Leitsatz

1. Die Respektierung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger während der Lebensdauer der GmbH ist unabdingbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Haftungsprivilegs des § 13 Abs. 2 GmbHG. Zugriffe der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen, welche die aufgrund dieser Zweckbindung gebotene angemessene Rücksichtnahme auf die Erhaltung der Fähigkeit der Gesellschaft zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten in einem ins Gewicht fallenden Maß vermissen lassen, stellen deshalb einen Missbrauch der Rechtsform der GmbH dar, der zum Verlust des Haftungsprivilegs führt, soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil bereits nach §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen werden kann.

2. Bei Vorliegen der unter 1. genannten Voraussetzungen sind die Gesellschaftsgläubiger deshalb außerhalb des Insolvenzverfahrens grundsätzlich berechtigt, ihre Forderungen unmittelbar gegen die an den Eingriffen in das Gesellschaftsvermögen mitwirkenden Gesellschafter geltend zu machen, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können (Ergänzung zu BGHZ 149, 10 – Bremer Vulkan – sowie BGH, Urteil vom 25.2,2002, II ZR 196/00, ZIP 2002, 848)

 

Normenkette

§ 6 GmbHG , § 13 Abs. 2 GmbHG , § 30 GmbHG , § 31 GmbHG , § 43 Abs. 2 GmbHG

 

Sachverhalt

BGH, Urteil vom 25.2.2002, II ZR 196/00

Der Alleingesellschafter der Gemeinschuldnerin, einer GmbH, die über ein Stammkapital von 100000 DM verfügte, übertrug mit notariellem Vertrag vom 21.8.1992 einen Geschäftsanteil von 20 % auf M und einen solchen von 60 % auf FS, der als Treuhänder des Beklagten zu 2 handelte. Durch weiteren Vertrag vom 21.8.1992 verpfändeten M den von ihm erworbenen und G den von ihm gehaltenen restlichen Geschäftsanteil von 20% der Beklagten zu 1 als Sicherheit für ein von dieser der Gemeinschuldnerin gewährtes, am 1.10.1997 rückzahlbares verzinsliches Darlehen von 5 Mio. DM. Zugleich übertrugen beide der Beklagten zu 1 für die Dauer des Darlehensvertrags ihr Gewinnbezugsrecht und erteilten ihr die unwiderrufliche Vollmacht, das Stimmrecht in der Gemeinschuldnerin auszuüben und sie als Gesellschafter in allen Gesellschafterfunktionen zu vertreten.

Die Beklagte zu 1 erklärte sich außerdem damit einverstanden, dass G mit dem Darlehensbetrag Rechnungen von Bauunternehmen für ein von ihm durchgeführtes Bauvorhaben beglich und mit diesen Zahlungen zugleich ein Darlehen von ca. 1,5 Mio. DM getilgt wurde, das er nach seinen Angaben der Gemeinschuldnerin gewährt hatte. Am 26.1.1992 übertrug FS den für den Beklagten zu 2 gehaltenen Geschäftsanteil auf E, der am 4.11.1992 zusätzlich zu G und M als Geschäftsführer bestellt worden war und der den Anteil als Treuhänder für den Beklagten zu 2 hielt.

In der Zeit vom 25.8.1992 bis zum 31.10.1992 wurden zu Lasten der Gemeinschuldnerin Verbindlichkeiten von G in Höhe von 1 498 596,37 DM und am 7.12.1992 in Höhe von 340 813,00 DM durch Zahlung mit Schecks getilgt, die M ausgestellt hatte.

Der Kläger – er ist Konkursverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin – verlangte von den Beklagten Erstattung des zu Lasten der Gemeinschuldnerin für G bezahlten Gesamtbetrags von 1 839 409,37 DM.

BGH, Urteil vom 24.6.2002, II ZR 300/00

Die Klägerin forderte in diesem Urteilsfall von den Beklagten zu 2 und 3 die Bezahlung einer Forderung von 82 175,92 DM aus einem mit einer GmbH im Oktober 1994 geschlossenen Werkvertrag. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH war mangels Masse abgelehnt worden.

Die Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 100 000 DM ausgestatteten GmbH, der Beklagte zu 2 (40 %) und der zum Geschäftsführer bestellte Beklagte zu 3 (60 %) beschlossen am 27.12.1995, den Geschäftsbetrieb einzustellen, den mit dem Beklagten zu 2 über die Anmietung der Fabrikations- und Geschäftsräume geschlossenen Vertrag per 31.12.1995 zu kündigen und das vorhandene Personal von der Beklagten zu 1 übernehmen zu lassen.

Am 17.1.1996 schlossen die GmbH, vertreten durch den Beklagten zu 3, und die Beklagte zu 1, vertreten durch den Beklagten zu 2 als deren Geschäftsführer, einen Vertrag, mit dem die GmbH alle ihr am 26.1.1996 zustehenden Forderungen an die Beklagte zu 1 abtrat und ihr ihren gesamten, zum 31.12.1995 inventarisierten, mit 150 000 DM bewerteten Warenbestand übertrug. Im Gegenzug übernahm die Beklagte zu 1 Verbindlichkeiten der GmbH in Höhe von 822273,87 DM. Darunter befand sich die Forderung der Klägerin nicht.

Es errechnete sich für die GmbH ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von fast 4 Mio. DM.

 

Entscheidung

BGH, Urteil vom 25.2.2002, II ZR 196/00

Das OLG als Berufungsgericht hatte der Haftungs- und Schadenersatzklage der Klägerin zu relativ geringen Beträgen gem. § 31 Abs. 3 GmbHG stattgegeben, also begrenzt auf die Höhe des Stammkapitals. Auch der BGH gestand dem klagenden Konkursverwalter keinen darüber hinausgehenden Anspruch zu:

Begrenzung der Haftung wegen Einlagenrückgewähr auf das Stammkapital gem. § 31 Abs...

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