Betreiber einer elektronischen Schnittstelle i. S. v. § 25e Abs. 1 UStG (Betreiber) haften für die nicht entrichtete deutsche Umsatzsteuer aus Lieferungen von Gegenständen, die nicht unter § 3 Abs. 3a UStG fallen, wenn sie die Lieferung dieser Gegenstände mittels einer elektronischen Schnittstelle unterstützen.[1]

 
Hinweis

Statt Haftung des Marktplatzbetreibers ab 1.7.2021 fiktives Reihengeschäft

Für folgende Lieferungen über einen Online-Marktplatz wird der Marktplatzbetreiber ab 1.7.2021 – anstatt Haftender nach § 25e UStG – nunmehr Umsatzsteuerschuldner für die Lieferung des Händlers an dessen Kunden im Rahmen des fiktiven Reihengeschäfts nach § 3 Abs. 3a UStG[2]:

  • Lieferung durch im Drittland ansässige Unternehmer an private Endkunden, Beginn und Ende der Beförderung oder Versendung des gelieferten Gegenstandes befindet sich im Gemeinschaftsgebiet[3]  oder
  • Einfuhr Gegenstand aus dem Drittland (z. B. China, USA, Schweiz, GB) mit einem Warenwert von höchstens 150 EUR mit Lieferung an privaten Endkunden oder an die in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannten sog. opaken Unternehmer ohne Vorsteuerabzugsrecht, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreiten, noch auf ihre Anwendung verzichten (sog. Fernverkauf[4]). Die Ansässigkeit des Lieferers spielt hier keine Rolle. Ausgenommen von diesen Fernverkäufen sind Lieferungen neuer Fahrzeuge und Montagelieferungen.

Insoweit wird der Marktplatzbetreiber ab 1.7.2021 umsatzsteuerlich fiktiv so behandelt, als habe er die Lieferung des Versandhändlers selbst erhalten und dann seinerseits umsatzsteuerpflichtig an den Endkunden ausgeführt (fiktives Reihengeschäft). In diesen Fällen war der Marktplatzbetreiber bisher nur "Haftungschuldner" (der Händler war Steuerschuldner), nunmehr ist der Marktplatzbetreiber der alleinige Umsatzsteuerschuldner.

In den o. g. Fällen erbringt der eigentliche Versandhändler eine (fiktive) ruhende und nach § 4 Nr. 4c UStG steuerfreie Lieferung an den Plattformbetreiber.

Die ab 1.7.2021 eingeschränkte Haftung nach § 25e UStG gilt insbesonders für die folgenden Fallgestaltungen[5]:

a) Lieferungen an einen Unternehmer (unabhängig von der Ansässigkeit des liefernden Unternehmers).

 
Praxis-Beispiel

Innerdeutsche Lieferung an einen Unternehmer (Erwerber)

Ein in Deutschland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyhüllen an einen in Deutschland ansässigen Unternehmer U. Die Ware wird von einem Lager in Deutschland an den Sitz des U in Deutschland befördert oder versendet.

Hier erfolgt kein fiktives Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG (Käufer ist keine Privatperson, Lieferer ist im Gemeinschaftsgebiet ansässig) bzw. nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG (keine Einfuhr aus Drittland). Die Lieferung gilt als in Deutschland ausgeführt (Beginn der Warenbewegung[6]). Schuldner der deutschen Umsatzsteuer ist der Händler H. Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle haftet ggf. nach § 25e UStG.

 
Praxis-Beispiel

Lieferer ist im Drittland ansässig, keine Einfuhr aus dem Drittland

Ein in der Schweiz ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Schuhe an einen in Deutschland ansässigen Unternehmer U. Die Ware wird aus einem Lager des H in Deutschland an den Sitz des U in Deutschland befördert oder versendet.

Hier erfolgt kein fiktives Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG (Erwerber ist keine Privatperson) bzw. nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG (keine Einfuhr aus dem Drittlandsgebiet). Die Lieferung gilt als in Deutschland ausgeführt (Beginn der Warenbewegung[7]). Schuldner der deutschen Umsatzsteuer ist der Händler H. Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle haftet ggf. nach § 25e UStG.

 
Praxis-Beispiel

Einfuhr aus Drittland, Warenwert kleiner als 150 EUR, Erwerber ist Unternehmer

Ein in Deutschland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Schuhe (Sachwert 100 EUR) an einen ebenfalls in Deutschland ansässigen Unternehmer U (kein Erwerber i. S. d. § 3 Abs. 3a Satz 5 UStG) zu der Lieferkondition "verzollt und versteuert". Die Ware wird aus einem Lager des H in der Schweiz an den Sitz des U in Deutschland befördert oder versendet. Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch H.

Hier erfolgt kein fiktives Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG (da Einfuhr aus dem Drittland in die EU) bzw. nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG (Erwerber ist Unternehmer und kein Erwerber i. S. d. § 3 Abs. 3a Satz 5 UStG). Der Lieferort gilt über § 3 Abs. 8 UStG als in Deutschland gelegen. Schuldner der deutschen Umsatzsteuer ist der Händler H. Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle haftet ggf. nach § 25e UStG.

b) Lieferungen, bei denen die Warenbewegung innerhalb des Gemeinschaftsgebietes erfolgt und der liefernde Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist  

 
Praxis-Beispiel

In Deutschland ansässiger Lieferer liefert innerdeutsch an eine Privatperson

Ein in Deutschland ansässiger Händler H veräußert über eine elektronische Schnittstelle Handyhüllen an eine Privatperson in Deutschland. Die Ware wird aus...

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