) hereingenommen und kurz vor dem Bilanzstichtag seiner Hausbank zur Gutschrift eingereicht. K1 ist bereits seit einiger Zeit aufgrund von Auftragsrückgängen in einer finanziell sehr schwierigen Lage; zu K2 bestehen keine besonderen, insbesondere keine negativen Erkenntnisse. Für die Verpflichtung aus dem Wechsel von K1 wird mit einer Inanspruchnahme i. H. v. 350 TEUR gerechnet. Es ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten i. H. v. 350 TEUR zu bilden. Unter der Bilanz ist ein Vermerk für Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln i. H. v. 150 TEUR (K1) + 300 TEUR (K2) = 450 TEUR zu machen.[4]

[2] Heininger, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 251 HGB Rz. 13.
[3] Heininger, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 251 HGB Rz. 13. Nach h. M. soll es auch zulässig sein, die Nebenkosten nicht in den Bilanzvermerk, sondern in eine Pauschalrückstellung aufzunehmen. Abweichende Auffassungen, denen Heininger nicht folgt, lassen die Nebenkosten gänzlich unberücksichtigt.
[4] Heininger, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 251 HGB Rz. 12.

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