Ist der Gegenstand der gesonderten Feststellung bei der Besteuerung mehreren Personen zuzurechnen (z. B. bei Bruchteils-, Güter- und Erbengemeinschaften sowie GbR), ist die Feststellung für alle Beteiligten zugleich einheitlich zu treffen.[1] Die steuerliche Erfassung der von diesen Personenmehrheiten erzielten Einkünfte, seien es Gewinneinkünfte oder seien es Überschusseinkünfte, und der mit ihnen in Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen ist zwingend im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung vorzunehmen.[2] Hiervon kann das Finanzamt nur in wenigen Fällen abweichen, z. B. wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt.[3]

 
Praxis-Beispiel

Gemeinsame Mieteinkünfte

Die Brüder A und B sind je zur Hälfte Eigentümer eines mehrstöckigen Mietshauses mit mehreren Wohnungen. Die hieraus erzielten Gesamteinkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind von dem für deren Verwaltung nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 AO zuständigen Finanzamt[4] einheitlich und gesondert festzustellen und entsprechend dem jeweiligen Miteigentumsanteil auf A und B aufzuteilen. Das entsprechende Ergebnis des Feststellungsbescheids wird vom Feststellungsfinanzamt den jeweils für A und B zuständigen Wohnsitzfinanzämtern intern mitgeteilt[5] und dort durch Erlass entsprechender ESt-Bescheide ungeprüft von Amts wegen übernommen. Liegt ein Fall von geringer Bedeutung vor, sieht das Feststellungsfinanzamt von der Feststellung ab und erlässt ggf. einen sog. negativen Feststellungsbescheid. In der Praxis wird von der Finanzverwaltung[6] ein Fall von geringer Bedeutung insbesondere bei gemeinsamen Miet- und Kapitaleinkünften von zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern angenommen.[7] Dies gilt regelmäßig auch bei gewerblichen Einkünften einer Ehegatten-GbR aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des gemeinsamen Einfamilienhauses.[8]

Es empfiehlt sich daher, in solchen Fällen von vornherein keine Feststellungserklärung einzureichen. Stattdessen müssen die Einkünfte unmittelbar in der Einkommensteuererklärung angegeben werden, mit der Folge dass sie – ohne ein zusätzliches Feststellungsverfahren – unmittelbar in den ESt-Bescheid der Eheleute eingehen.

 
Wichtig

Geringe Bedeutung auch bei Verlusten

Von besonderer praktischer Bedeutung ist diese Empfehlung bei Verlusten aus Vermietung und Verpachtung, wie eine Entscheidung des BFH vor Augen geführt hat.[9] Im Streitfall hatten Eheleute ESt-Erklärungen für mehrere Jahre abgegeben, ohne vorab entstandene Werbungskosten aus V+V (Hypothekenzinsen) geltend zu machen. Nach Bestandskraft der entsprechenden ESt-Bescheide beantragten sie die Anerkennung der Verluste auf der Grundlage durchzuführender Feststellungsverfahren. Das FA lehnte dies unter Hinweis auf einen Fall geringer Bedeutung mit negativem Feststellungsbescheid ab und bekam vor dem BFH Recht. Danach liegt ein Fall von geringer Bedeutung regelmäßig dann vor, wenn es um die Ermittlung der Einkünfte aus V+V eines ausschließlich zu Wohnzwecken genutzten Hauses oder einer Eigentumswohnung geht, das den zusammenveranlagten Eheleuten je zur Hälfte gehört. In einem solchen Fall ist die Ermittlung der Einkünfte hinsichtlich Höhe und Zurechnung verhältnismäßig einfach und die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nahezu ausgeschlossen.

In einem einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheid ist über alle Fragen zu entscheiden, die die Einkünfte als Besteuerungsgrundlage betreffen und wegen des sachlichen Zusammenhangs positive oder negative Bedeutung haben. Dazu gehören neben der Feststellung der Einkunftsart, des gemeinsam erzielten Ergebnisses aus Einnahmen und Ausgaben und des jeweiligen Anteils insbesondere auch die Aufwendungen eines Gesellschafters bzw. Gemeinschafters, die er im sachlichen Zusammenhang mit den gemeinsamen Einkünften in eigener Person erbracht hat.

 
Praxis-Beispiel

Sonderwerbungskosten

Eine aus A und B bestehende GbR erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. A kümmert sich um das vermietete Gebäude und führt den Kontakt mit den Mietern. Die ihm hieraus resultierenden Ausgaben (z. B. Fahrt- oder Telefonkosten) sind als Sonderwerbungskosten des A im Feststellungsverfahren geltend zu machen.[10]

 
Wichtig

Nachholung i. d. R. nicht möglich

Wird dies unterlassen, sei es aus Unachtsamkeit oder sei es in der irrigen Annahme, die Ausgaben des A seien unmittelbar in dessen ESt-Erklärung anzugeben, kann dies böse Folgen haben. Denn eine Berücksichtigung der Ausgaben im ESt-Bescheid ohne deren Erfassung im Feststellungsbescheid ist nicht möglich. Existiert aber bereits ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid, der nicht mehr mit dem Einspruch angefochten werden kann, ist eine nachträgliche Berücksichtigung der Ausgaben im Feststellungsbescheid i. d. R. ausgeschlossen. So liegen in einem solchen Fall weder die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO bezüglich der abgelaufenen Einspruchsfrist noch für eine Korrektur des Feststellungsbescheids aufgrund neuer Tat...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge