Rz. 57

Wenn die GuV-Rechnung dem Prinzip der Produktionserfolgsrechnung (GKV) folgt und demnach in den Aufwendungen alle dem Geschäftsjahr zuzurechnenden Ausgaben zu erfassen sind, müssen neben den Umsatzerlösen auch die Bestandserhöhungen (z. B. durch Lagerproduktion) bzw. Bestandsminderungen (z. B. durch Lagerabbau) an unfertigen und fertigen Erzeugnissen in die Erträge bzw. Aufwendungen einbezogen werden. Besondere Bedeutung erlangt dieser Posten vor allem bei Unternehmen mit langfristiger Auftragsfertigung, da die Umsatzerlöse – in Abhängigkeit der fertiggestellten Aufträge – im Zeitverlauf größeren Schwankungen unterliegen können.[1]

 

Rz. 58

Dem Grunde nach sind hier Bestandsdifferenzen an Erzeugnissen seit dem letzten Geschäftsjahresende auszuweisen, die positiv (Bestandserhöhungen) oder negativ (Bestandsverminderungen) sein können und auf Mengen- und/oder Wertänderungen zurückzuführen sind (§ 277 Abs. 2 HGB). Bei Industriebetrieben sind in die Bestandsänderungsrechnung alle im Unternehmen durch Be- oder Verarbeitung entstandenen absatzbestimmten Produkte einzubeziehen, und zwar gleichgültig, ob sie die vorgesehene Absatzreife bereits erreicht haben (fertige Erzeugnisse) oder nicht (unfertige Erzeugnisse). Die produktbezogene Abgrenzung ist am Begriff der fertigen und unfertigen Erzeugnisse des Vorratsvermögens auszurichten,[2] da diese Vermögensgegenstände auch in den Bilanzpositionen AKTIVA B I Nr. 2 und 3 der Bilanzgliederung so bezeichnet werden. Fraglich ist allerdings, ob auch Bestandsänderungen an unfertigen Leistungen einzubeziehen sind. Obwohl der Gesetzgeber mit der Postenbezeichnung nur auf Produktionsunternehmen abgestellt hat, sind nach h. M. die Bestandsänderungen an "unfertigen Leistungen" ("nicht abgerechnete Leistungen") mit unter Position Nr. 2 im Gesamtkostenverfahren auszuweisen.[3] Dem Sinn und Zweck der Hinzurechnung von Bestandsänderungen nach kommt es darauf an, ob Betriebsleistungen erbracht wurden, die in den Umsatzerlösen keinen Niederschlag fanden, für die aber andererseits im Geschäftsjahr Aufwendungen entstanden sind. Nach einem Vorschlag von Winzker könnte der Posten z. B. heißen: "Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen sowie an nicht abgerechneten Leistungen".[4]

In bestimmten Branchen, z. B. Schifffahrt, sind auch spezifischere Bezeichnungen möglich.[5] Da Waren nicht im Unternehmen erstellt werden, sondern definitionsgemäß fremdbezogene Vermögensgegenstände sind, die mehr oder weniger unverändert weiterveräußert werden und demnach hierfür keine Aufwendungen entstehen, sind Bestandsänderungen an Waren hier nicht einzubeziehen (Verrechnung über Position Nr. 5a).[6]

 

Rz. 59

Der Höhe nach bestimmt der Unterschied der Wertansätze (Herstellungskosten, ggf. einschl. der auf unfertige bzw. fertige Erzeugnisse aktivierten Fremdkapitalzinsen nach § 255 Abs. 3 HGB[7]) der einzubeziehenden Positionen des Vorratsvermögens in der Anfangs- und Schlussbilanz – korrigiert um die hier nicht berücksichtigungsfähigen unüblichen Abschreibungen – das Ausmaß des GuV-Postens. Bestandserhöhungen haben ein positives, Bestandsverminderungen ein negatives Vorzeichen. Dies gilt grundsätzlich auch für Bestandsveränderungen, insbesondere Bestandsverminderungen, die von außergewöhnlicher Bedeutung oder außergewöhnlicher Größenordnung sind (z. B. im Zuge von Räumungs- oder Schließungsverkäufen auftretende Bestandsverminderungen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen); die Erfassung dieser außergewöhnlichen Bestandsverminderungen korrespondiert mit der entsprechenden Abgrenzung der Umsatzerlöse (vgl. Rz. 45). Neben mengenmäßigen sind auch wertmäßige Bestandsänderungen zu berücksichtigen, allerdings bezüglich der Abschreibungen nur beschränkt (§ 277 Abs. 2 HS. 2 HGB). Abschreibungen dürfen nur insoweit einbezogen werden, als diese die im Unternehmen sonst üblichen Abschreibungen nicht überschreiten (sonst Ausweis unter Position Nr. 7b).[8]

Zu den unüblichen Abschreibungen können insbesondere Abschreibungen nach dem Niederstwertprinzip gemäß § 253 Abs. 4 Sätze 1, 2 HGB zählen, wenn sie im Zusammenhang mit Sanierungen, Betriebsstilllegung, Katastrophen auftreten.[9]

Zum üblichen Teil der Abschreibungen gehören dagegen, insbesondere regelmäßig wiederkehrende Inventurdifferenzen, Qualitäts- oder Preisminderungs- bzw. Gängigkeitsabschläge.[10]

Die üblichen Abschreibungen des Vorratsvermögens sind bei den Bestandsveränderungen (Position Nr. 2 GKV) und die unüblichen unter Position Nr. 7b GKV zu erfassen.

Bezüglich etwaiger Zuschreibungen (Wertaufholung gemäß § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB) bei den Erzeugnissen ist eine derartige Differenzierung in einen üblichen und unüblichen Teil gesetzlich nicht vorgesehen; sie sind folglich unter Position Nr. 2 GKV auszuweisen.

 

Rz. 60

Sofern Kleinstkapitalgesellschaften (einschließlich Kleinstkapitalgesellschaften & Co.) das Gliederungsschema des § 275 Abs. 5 HGB anwenden, sind die Bestandsmehrungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen in die...

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