Zusammenfassung

 
Begriff

Schuldner der Umsatzsteuer ist i. d. R. der Leistende, beim innergemeinschaftlichen Erwerb der innergemeinschaftliche Erwerber. Beim Reverse-Charge-Verfahren (u. a. bei "im Ausland ansässigem Leistenden", Bauleistungen, Grundstückslieferungen, Gebäudereinigungen, Lieferung von sog. "Schrott" oder Handys etc.) ist anstatt des Leistenden der Leistungsempfänger Steuerschuldner. Neben dem Steuerschuldner können auch andere Personen für die Umsatzsteuer haften: der GmbH-Geschäftsführer, der Übernehmer eines Betriebs, die Organgesellschaft bei Beendigung der Organschaft, der Leistungsempfänger für vom Leistenden schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer, der Empfänger einer Abtretung bzw. Pfändung für die vom Abtretenden nicht entrichtete Umsatzsteuer.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die wichtigsten Rechtsquellen sind §§ 13c, 13d und 25d UStG, §§ 69, 73 und 75 AO sowie Abschn. 13c.1 UStAE und Abschn. 25d.1 UStAE.

Umsatzsteuer

1 Haftung des Vertreters (§ 69 AO)

Vertreter i. S. d. §§ 34 und 35 der Abgabenordnung (AO) haften für die vom Vertretenen geschuldete Umsatzsteuer, wenn diese infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder bezahlt wurde. Die Haftung umfasst ggf. auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

Die Haftung nach § 69 AO betrifft insbesondere die Geschäftsführer von Gesellschaften. Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Geschäftsführerpflichten liegt meist in Insolvenzfällen vor, wenn die Forderungen anderer Gläubiger im Vergleich zu den Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt bevorzugt bedient und/oder Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht rechtzeitig erstellt und abgegeben wurden. Die Haftung nach § 69 AO gilt auch für Vermögensverwalter, Insolvenzverwalter und Testamentsvollstrecker, wenn sie gleichzeitig Vertreter oder Verfügungsberechtigte i. S. d. §§ 34 und 35 AO sind.

 
Praxis-Beispiel

Haftung eines Insolvenzverwalters einer GmbH

Der Insolvenzverwalter einer in Insolvenz befindlichen GmbH veräußerte durch Option nach § 9 UStG deren Grundstücke steuerpflichtig. Der Bruttokaufpreis wurde an einen absonderungsberechtigten Gläubiger der GmbH ausgekehrt. Der Insolvenzverwalter haftet für die nicht an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer, aber nur insoweit, als das Finanzamt nach der Insolvenz-Rangordnung anteilig die Umsatzsteuer erhalten hätte.[2] Bei der Ermittlung der Haftungsquote für die Umsatzsteuer sind die im Haftungszeitraum getilgten Lohnsteuern weder bei den Gesamtverbindlichkeiten noch bei den geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen.[3]

Beim Geschäftsführer einer GmbH erfolgt u. U. eine Inhaftungnahme nach § 69 AO, wenn

  • bei der Veräußerung des "Geschäftsbetriebs" einer GmbH unklar ist, ob es sich umsatzsteuerlich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung handelt[4],
  • eine GmbH aus sog. "Scheinunternehmer- bzw. Strohmannrechnungen" zu Unrecht den Vorsteuerabzug vorgenommen hat und der GmbH-Geschäftsführer keine ausreichenden Auskünfte über die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers eingeholt hat.[5]

2 Nebenhaftung neben dem Steuerschuldner wegen Steuerhinterziehung (§ 71 AO)

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet gem. § 71 AO für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO. Insoweit tritt eine unbeschränkt persönliche Haftung in Form der Nebenhaftung des Haftenden neben dem Steuerschuldner ein. In Betracht kommen insoweit Personen, die bei der Erledigung der Steuersachen des Steuerschuldners oder bei deren Vorbereitung tätig sind (z. B. die mit der Buchhaltung und den Steuern befassten Angestellten und die steuerlichen Vertreter und Berater). Die Straftat muss vorsätzlich begangen sein. Dabei reicht ein bedingter Vorsatz aus, nicht dagegen die Leichtfertigkeit i. S. d. § 378 AO. Für die Haftung ist nicht Voraussetzung, dass der Haftungsschuldner wegen des Delikts bestraft worden ist.

Ist der Vorsteuerabzug zu versagen, weil der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen Umsatz beteiligte (sog. Umsatzsteuerkarussellbetrug), ist die Haftung nach § 71 AO unabhängig davon zulässig, dass

  • weitere Haftungsschuldner nach § 25d UStG (ab 1.1.2020 ersetzt durch § 25f UStG) in Anspruch genommen werden könnten[2],
  • bei einer Gesamtschau von Scheingeschäften an den Fiskus mehr Umsatzsteuer abgeführt als an Vorsteuer in Anspruch genommen worden ist.[3]

Ein Steuerberater haftet ausnahmsweise nach § 71 AO für die Umsatzsteuer seines Mandanten, wenn er ein derart hohes Riskiko erkennt, dass auf ein strafbares Verhalten seines Mandanten schließen lässt und er durch seine Hilfeleistung bei der ...

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