2.3.4.1 Unterschiede in den Gewinnermittlungsarten

 

Rz. 81

Der entscheidende Unterschied zwischen dem Betriebsvermögensvergleich und der Einnahmenüberschussrechnung besteht in der nicht periodengerechten Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben.[1] Als GoB in § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB festgeschrieben, ist das Periodisierungsprinzip für den Bilanzierenden maßgeblich. Der Einnahmenüberschussrechnung, die in ihrer reinen Form ausschließlich durch das Zu- und Abflussprinzip (§ 11 EStG) gekennzeichnet ist, ist dieses Prinzip jedoch grundsätzlich fremd.

 

Rz. 82

Die Einnahmenüberschussrechnung ist nach dem Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG zu erstellen. Betriebseinnahmen entstehen nicht schon durch eine Forderung aus einer abgewickelten Leistung, sondern erst durch den Zahlungseingang auf die Forderung. Andererseits entstehen Betriebsausgaben für eine erhaltene Leistung nicht mit der Entstehung der Verbindlichkeit, sondern erst mit dem Zahlungsausgang auf die Verbindlichkeit.[2]

Sofern Vereinnahmung bzw. Verausgabung – wie bei einer großen Zahl der Geschäftsvorfälle – im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erfolgen, ergeben sich keine Unterschiede zwischen den Gewinnermittlungsarten. Erfolgen Vereinnahmung oder Verausgabung jedoch nicht im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, dann besteht zwar Übereinstimmung hinsichtlich des Totalgewinns beider Gewinnermittlungsarten, nicht aber hinsichtlich der einzelnen Periodengewinne.

 

Rz. 83

Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kennt bis auf wenige Ausnahmen (z. B. regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben) keine Erfolgsabgrenzungen wie der Betriebsvermögensvergleich.

Die Einnahmenüberschussrechnung arbeitet somit nicht mit aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungsposten (Ausnahmen in § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG und § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG), Forderungen, Verbindlichkeiten sowie Rückstellungen. Auch Wertberichtigungen auf Forderungen (Delkredere) kommen nicht in Betracht.[3] Bei Darlehensverbindlichkeiten führt der tatsächlich einbehaltene Unterschiedsbetrag zum Darlehensnennbetrag (sog. Damnum/Disagio) – anders als beim Betriebsvermögensvergleich – sofort zu einer Betriebsausgabe bzw. -einnahme.[4]

Möchte der Steuerpflichtige einen dieser – nur im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs zu berücksichtigenden – Posten in Anspruch nehmen, so ist ein Übergang zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zwingend vorgeschrieben.

 

Rz. 84

Bei der Einnahmenüberschussrechnung bleiben Wertschwankungen der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unberücksichtigt. Die Vornahme einer Teilwertabschreibung setzt die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich voraus.[5] Eine Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nrn. 1,2 EStG) bei der Einnahmenüberschussrechnung würde auch dem Vereinfachungsgedanken des § 4 Abs. 3 EStG widersprechen.[6]

Diese Sichtweise deckt sich mit dem Wortlaut des Gesetzes. Zum einen wird in § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG ausdrücklich nur auf die Vorschriften für Absetzung für Abnutzung oder Absetzung für Substanzverringerung verwiesen. Zum anderen bezieht sich § 6 Abs. 1 EStG ausdrücklich nur auf die Bewertung des Betriebsvermögens, das nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG anzusetzen ist.[7]

Gleichwohl ergibt sich aus der Rechtsprechung auch bei der Einnahmenüberschussrechnung die Möglichkeit, bei Verlust eines Gegenstandes eine Absetzung für außergewöhnliche oder wirtschaftliche Abnutzung i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG vorzunehmen.[8] Abschreibungszeitpunkt kann jedoch nur der Zeitpunkt des endgültigen Wertverlusts sein.

 

Rz. 85

Während alle Umsatzsteuer- und Vorsteuerzahlungen im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs als durchlaufende Posten und somit erfolgsneutral zu verbuchen sind, führen sie im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung, dem Zu- und Abflussprinzip folgend, zu Betriebseinnahmen bzw. -ausgaben. Die Behandlung der Umsatzsteuer im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung ist in folgender Grafik verdeutlicht:[9]

 

Rz. 86

Die Vornahme einer Inventur, die Erstellung einer Bilanz, einer GuV, eines Inventars und das zeitnahe Verbuchen von Geschäftsvorfällen sind bei der Einnahmenüberschussrechnung nicht notwendig. Dies und der Umstand, dass Einnahmen aus Ausgangsleistungen erst im Zeitpunkt des Geldeingangs als Betriebseinnahmen zu erfassen sind, erscheinen auf den ersten Blick als finanzieller und zeitlicher Vorteil.[10]

Nachteilig ist jedoch, dass spiegelbildlich auch Eingangsleistungen erst bei der Bezahlung der Waren als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Ebenfalls nachteilig ist, dass die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens durch die Einnahmenüberschussrechnung unzureichend dargestellt wird.[11]

[1] Falterbaum u. a., Buchführung und Bilanz, 23. Aufl. 2020, S. 1214.
[2] Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 5. Aufl. 2015, Einführung Rz. 147.
[3] Bode, in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl. 2021, § 4 EStG Rz. 144; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, 5. Aufl. 2015, Einführung Rz. 147.
[4] Gunsenheimer, Die Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, 15. Aufl. 2019, Rz. 372 ff.

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