Rz. 5

Die kaufmännischen Bücher sind in regelmäßigen Zeitabständen abzuschließen. Das geschieht vor allem zur Selbstinformation des Kaufmanns. Er soll hierdurch eine Übersicht gewinnen über Vermögen, Schulden und Eigenkapital, auch um dadurch eine drohende Insolvenz möglichst noch rechtzeitig vermeiden zu können. Damit dient der Abschluss auch dem Gläubigerschutz.[1]

Eine Insolvenz oder andere Bedrohungen der Existenz eines Unternehmens können nur dann vermieden werden, wenn die Informationen rechtzeitig zugänglich sind. Das Instrument der Selbstinformation des Kaufmanns, der Jahresabschluss, muss daher möglichst bald zur Verfügung stehen. Daher wird den Kaufleuten allgemein gesetzlich vorgeschrieben, dass der Jahresabschluss" innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit" aufzustellen ist (§ 243 Abs. 3 HGB). Für Kapitalgesellschaften und KapCo-Gesellschaften (§§ 264 Abs. 1, 264a Abs. 1 HGB) sind hierfür gesetzlich Höchstfristen bestimmt. Sie schützen besondere Interessen und sind daher nicht als GoB allgemein verbindlich.

 

Rz. 6

Ein später als ein Jahr nach dem Bilanzstichtag aufgestellter Jahresabschluss ist auf jeden Fall nicht mehr innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufgestellt. Wird ein Jahresabschluss nicht innerhalb eines Jahres nach dem Bilanzstichtag aufgestellt, besteht die Gefahr, dass Wertansätze nicht nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag, sondern unzulässigerweise nach dem Ergebnis mehrerer inzwischen abgelaufener Wirtschaftsjahre gebildet werden.[2]

 

Rz. 7

Die 12-Monatsfrist nach dem Bilanzstichtag ist daher eine Höchstfrist. Auch die Überschreitung einer kürzeren Frist bei der Bilanzaufstellung kann einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang widersprechen. Im Schrifttum wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass im Normalfall ein Unternehmen, das sich nicht in der Krise befindet, den Jahresabschluss innerhalb von 6 bis 9 Monaten aufzustellen hat. Eine Aufstellung später als 6 Monate nach dem Abschlussstichtag soll jedoch nur zulässig sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine schnellere Aufstellung tatsächlich unmöglich machen oder aus wirtschaftlichen Gründen eine Verlängerung der Aufstellungsfrist erfordern. Dann soll aber eine Obergrenze von 9 Monaten bestehen.[3]

Wenn der Jahresabschluss seinen Zweck, die Vermögens- und Ertragslage festzustellen, erfüllen soll, muss er kurzfristig aufgestellt werden. Innerhalb des Geschäftsjahres hat der Kaufmann nur die laufende Buchführung als (Pflicht-)Informationsmittel. Sie gibt ihm aber nur über einzelne Geschäfte, einzelne Bilanzposten, wie Stand der Forderungen und der Verbindlichkeiten insgesamt und gegenüber einzelnen Geschäftsfreunden, Bankbestände usw., Auskunft. Das Geschäftsergebnis und die Vermögenslage lassen sich jedoch erst durch den Jahresabschluss ermitteln, wenn auch die Inventurbestände vorliegen.

 

Rz. 8

Während des Geschäftsjahrs muss also der Kaufmann aufgrund der unzureichenden Buchführungszahlen seine Entscheidungen treffen. Dann darf aber keine Zeit verloren werden, um sobald wie möglich ein genaues Bild über die Ertrags- und Vermögenslage zu bekommen, um noch rechtzeitig einer ungünstigen Entwicklung gegensteuern zu können oder eine günstige Entwicklung rechtzeitig zu fördern. Deshalb ist dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts[4] zuzustimmen, wonach der Jahresabschluss nur dann innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufgestellt ist, wenn er nach den Verhältnissen des betreffenden Unternehmens alsbald nach dem Ende des Geschäftsjahrs aufgestellt wird.

Wenn ein besonderes Bedürfnis besteht, dass kleine Kapitalgesellschaften ihren Jahresabschluss spätestens innerhalb eines halben Jahres aufzustellen haben, um rechtzeitig Informationsmöglichkeiten zu gewinnen, dann ist es nicht plausibel, warum Einzelunternehmen und Personengesellschaften gleicher Größe auf dieses Instrument länger verzichten können. Die Gesellschafter einer kleinen Kapitalgesellschaft haben i. d. R. die gleichen Einblicksmöglichkeiten wie die Gesellschafter einer Personengesellschaft. Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind bei kritischer Wirtschaftslage mindestens ebenso gefährdet wie Kapitalgesellschaften. Sie können daher nicht länger als Kapitalgesellschaften auf das Informationsmittel des Jahresabschlusses verzichten.

 

Rz. 9

In welchem Zeitpunkt ein Jahresabschluss "aufgestellt" ist, ergibt sich aus dem Zweck und aus dem Zusammenhang der Vorschriften. Wie allgemein § 243 Abs. 3 HGB, behandelt auch § 264 Abs. 1 HGB speziell für die Kapitalgesellschaften die Aufstellung. In den Sondervorschriften für die Kapitalgesellschaften wird zwischen Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses unterschieden. Während die Aufstellung innerhalb der ersten drei bzw. sechs Monate durch die gesetzlichen Vertreter geschehen muss, folgt erst später die Feststellung des Jahresabschlusses, bei der GmbH i. d. R. zeitlich zusammen mit dem Gewinnverwendungsbeschluss (§ 46 Nr. 1 Gmb...

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