OFD Chemnitz, 17.12.1991, S 4505 - 1 - St 23

1. Nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sind von der Besteuerung nach GrEStG ausgenommen der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden i. S. des ErbStG. Schenkungen unter einer Auflage sind nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstücks (§ 10 GrEStG) der Wert der Auflage übersteigt.

§ 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG ist nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.05.1984 (BStBl. II 1984, 608) verfassungskonform dahin auszulegen, dass bei belastet erworbenem Vermögen im Ausmaß der Belastung neben der Schenkungsteuer keine GrESt zu erheben ist. Nach Auffassung des BVerfG dürfen Belastungen, die wegen ihrer Nichtabzugsfähigkeit bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer mittelbar Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer sind, nicht noch einmal Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sein, unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang tatsächlich Erbschaft- oder Schenkungsteuer erhoben wird.

Diese Entscheidung hat für sog. gemischte Grundstücksschenkungen keine Bedeutung. Bei diesen wird das Grundstück teils entgeltlich und teils unentgeltlich erworben (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 21.10.1981, BStBl. II 1982, 83). Die Gegenleistung entfällt voll auf den entgeltlich erworbenen Teil des Grundstücks und ist dem gemäß auch als Gegenleistung i. S. des § 8 Abs. 1 GrEStG zu erfassen. Eine schenkungsteuer kommt insoweit nicht in Betracht. Hinsichtlich des unentgeltlich zugewendeten Teils des Grundstücks liegt kein belastet erworbenes Vermögen vor.

2. Die von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vertretene Auffassung, Schenkungen unter einer Auflage seien in schenkungsteuerlicher Hinsicht den gemischten Schenkungen gleichzustellen, ist vom BFH im Urteil vom 12.04.1989 (BStBl. II 1989, 524) nur teilweise bestätigt worden. Nach dieser Entscheidung sind zwei Fallgruppen der Schenkung unter einer Auflage zu unterscheiden:

Leistungsauflage:

Soweit dem Bedachten Aufwendungen auferlegt sind, die ihn zu Geld- oder Sachleistungen (z. B. Rentenzahlungen, Gleichstellungsgelder, Übernahme von Grundstücksbelastungen und andere Verpflichtungen des Schenkers) verpflichten, ist er insoweit – wie bei einer gemischten Schenkung – nicht i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf Kosten des Zuwendenden bereichert.

Nutzungs- oder Duldungsauflage

Soweit dem Bedachten auferlegt ist, die Nutzung des Schenkungsgegenstandes durch einen anderen zu dulden (z. B. bei Nießbrauch oder Wohnrecht), ist er um den gesamten Zuwendungsgegenstand bereichert; die Duldungspflicht ist durch den Abzug der Last zu berücksichtigen, soweit § 25 Abs. 1 ErbStG das nicht ausschließt.

3.1 Diese Rechtsprechung, die nach Maßgabe der Erlass vom 09.11.1989 (BStBl. I 1989, 445) anzuwenden ist, wirkt sich bei der Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG aus. Bei einer Schenkung unter einer Auflage ist nur dann der Wert der Auflage als Gegenleistung der GrEStG zu unterwerfen, wenn es sich

  • Um eine Schenkung unter einer Leistungsauflage handelt oder
  • Eine Schenkung unter einer Duldungsauflage vorliegt, bei der der Abzug der Last nicht nach § 25 Abs. 1 ErbStG ausgeschlossen ist, weil die Auflage einer anderen Person als dem Schenker oder dessen Ehegatten zugute kommt.

Liegt dagegen eine Schenkung mit einer Duldungsauflage vor, die nach § 25 Abs. 1 ErbStG nicht abgezogen werden kann, weil sie den Schenker oder dessen Ehegatten begünstigt, kann nach der o.g. Entscheidung des BVerfG vom 15.05.1984 vom Wert der Auflage keine GrESt festgesetzt werden.

3.2 Übersteigt der bei der GrESt anzusetzende Wert einer Nutzungs- oder Duldungsauflage den bei der Schenkungsteuer maßgeblichen Wert, ist für diesen Teilbetrag GrESt festzusetzen. Zu einer unterschiedlichen Bewertung kann es kommen, weil die Begrenzung des Jahreswertes von Nutzungen nach § 16 BewG nicht für die GrESt gilt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 BewG).

Beispiel:

A überträgt B ein Grundstück

  • unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs für sich und zugunsten seiner Ehefrau und
  • gegen Zahlung einer monatlichen Rente
Steuerwert des Grundstücks 50.000 DM  
Verkehrswert des Grundstücks 100.000 DM  
Verkehrswert Nießbrauch 50.000 DM  
Steuerwert Nießbrauch (§ 16 BewG) 10.000 DM  
Verkehrswert Rente 20.000 DM  

a) Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Schenkers und/oder seines Ehegatten

Berechnung der Schenkungsteuer

1.

Berechnung der Bereicherung

Verkehrswert Grundstück 100.000 DM  
Verkehrswert Rente 20.000 DM  
Bereicherung 80.000 DM  

Bereicherung entspricht 80 v. H. des Verkehrswertes

2.

Berechnung der Bemessungsgrundlage

Steuerwert des Grundstücks 50.000 DM  
Davon 80 v. H. 40.000 DM  
3.

Berechnung der Schenkungsteuer

Erwerb (vgl. Nr. 2) 40.000 DM  
./. Freibetrag 3.000 DM  
steuerpflichtiger Erwerb 37.000 DM  
Steuer (20 v. H.) 7.400 DM  

Der Nießbrauch bleibt gem. § 25 Abs. 1 ErbStG unberücksichtigt.

Berechnung der Grunderwerbsteuer

Die GrESt ist aus 60.000 DM (Verkehrswert Rente und Differenz der Nießbrauchswerte – ...

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