Nach eingängigen Untersuchungen werden 80 % der späteren Kosten eines Produktes bereits in der Phase der Produktentwicklung festgelegt (vgl. Abb. 12).

Abb. 12: Phasen der Kostenfestlegung

Wird der Einkauf in dieser Phase nicht beteiligt, entgeht dem Unternehmen eine große Chance, die Produktkosten zu beeinflussen. Auch hier können Sie den Fragenkatalog zur Wertanalyse einsetzen, um zu hinterfragen, Alternativen zu entwickeln und aufzuzeigen.

Interessant sind in diesem Zusammenhang Entwicklungspartnerschaften mit Lieferanten. Allerdings sollten Sie bei der gemeinsamen Produktentwicklung darauf achten, dass der Lieferant keine Teile verwendet, auf die er ein Schutzrecht hat, denn in dem Fall sind Sie ihm ausgeliefert. Außerdem sollten Sie auf saubere und klare vertragliche Regelungen achten, damit Ihr Unternehmen kein böses Erwachen erleben muss.

Entwicklungskosten

Bei Entwicklungspartnerschaften wird zunächst ein Angebot über die Entwicklungskosten eingeholt. Hierin sind meistens bereits große Preisunterschiede enthalten. Um das Projekt aber korrekt beurteilen zu können, müssen Sie auch die eventuellen Werkzeugkosten und die späteren Produktkosten in den Angebotsvergleich einbeziehen.

 
Praxis-Beispiel

Ein existierendes Unternehmen hatte einen externen Entwicklungsauftrag für einen Halter, der im Betonbau verwendet werden sollte, vergeben. Genauer: Die Geschäftsführung hatte den Auftrag ohne Beteiligung des Einkaufs vergeben. Die Einzelteile waren im Wesentlichen Zeichnungsteile. Der Einkauf erhielt später von der Geschäftsleitung die Zeichnungen und die entsprechenden Lieferantenvereinbarungen.

Dabei war eine Grundplatte – laut Entwickler gelasert, mit engen Toleranzen, zwei Röhrchen, die später auf die Platte aufgeschweißt werden mussten, sauber entgratet, ebenfalls mit engen Toleranzen, ein U-Bügel mit Bohrung, eine Feder, zwei Spritzgussteile und ein paar Kleinteile.

Im Endeffekt war das Teil sehr teuer, weil auch die Fertigungskosten im eigenen Haus relativ hoch waren. Der Anbieter war für die Schweißarbeiten nicht optimal ausgestattet, weder maschinell noch personell.

Die gelaserte Platte sollte 2,00 EUR kosten, die Rohrabschnitte 0,35 EUR, der Bügel 1,50 EUR, die Feder 0,08 EUR, die Spritzgussteile 0,76 EUR.

Der Einkauf des Unternehmens suchte andere Lieferanten, um die Platte stanzen zu lassen. Der Lieferant hat die Röhrchen, die durch ein billigeres Vierkantrohr ersetzt wurden, gleich aufgeschweißt. Der Preis für die komplette Baugruppe betrug 1,08 EUR. Der Bügel konnte bei einem anderen Lieferanten für 0,90 EUR zugekauft werden, die Spritzgussteile durch Veränderung der Losgröße und eine Lieferantenwertanalyse für 0,67 EUR, die Feder für 0,06 EUR. Außerdem konnte das Unternehmen die kostenintensive Montage im eigenen Haus an ein Unternehmen für Monatagedienstleitungen vergeben.

Lassen Sie sich als Einkäufer nicht aus der Produktentwicklung drängen, zeigen Sie die Möglichkeiten auf und nehmen Sie aktiv teil.

Eine systematische Methodenkenntnis der Kostensenkung sollte für jeden Einkäufer selbstverständlich sein. Nachhaltige Verbesserungen der Einkaufspreise lassen sich nicht dadurch senken, dass der Einkaufsleiter jeden Kugelschreiber daraufhin kontrolliert, dass die Mine auch tatsächlich leer ist, oder auch nicht durch systematische Anwendung irgendwelcher theoretischen Kostenfunktionen. Das mag zwar der betriebswirtschaftlichen Theorie entsprechen und es mag auch sinnvoll sein zu wissen, dass die Fixkostendeckung umso besser ist, je besser die Kapazitätsauslastung ist. Aber wirklich hilfreich ist das für die Praxis nicht. Da helfen eher Kreativität und gesunder Menschenverstand.

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