Grundsätzlich verfolgt Ihr Lieferant die gleichen Interessen wie Sie. Jedes Unternehmen muss grundsätzlich drei Ziele verfolgen, um langfristig im Markt bestehen zu können:

  • Wachstum
  • Entwicklung
  • Gewinn.

Diese drei Generalziele bestimmen letztlich das Handeln jedes Unternehmens. Es kann zwar sein, dass je nach Markt- und Unternehmenssituation eines der Ziele mehr im Vordergrund steht als das andere, letztlich muss aber eine Balance zwischen den Zielen gefunden werden (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Alle sitzen in einem Boot

 
Praxis-Beispiel

Verfolgt der Lieferant beispielsweise die Strategie, aktuell neue Marktanteile zu gewinnen, muss er dafür vielleicht kurzfristig auf zukünftigen Gewinn verzichten, um das Marktwachstum zu finanzieren. Befinden sich seine Produkte in der Hochphase ihres Produktlebenszyklus, steht das Gewinnziel im Vordergrund, um kurzfristig finanzielle Mittel für weiteres Marktwachstum oder die Entwicklung von Neuprodukten zu generieren.

Operative Ziele des Lieferanten

Neben diesen generellen, für alle Unternehmen gültigen strategischen Unternehmenszielen verfolgt der Lieferant eine Reihe operativer Ziele. Sein Handeln wird von folgenden Faktoren bestimmt:

  • Kostenorientierung – er wird versuchen, einen Preis zu realisieren, der seine Selbstkostenkalkulation zuzüglich eines aus seiner Sicht angemessenen Gewinnaufschlags deckt.
  • Wettbewerbsorientierung – die Preise orientieren sich an der Preisgestaltung der wichtigsten Wettbewerber, in der Regel der Marktführer.
  • Nutzenorientierung – die Preisfestsetzung erfolgt nach dem möglichen Nutzwert für den Kunden (durch Marktuntersuchungen ermittelt).
  • Attraktivität – der Preis wird durch die Attraktivität des Produktes für die Kundenzielgruppe ermittelt.
  • Kundenorientierung – der Preis wird beeinflusst durch die Bedeutung, die der Lieferant dem Kunden für seine künftige Strategie beimisst.

Preisdifferenzierung

Ein weiterer Aspekt ist die Preisdifferenzierung. Oft werden gleiche Produkte vom selben Unternehmen zu verschiedenen Standardpreisen angeboten. Dies ist ein strategisches Marketinginstrument.

Die Differenzierung erfolgt beispielsweise nach:

  • Branchen
  • Käufergruppen
  • Kaufmengen (Staffelpreise etc.)
  • Verwendungsart (Erstbeschaffung, Ersatzteile)
  • geographischen Aspekten (Inland, Export)
  • Lieferzeiten (saisonale Aspekte)
  • strategischen Aspekten (langfristige Kundenbindung etc.).

Gibt es eine Preisdifferenzierung für verschiedene Teilmärkte, sprechen wir von einer vertikalen Preisdifferenzierung. Eventuell liegt hier ein Ansatzpunkt zur Senkung Ihrer Einkaufspreise.

 
Praxis-Beispiel

Ein existierendes Unternehmen benötigte sehr viele Befestigungselemente für den Abdichtungsbereich. Es handelte sich um Nägel für die Direktmontage mit Bolzensetzgeräten. Das übliche Preissystem des Herstellers (Mengenstaffel aufgrund kumulierter Einkaufsmengen) stieß sehr schnell an Grenzen. Die vom Unternehmen benötigten Mengen sprengten einfach das Schema, der Fall war nicht vorgesehen. Außerdem traten zwei Wettbewerber auf den Plan, die ebenfalls diesen Kuchen haben wollten.

Letztlich hat das Unternehmen ein "No-Name-Produkt" ausfindig gemacht, das der Konzern nur für den südeuropäischen Markt produzierte, das den Anforderungen jedoch vollauf genügte. Es erhielt lediglich eine andere Verpackung und kostete etwa die Hälfte der ursprünglichen Version.

 
Praxis-Tipp

Fordern Sie Ihren Lieferanten. Besonders, wenn ein großes Einkaufsvolumen (vor allem stückzahlmäßig) vorhanden ist, sollten Sie auch Richtung Eigenlabel denken. Die Lieferanten sind hier durchaus offen, vor allem schützen sie auf diese Weise hochpreisige Eigenmarken und natürlich ist das "eine ganz andere Qualität, überhaupt nicht vergleichbar." Die so genannten No-Name-Produkte im Einzelhandel werden in der Regel von Markenartiklern geliefert, die so eine bessere Produktionsauslastung erreichen.

Beruht die Preisdifferenzierung dagegen auf unterschiedlichen Phasen der Produktlebensdauer eines Gutes, liegt eine horizontale Preisdifferenzierung vor.

Als Beispiel können hier Videorecorder oder auch PCs genannt werden. Die ersten Modelle waren verhältnismäßig teuer, dann begann sich der Preis anzupassen. Wird eine Maschine erstmals für einen Kunden als Sondermaschine gebaut, wird der Preis verhältnismäßig hoch sein. Wird diese Maschine dann als Serienmaschine gebaut, sinkt der Preis entsprechend.

Ein anderer Fall liegt vor, wenn von vornherein die Absicht der Produktion einer Serienmaschine geplant ist und Sie einen Prototyp, praktisch die Nullserie, bekommen. Dann können Sie sich Ihre Rolle als "Versuchskaninchen" mit Preisabschlägen bezahlen lassen. Der Lieferant profitiert davon, dass Sie Ihre Erfahrungen einbringen und ihm letztlich beim Abstellen von "Kinderkrankheiten" helfen.

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