Die Wirksamkeit des Widerspruchs gegen die Gutschrift durch den Leistenden setzt den Zugang beim Gutschriftsaussteller voraus. Ein nur teilweiser Widerspruch gegen die Gutschrift ist nicht wirksam.[1] Allerdings führt ein wirksamer Widerspruch gegen eine Gutschrift nicht zur Beseitigung der Steuergefährdung nach § 14c Abs. 2 UStG.[2] Auch in diesem Fall schuldet der Gutschriftsempfänger die ausgewiesene Umsatzsteuer weiterhin nach § 14c Abs. 2 UStG, bis die Steuergefährdung (= Vorsteuerabzug aus der Gutschrift) beseitigt worden ist.[3]

3.1 Wann sollte der Gutschriftsempfänger (Leistender) der Gutschrift widersprechen?

Der Widerspruch des Gutschriftempfängers ist unverzüglich erforderlich, wenn in der Gutschrift

  • der Umsatzsteuerausweis zu hoch erfolgt (z. B. Abrechnung über steuerfreie Leistungen bzw. nicht steuerbare Leistungen wie z. B. Geschäftsveräußerungen im Ganzen oder wenn statt dem ermäßigten Steuersatz der Regelsteuersatz ausgewiesen wird),
  • der Umsatzsteuerausweis unberechtigt erfolgt (= Leistender ist Kleinunternehmer oder wendet die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG an),
  • anstatt der erbrachten steuerpflichtigen Leistung eine andere nicht erbrachte Leistung abgerechnet wird.

Desgleichen ist der Gutschrift zu widersprechen, wenn der Leistende zusätzlich noch eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis über die gleiche Leistung versandt hat. Wird in den obigen Fällen die in der Gutschrift ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 c UStG geschuldet, erhält der Leistungsempfänger keinen Vorsteuerabzug hieraus.

 
Praxis-Tipp

Ohne Widerspruch Mehrumsatzsteuer nach § 14 c UStG beim Leistenden

Da der Gutschriftsempfänger in den o. g. Fällen die in der Gutschrift ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 c UStG (teils zusätzlich) schuldet, sollte er der Gutschrift unmittelbar nach Eingang widersprechen. Dann entfällt die Umsatzsteuerschuld nach § 14 c UStG. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Steuergefährdung beseitigt worden ist.[1]

 
Praxis-Beispiel

Umsatzsteuerausweis mit 19 % statt zutreffend mit 7 %

Der Verkaufskommissionär V rechnet gegenüber dem Kommittenten K über eine Lieferung von Büchern mit 19 % ab, obwohl die Lieferung dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegt.

Widerspricht der Kommittent als Lieferer der fehlerhaften Gutschrift nicht, schuldet er die gesamte gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer (zu hoher Ausweis nach § 14 c Abs. 1 UStG). Der Verkaufskommissionär als Abnehmer erhält aber nur den Vorsteuerabzug i. H. v. 7 %. Widerspricht der Kommittent der "falschen" Gutschrift, muss er nur die für die Lieferung geschuldete Umsatzsteuer i. H. v. 7 % abführen. Der Verkaufskommissionär verliert den Vorsteuerabzug solange, bis er eine zutreffende Gutschrift mit 7 % Umsatzsteuer erteilt.

Gefährlich wird es für den Gutschriftsaussteller auch, wenn er bei einer steuerpflichtigen Leistung anstatt mit dem allgemeinen unzutreffend mit dem ermäßigten Steuersatz abrechnet.

 
Praxis-Beispiel

Umsatzsteuerausweis mit 7 % statt zutreffend mit 19 %

Der Verkaufskommissionär V rechnet gegenüber dem Kommittenten K über eine Lieferung mit 7 % ab, obwohl die Lieferung dem allgemeinen Steuersatz von 19 % unterliegt.

Der Kommittent als Lieferer schuldet unabhängig von der fehlerhaften Gutschrift die ge­setzlich anfallende Umsatzsteuer mit 19 % (mit 19/119 aus der Bruttozahlung herauszurechnen). Der Kommissionär als Abnehmer erhält aber nur die in seiner Eingangsrechnung (Gutschrift) gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer i. H. v. 7 %.

[1] BMF, Schreiben v. 19.8.2021, BStBl 2021 I S. 1087, Tz. 3.

3.2 Auswirkung beim Gutschriftsausssteller (Leistungsempfänger)

Der spätere Widerspruch des Gutschriftsempfängers gegen die Gutschrift ist sehr gefährlich für den Gutschriftsaussteller. Ggf. muss der Gutschriftsaussteller den Vorsteuerabzug in dem Besteuerungszeitraum an das Finanzamt zurückzahlen, indem der Widerspruch bei ihm eingegangen ist.[1]

 
Wichtig

Widerspruch kann zeitlich unbefristet erfolgen

Für den Widerspruch gegen eine Gutschrift sieht das UStG keine Frist vor. Nach Auffassung des Thüringer FG kann daher der Gutschriftenempfänger zumindest bis zum Ablauf der regelmäßigen Verjährung von 3 Jahren gem. § 195 BGB (unabhängig von evtl. erfolgten Steuerfestsetzungen oder -erstattungen) ohne Angabe von Gründen den ihm übermittelten Gutschriftdokumenten widersprechen. Ob der Widerspruch berechtigt ist, muss zwischen den Beteiligten vor den Zivilgerichten geklärt werden.[2]

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