Rz. 44
Nach § 277 Abs. 1 HGB sind unter den Umsatzerlösen sämtliche Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen. Im Vergleich zu der Situation vor der Novellierung des Handelsrechts durch das BilRUG knüpft infolge des Wegfalls der außerordentlichen Erträge der Begriff der Umsatzerlöse nicht mehr an der "gewöhnlichen Geschäftstätigkeit" an. Darüber hinaus entfällt auch die Bezugnahme auf die "typischen" Erzeugnisse, Waren und Dienstleistungen, sodass auch Erlöse aus "untypischen" Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen künftig unter die Umsatzerlöse zu subsumieren sind; dabei ist der Ersatz der bisher verwendeten Begriffe der "Erzeugnisse" und "Waren" durch den Oberbegriff "Produkte" eher redaktioneller Natur.[1]
Rz. 45
Neben den Erlösen aus dem Absatz von Erzeugnissen und Waren sowie der Erbringung von Dienstleistungen, die der typischen Geschäftstätigkeit zuzuordnen sind, werden aufgrund der weiten Begriffsfassung der Umsatzerlöse insbesondere auch folgende Kategorien von Erlösen unter den Umsatzbegriff des § 277 HGB fallen und sind daher unter der Position § 275 Abs. 1 Nr. 1 HGB auszuweisen:
- sämtliche Miet- und Pachteinnahmen (z. B. aus der entgeltlichen Überlassung von Werkswohnungen, aber auch sonstige Pachteinnahmen aus der Überlassung nicht betriebsnotwendig benötigter Flächen),
- Erlöse aus nicht für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typischen Hilfs- und Nebenumsätzen (z. B. Erlöse aus Kantinen, Werkswohnungen, Erlöse aus Belegschaftstankstellen, Erholungsheimen, für Dritte ausnahmsweise übernommene Verwaltungsarbeiten),[2]
- Nebenerlöse aus Verkäufen (z. B. Erlöse aus Schrottverkäufen und dem Verkauf nicht benötigter Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe),[3]
- Erlöse aus der Holdingtätigkeit für Tochterunternehmen (insbesondere Erlöse aus der Erbringung von Verwaltungsleistungen oder Beratung in rechtlichen, steuerlichen oder finanziellen Fragen),[4]
- sämtliche Patent- und Lizenzerträge,[5]
- Entgelte für die Verleihung von Arbeitskräften auch von Handels- oder Produktionsunternehmen[6] sowie
- Erlöse im Zuge der Aufgabe von größeren Unternehmensteilen (insbesondere Verkäufe von Waren und Erzeugnissen im Rahmen von Räumungs- oder Schließungsverkäufen).
- Hingegen dürfte durch die Neudefinition der Umsatzerlöse keine Änderung hinsichtlich der Klassifizierung von Veräußerungsgewinnen und –verlusten aus Vermögensgegenständen des Anlagevermögens eingetreten sein, da es sich hier nicht um Erzeugnisse oder Waren der (Kapital-)Gesellschaft handelt.[7] Eine andere Beurteilung könnte jedoch beim Verkauf zunächst selbst hergestellter und zunächst betrieblich genutzter Anlagegegenstände gelten. Differenziert zu behandeln dürften die Erlöse aus sog. "dualen" Geschäftsmodellen (z. B. zunächst Vermietung oder Verpachtung von Fahrzeugen, Immobilien oder Rechneranlagen und anschließend Verkauf) sein. Diese Vermögensgegenstände (nicht notwendigerweise selbst hergestellte Vermögensgegenstände) sind während der Vermietungs- oder Verpachtungsphase zumeist als Anlagevermögen auszuweisen; die Vermietungs- und Verpachtungserlöse zählen zu den Umsatzerlösen (siehe oben). Im Falle einer Umwidmung dieser Vermögensgegenstände zum Verkauf ist eine Klassifizierung in das Vorratsvermögen vorzunehmen. Kommt es zu einem anschließenden Verkauf, so kann strittig sein, ob es sich um die Veräußerung von Produkten des Unternehmens (dann Ausweis als Umsatzerlöse) oder Anlagevermögen (dann Ausweis des Erfolgsbeitrags je nach Vorzeichen als sonstiger betrieblicher Ertrag bzw. sonstiger betrieblicher Aufwand) handelt.[8]
Rz. 46
Demgegenüber fallen mangels eines Erlösvorgangs folgende Erträge nicht unter die Umsatzerlöse, sondern werden im Regelfall unter den sonstigen betrieblichen Erträgen auszuweisen sein:
- Erträge aus Versicherungsentschädigungen für unfertige oder noch nicht verkaufte fertige Erzeugnisse (vgl. Rz. 75) (Einnahmen aus Betriebsunterbrechungsversicherung); demgegenüber sind Versicherungsentschädigungen für verkaufte Waren (z. B. Schäden während eines Transports untergegangener Waren) als Umsatzerlöse auszuweisen.[9]
- Erträge aus Gestionsgebühren und Kostenerstattungen[10] (vgl. Rz. 76),
- Erträge aus Subventionszahlungen, sofern sie nicht als Anschaffungskostenminderungen zu behandeln sind,[11]
- im Rahmen der Corona-Pandemie gewährte Wirtschaftshilfen bzw. Kostenerstattungen[12]
- Erträge aus gesondert in Rechnung gestellten Verzugszinsen (im Regelfall erfolgt der Ausweis unter der Position Nr. 11 im Gesamtkostenverfahren bzw. Position Nr. 10 im Umsatzkostenverfahren).
Rz. 47
Dem Zeitpunkt nach erfolgt ein Ausweis als Umsatzerlös erst nach Bewirkung der Leistung, also insbesondere, wenn die gesamte Vertragsleistung oder eine getrennt abrechenbare Teilleistung erbracht ist (Indiz: Gefahrenübergang) und ein nennenswertes Abnahmeri...
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