Rz. 20

Die GuV-Rechnung der Kapitalgesellschaften kann wahlweise nach dem sogenannten Gesamtkosten- (GKV) oder dem sogenannten Umsatzkostenverfahren (UKV) aufgestellt werden (§ 275 Abs. 1 Satz 1 HGB). Beide Verfahren führen zum betragsmäßig gleichen Ergebnis[1] und unterscheiden sich materiell insbesondere in den Positionen 2–3, 5–8 GKV bzw. 2–5 und 7 UKV. Beide Verfahren sind gleichwertig und grundsätzlich geeignet, gemäß § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage des Unternehmens (auf unterschiedliche Weise) darzustellen. Jedoch kann es Einzelfälle geben, in denen die Anwendung eines der beiden Verfahren sich besser als das alternative Verfahren eignet, die Erfolgslage des jeweiligen Unternehmens darzustellen, so z. B. die Anwendung des Gesamtkostenverfahrens bei langfristiger Auftragsfertigung.[2] Sofern die Kleinstkapitalgesellschaft (einschließlich Kleinstkapitalgesellschaft & Co.) die GuV-Gliederung des § 275 Abs. 5 HGB anwendet, so besteht keine Wahlmöglichkeit. Die GuV-Gliederung lehnt sich an das Gesamtkostenverfahren an.

 

Rz. 21

Um den Betriebserfolg einer bestimmten Periode zu ermitteln, müssen in der GuV-Rechnung vergleichbare Größen, die sich auf dasselbe Mengengerüst beziehen, verglichen werden.[3] So werden beim Gesamtkostenverfahren allen in einer Periode angefallenen Aufwendungen, gegliedert nach Art des Faktorverbrauchs, die in dieser Periode hiermit erzielten Erträge gegenübergestellt.[4] Ein korrekter Erfolgsausweis kann jedoch nur erreicht werden, wenn die mittels der Periodenaufwendungen erbrachten Mehrungen des Bestands an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und die aktivierten Eigenleistungen einbezogen werden. Invers hierzu müssen die Periodenaufwendungen um Bestandsminderungen ergänzt werden, falls die abgesetzten Mengen die produzierten Mengen übersteigen und Lagerbestandsminderungen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen auftreten.

Bei diesem vorwiegend in der kontinentaleuropäischen Rechnungslegung verbreiteten und üblichen Verfahren werden

  • primär produktions- und periodenbezogen,
  • die gesamten Aufwandsarten zur Erstellung der Betriebsleistung[5] und deren Entwicklung im Vergleich zur Gesamtleistung sichtbar,
  • die Aufwendungen unverändert von den nach den konventionellen Kontenrahmen gegliederten buchhalterischen Aufwandskonten übernommen (einer ausgebauten Kosten- und Erlösrechnung bedarf es bei Anwendung dieses Verfahrens nicht[6]),
  • keine schlüsselmäßigen Zurechnungen der Aufwendungen auf die einzelnen Funktionsbereiche (Herstellung, Vertrieb, Verwaltung) nötig und
  • damit auch keine zusätzlichen Abgrenzungs- und Manipulationsspielräume eröffnet.
 

Rz. 22

Beim Umsatzkostenverfahren werden hingegen den Umsatzerlösen nur die durch die abgesetzten Produkte bedingten Herstellungskosten (Umsatzaufwendungen) und die übrigen betrieblichen Aufwendungen, gegliedert nach den betrieblichen Teilbereichen (-funktionen) Vertrieb, Verwaltung und ggfs. Forschung und Entwicklung sowie "Sonstiges", gegenübergestellt. Bestandsveränderungen und aktivierte Eigenleistungen treten daher nicht in Erscheinung. Die den Funktionsbereichen nicht zurechenbaren Aufwendungen werden als sonstige betriebliche Aufwendungen ausgewiesen. Die Material- und Personalaufwendungen, die Abschreibungen und die sonstigen betrieblichen Aufwendungen (Primäraufwendungen) des GKV werden entweder verursachungsgerecht oder nach bestimmten Schlüsseln den Funktionsbereichen zugeordnet. Wegen der primären Erfassung der Aufwandsarten nach der an der Art des Faktorverbrauchs orientierten Klassifizierung im Kontenplan spricht man bei der Zuordnung dieser Aufwendungen auf die Funktionsbereiche auch von sekundären Aufwendungen[7].

Das Umsatzkostenverfahren

  • ist international (insbesondere in der US-amerikanischen Rechnungslegung)[8] verbreitet und damit
  • vor allem für Unternehmen interessant, die auf eine internationale Vergleichbarkeit der Rechnungslegung Wert legen oder Tochterunternehmen ausländischer Mutterunternehmen (insbes. solcher die US-GAAP anwenden) sind, die dieses Verfahren praktizieren,
  • bietet mit der dem üblichen Kalkulationsschema entsprechenden funktionalen Aufgliederung einen Einblick in die Aufwands-(Kosten-)struktur, nicht jedoch in die periodenbezogenen Aufwandsarten (sofern nicht Zusatzangaben herangezogen werden),
  • weist mit dem "Bruttoergebnis vom Umsatz" einen aussagekräftigen umsatzbezogenen Brutto-Erfolgsbeitrag aus. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Deckungsbeitrag, sondern ein vollkostenbezogenes Ergebnis.

Die Zuordnung von Aufwendungen zum Herstellungs-, Vertriebs- oder Verwaltungsbereich sowie ggfs. zum Forschungs- und Entwicklungsbereich sowie zu den abgesetzten Produkten verlangt allerdings eine differenzierte Kostenstellenrechnung, weil die Aufwendungen nicht unverändert aus der nach konventionellen Kontenrahmen gegliederten Finanzbuchhaltung übernommen werden können, sondern mit – alternativ möglichen – Schlüsseln auf die Funktionsbereiche zugerechne...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge