Rz. 89

Ständiges Thema der BFH-Rechtsprechung ist schon seit Jahrzehnten im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsgut (Vermögensgegenstand) "Grund und Boden" die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Erschließungsbeiträgen und ähnlichen Aufwendungen z. B. für die Erschließungsmaßnahmen durch die öffentliche Hand, nämlich die Ver- bzw. Entsorgung der Grundstücke mit Strom, Gas, Wasser, Fernwärme und für die Schaffung von Gehwegen und Straßen.

 

Rz. 90

1. 

Ersterschließungen

Die Gemeinden sind nach den Kommunalabgabe-Gesetzen der einzelnen Bundesländer berechtigt, Beiträge zur Kostendeckung für den ersten Anschluss von Grundstücken an die öffentlichen Netze Beträge zu erheben. Derartige Beiträge sind als nachträgliche Anschaffungskosten eines Grundstücks zu aktivieren, wenn sie für eine erstmalige Maßnahme erhoben werden und zu einer wesentlichen Verbesserung und Erweiterung der Benutzbarkeit des Grundstücks führen. Beiträge für den erstmaligen Versorgungsanschluss sind nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten zu aktivieren, wenn sie auf Anlagen außerhalb des eigenen Grundstücks entfallen.[1]

 

Rz. 91

2. 

Zweit- oder Zusatzerschließungen, Ersetzung oder Modernisierung der Erstanlagen

Noch viele Jahre nach der Bebauung der Grundstücke werden Grundstückseigentümer von den Gemeinden zur Finanzierung von Erschließungsmaßnahmen herangezogen, weil vorhandene öffentliche Erschließungsanlagen ersetzt oder modernisiert oder private Erschließungen durch erstmalige öffentliche Anlagen ersetzt werden. Auch Beiträge für eine Zweit- oder Zusatzerschließung eines Grundstücks (z. B. eine weitere Straße) werden durch die Gemeinden von den Grundstückseigentümern erhoben. Bei einer Zweiterschließung sind die Aufwendungen nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten zu aktivieren, wenn dadurch eine weitere Bebaubarkeit des Grundstücks erreicht wird. Wird eine Erschließungsmaßnahme durch eine andere ersetzt, liegt Erhaltungsaufwand vor. Ergänzungsbeiträge, die der Erneuerung von bereits bestehenden Kanalanschlüssen dienen, stellen Erhaltungsaufwand und keine nachträglichen Anschaffungskosten dar.[2]

 

Rz. 92

3. 

Anschaffungskosten oder sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten

Nicht in allen Fällen führen die von den Grundstückseigentümern zu leistenden Beiträge zu Anschaffungskosten des Grund und Bodens. In zahlreichen noch näher zu bezeichnenden Fällen ergibt sich die Möglichkeit der Behandlung als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten.

 

Rz. 93

4. 

Erschließungsanlagen im zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Gewand

Bei dieser originär steuerrechtlichen Auslegung des § 255 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGB kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Erschließung um eine öffentliche Erschließungsanlage oder um eine private Erschließungsanlage handelt und in welchem zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Gewand die Erschließung vorgenommen wird. Entscheidend ist allein, ob die Erschließung die Nutzbarkeit des Grund und Bodens unabhängig von der Bebauung des Grundstücks und dem Bestand von auf dem Grundstück errichteten Gebäuden erweitert und damit dem Grundstück ein besonderes, über den bisherigen Zustand hinausgehendes Gepräge ("versetzen" in § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB) gibt.[3]

 

Rz. 94

5. 

Aufgrund einer Satzungsänderung von der Gemeinde nachgeforderte Erschließungsbeiträge

Von der Gemeinde (wenn auch erst nach Jahren) aufgrund einer Satzungsänderung vom Grundstückseigentümer nachgeforderte Erschließungsbeiträge sind nachträgliche Anschaffungskosten für den Grund und Boden, wenn die Gemeinde lediglich den Berechnungsmaßstab geändert hat, die Beitragspflicht als solche ihren Grund aber nach wie vor in einer erstmaligen Erschließungsmaßnahme hat. Dabei handelt es sich somit um solche Kosten, die zeitlich nach der Herstellung der Betriebsbereitschaft anfallen, aber mit dem Erwerbsvorgang noch in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Hierzu sind vor allem auch die Aufwendungen für solche Maßnahmen nach der Anschaffung zu rechnen, die die Benutzbarkeit des angeschafften Wirtschaftsguts (z. B. des Grundstücks) erhöhen und seinen Wert steigern. Ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Anschaffungsvorgang ist damit nicht erforderlich. Mit der Zuordnung zum Grund und Boden entfällt zugleich die Möglichkeit, den Aufwand als Herstellungskosten des Gebäudes zu betrachten.[4]

 

Rz. 95

6. 

Versetzen in einen betriebsbereiten Zustand

Wird mit Erschließungsmaßnahmen das Grundstück in einen betriebsbereiten Zustand versetzt, sind die dadurch verursachten Aufwendungen den Anschaffungskosten von Grund und Boden zuzurechnen. Der Erwerber bestimmt den Zweck des Grundstücks und damit, in welcher Weise es genutzt werden soll. In Bezug auf den Grund und Boden wird dessen Betriebsbereitschaft allein durch seinen Zustand und deshalb durch grundstücksbezogene Kriterien bestimmt, insbesondere durch Größe, Lage, Zuschnitt, Erschließung und Grad der Bebaubarkeit.[5]

 

Rz. 96

  Solange diese Merkmale unverändert bleiben, bleibt es auch...

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