Ist es möglich, für Veräußerungsgewinne bei einem Grundstücksverkauf eines zunächst im Umlaufvermögen bilanzierten Grundstücks eine Rücklage nach § 6b EStG zu bilden, wenn das Grundstück nach einigen Jahren in das Anlagevermögen überführt wird? Auch zu dieser Frage liefert ein BFH-Beschluss praktisches Anschauungsmaterial.[1]

Im Streitfall hatte ein gewerblicher Grundstückshändler im Jahr 1998 zunächst ein mit einem Mietshaus mit 7 Wohnungen bebautes Grundstück L erworben. Im Kaufvertrag sicherte er zu, eine beabsichtigte Verbesserung der Bausubstanz durchzuführen. Im Jahr 2001 wurde ihm eine Baugenehmigung für die Modernisierung und Instandsetzung samt Dachgeschossausbau erteilt. Er ordnete das Grundstück dem Umlaufvermögen zu. Erst im Jahresabschluss für 2007 (erstellt im Jahr 2009) wies er es erstmals im Anlagevermögen aus. Im September 2009 veräußerte er das Grundstück mit einem Gewinn von rund 681.000 EUR, den er in eine Rücklage nach § 6b EStG einstellte.

2001 erwarb er weitere Grundstücke, die er ebenfalls zunächst als Umlaufvermögen auswies, den Bilanzausweis im Jahresabschluss für 2007 aber ebenfalls als Anlagevermögen wechselte. Aus den Veräußerungen dieser beiden Grundstücke erzielte er 2011 einen Gewinn von nahezu 1,4 Mio. EUR, den er ebenfalls in eine 6b-Rücklage einstellte.

Das Finanzamt erkannte die 6b-Rücklagen nicht an, da die Grundstücke im Zeitpunkt ihrer Veräußerung nicht mindestens 6 Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen gehört hatten.[2] Zwar könne auch ein gewerblicher Grundstückshändler Grundstücke während einer langfristigen Vermietung als Anlagevermögen behandeln. Im Zeitpunkt der Veräußerung würden sie aber regelmäßig wieder zu Umlaufvermögen. Es berief sich dabei auf das Urteil des BFH vom 7.3.1996.[3]

Der BFH hat sich der Auffassung des Finanzamtes nicht angeschlossen. Die Finanzverwaltung vertritt zur Anwendung des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG die Auffassung, dass Wirtschaftsgüter, die 6 Jahre zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben, i. d. R. als Anlagevermögen angesehen werden können, es sei denn, dass besondere Gründe vorhanden sind, die einer Zurechnung zum Anlagevermögen entgegenstehen.[4]

Nach diesem Maßstab müssen in Zweifelsfällen besondere Anforderungen an die Feststellung von Umlaufvermögen gestellt werden. Zur Anwendbarkeit des § 6b EStG auf Veräußerungen eines gewerblichen Grundstückshändlers vertritt der BFH folgende Auffassung:

  • Da der Zweck des Betriebs eines gewerblichen Grundstückshandels regelmäßig in der Weiterveräußerung der Grundstücke liegt, gehören diese Grundstücke dann zum Umlaufvermögen.
  • Soweit jedoch im Rahmen eines solchen Betriebs eine gewerbliche Grundstücksvermietung durch Substanzausnutzung beabsichtigt ist, handelt es sich bei den betreffenden Grundstücken um Anlagevermögen.

Zur Veräußerung werden sie erst dann bestimmt, wenn ihre Wertsteigerung realisiert werden soll und darauf gerichtete Handlungen vorgenommen werden. Umlaufvermögen kann hier nur insoweit in Betracht kommen, als das Grundstücke zum Zwecke der Weiterveräußerung erworben und alsbald auch veräußert werden. Soweit die Grundstücke eines solchen Betriebs dem Anlagevermögen zuzuordnen sind, kommt der Abzug von Absetzungen für Abnutzung sowie die Inanspruchnahme der Vergünstigung des § 6b EStG in Betracht.[5]

Jedoch kann die vom Finanzamt zitierte Formulierung aus dem BFH-Urteil vom 7.3.1996 nicht in dem vom Finanzamt angenommenen Sinne verstanden werden. Vor allem hat der IV. Senat in einer späteren Entscheidung ausdrücklich ausgeführt, ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens werde bei unveränderter Nutzung im Betrieb nicht alleine dadurch zu Umlaufvermögen, dass sich der Steuerpflichtige zu seiner Veräußerung entschließt. Der BFH sah in dem Beschlussverfahren die Art der Bilanzierung durch den Steuerpflichtigen, d. h. den Ausweis eines Wirtschaftsguts als Anlage- oder Umlaufvermögen in der selbst aufgestellten konkreten Bilanz, als eines von mehreren "objektiven" Indizien für die Zuordnung an.

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