Bei Mehrzweck-Gutscheinen löst nicht bereits die Ausgabe bzw. Übertragung des Gutscheins, sondern erst das Einlösen des Gutscheins, d. h. die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistenden Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, die Besteuerung aus. Über diese Leistung ist dann auch nach den allgemeinen Regelungen abzurechnen.[1] Denn bei Abgabe des Gutscheins liegen nicht alle Informationen vor, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze zuverlässig zu bestimmen, insbesondere steht der Ort der Leistung und/oder der Leistende und/oder der Leistungsgegenstand nicht fest 

Die bloße Ausgabe bzw. alle bis dahin erfolgten Übertragungen eines Mehrzweck-Gutscheins sind daher steuerlich unbeachtlich. Die Besteuerung erfolgt erst zum Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins, d. h. der tatsächlichen Leistungserbringung. Der Ort der Lieferung bzw. sonstigen Leistung bestimmt sich zu diesem Zeitpunkt jeweils nach den allgemeinen Bestimmungen. Aus wirtschaftlicher Sicht muss der Gutscheinaussteller daher aufgrund der Gutscheinausstellung noch keine Umsatzsteuer abführen, hat aber bereits die Gegenleistung für den Gutschein vereinnahmt und seine Ware befindet sich noch im Lager bzw. er musste seine Dienstleistung noch nicht erbringen.

Bei mehrstufigen Vertriebsketten stellt die Ausgabe und Übertragung eines Mehrzweck-Gutscheins in der Vertriebskette lediglich einen Tausch von Zahlungsmitteln dar. Jedoch unterliegen in den Vertriebsketten die zwischen den Parteien ausgetauschten und bestimmbaren sonstigen Leistungen, wie etwa Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen, der Umsatzsteuer.[2] Beim Vertrieb von Mehrzweck-Gutscheinen kann daher unabhängig davon, ob der Vertrieb im eigenen oder fremden Namen erfolgt, ein umsatzsteuerbarer Vorgang im Zeitpunkt der Ausgabe des Mehrzweck-Gutscheins vorliegen. Der erkennbar im fremden Namen handelnde Vermittler erbringt im Zeitpunkt der Übertragung bzw. Ausgabe eine grundsätzlich steuerbare Vermittlungsleistung. Auch die Mittelsperson, die Gutscheine im eigenen Namen ausgibt, erbringt eine steuerbare Leistung an den ausstellenden/übertragenden Unternehmer.

Entgelt für diese Vertriebs- oder Absatzförderleistung wäre u. a. eine gesondert vereinbarte Provision, die mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen wäre. Diese Umsatzsteuer kann der auf den Gutschein leistende Unternehmer nach den allgemeinen Grundsätzen als Vorsteuer abziehen, soweit er Empfänger der Absatzförderung ist. Haben der leistende Unternehmer und der gutscheinausgebende Unternehmer keine Vereinbarungen über die Höhe der Vergütung für diese Vermittlungsleistung getroffen, ergibt sich diese aus der Differenz zwischen dem Gutscheinausgabepreis und dem Einkaufspreis des gutscheinausgebenden Unternehmers.

DIe Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen bestimmt sich nach den Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG und entspricht grundsätzlich der für den Gutschein gezahlten Gegenleistung. Zudem ist § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG als Regelung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen zu beachten: In Fällen, in denen keine Informationen über den Betrag der Gegenleistung bei Einlösung des Gutscheins vorliegen, z. B. da der leistende Unternehmer bei mehrstufigen Vertriebsketten das vom Leistungsempfänger gezahlte Entgelt für den Gutschein nicht vereinbart und vereinnahmt hat, wird auf den auf dem Gutschein selbst oder in den damit zusammenhängenden Unterlagen angegebenen Geldwert, den sog. "Nennwert" des Gutscheins, abgestellt.[3]

 
Praxis-Beispiel

Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen

Der Unternehmer B erwirbt im Buch- und Geschenkartikelladen des A in München einen Mehrzweck-Gutschein über einen Wert von 20 EUR für 10 EUR. B verkauft den Gutschein für 15 EUR an den Kunden C weiter. C löst den Gutschin ein und erwirbt eine Ware im Wert von 20 EUR.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage ist zu unterscheiden: Kennt A den Verkaufspreis von B an C, beträgt die Bemessungsgrundlage 15 EUR abzgl. Umsatzsteuer. Kennt A den Verkaufspreis nicht, beträgt die Bemessungsgrundlage 20 EUR abzgl. Umsatzsteuer.

Bei der unentgeltlichen Ausgabe bzw. Übertragung eines Mehrzweck-Gutscheins ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Erbringung der Leistung bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen von einer unentgeltlichen Wertabgabe auszugehen. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 4 Satz 1 UStG. Dies gilt auch dann, wenn der leistende Unternehmer einen anderen Unternehmer mit der unentgeltlichen Abgabe des Gutscheins beauftragt. Gibt ein Unternehmer, der nicht personenidentisch mit dem leistenden Unternehmer ist, einen Mehrzweck-Gutschein aus eigener Entscheidung für unternehmensfremde (private) Zwecke unentgeltlich aus, sind Besonderheiten zu beachten: Es handelt sich in letzterem Fall um die Entnahme eines Zahlungsmittels, das nicht Gegenstand der unentgeltlichen Wertabga...

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